Internationale Erfahrung, Austausch & NC-Flucht

Die 41 beliebtesten Länder für Auslandsstudium & Auslandssemester

1. Einleitung

Die Deutschenschwemme 🇩🇪🌊. Es gibt sie nicht nur in der Schinkenstraße in Palma de Mallorca sondern auch in Hörsälen und Mensen im Ausland. Und bei den meisten Deutschen, die ein Auslandsstudium machen, wird es in der Mensa Palatschinken, Erdäpfelsuppe und Kasnocken zur Auswahl geben. Erdäpfel? – So heißen Kartoffeln in Österreich. Der südliche Alpenstaat ist seit 2008 unangefochten auf Platz 1 bei deutschen Studierenden!

Viele von ihnen haben sich wohl ähnliche Fragen gestellt:

Wie finanziere ich mein Auslandsstudium? Wie beantrage ich Auslands-BAföG – und bekomme ich es überhaupt? Möchte ich für ein gesamtes Studium ins Ausland – oder zum Beispiel mit Erasmus oder dem DAAD ein oder zwei Auslandssemester einlegen? Wie plane und organisiere ich ein Auslandsstudium? Und besonders im Fall Österreich liegt auch eines auf der Hand: Kann ich auf einen NC-freien Medizinstudienplatz im Ausland hoffen?

2. Wie viele Studenten und Studentinnen gehen ins Ausland?

Nach den aktuellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt (destatis) steigt die Menge der auslandsbegeisterten Studierenden wieder einmal leicht – 2016 waren es knapp 145.000 und im Jahr zuvor knapp 140.000. Diese absolute Zahl wird jedoch leicht getrübt: Während 2010 von 1.000 Studierenden an Hochschulen in Deutschland (nur) 60 ins Ausland gingen, pendelt sich dieser Wert auf aktuell 55 ein.

Das Wachstum der Studierenden im Ausland ist wahrscheinlich nur dem Umstand geschuldet, dass die Gesamtzahl der Studienanfänger*innen gewachsen ist. Dass der Anteil der deutschen Studierenden im Ausland stagniert, liegt vielleicht in den geringeren finanziellen Möglichkeiten für ein Auslandsstudium von Studierenden aus einkommensschwächeren Familien. Diesen sozialen Zusammenhang hat zuletzt die 2017 erschienene CHE-Studie¹ betont.

Die kürzeren Aufenthalte im Studium durch das EU-Förderungsprogramm Erasmus + sind im Vergleich zum Vorjahr auch leicht auf 32.000 Studierende gestiegen.

Quelle:
¹ Herkunft macht mobil: Soziale Selektivität bei Auslandsstudium und Auslandspraktikum. In: CHE, Arbeitspapier Nr. 196, April 2017. PDF

3. Die beliebtesten Länder und auffällige Veränderungen

Im Vergleich zum Vorjahr gibt es auf den ersten neun Plätzen in der Beliebtheit der Länder fürs Auslandsstudium keine Bewegung. Die ersten fünf Plätze belegen Österreich, Niederlande, Großbritannien, Schweiz und die USA. Diese fünf Länder nehmen 63% aller deutschen Studierenden im Ausland auf

China, Frankreich, Schweden und Dänemark besetzen die zweite Hälfte der Top Ten. Der einzige Neueinsteiger landet auf Platz 10: die Türkei. Sie überspringt in einem Jahr ganze 15 Plätze.

Am Beispiel der Türkei zeigt sich jedoch ein Dilemma: Mit der aktuellen Erhebung von destatis haben sich die Angaben über die Zählweise geändert. Für viele Länder ist es nicht mehr eindeutig ersichtlich, ob die Teilnehmer*innen des Erasmus-Programms dazu zählen oder nicht. Während im letzten Bericht angegeben wurde, dass in der Türkei 700 Studierende ein Auslandsstudium absolvieren und 2.100 mit Erasmus dort waren, stieg die Zahl aller deutschen Auslandsstudierenden auf 3.400. Die Zahlen legen jedoch nahe, dass im aktuellen Bericht die Kategorien nicht getrennt wurden.

Wenn bei allen Ländern die Erasmus-Zahlen hinzugerechnet werden würden, sähe die Rangliste anders aus. So waren 2016 fast 5.300 deutsche Studierende mit dem EU-Programm in der beliebtesten Erasmus-Destination: Spanien. Wenn die übrigen Studis von 2.750 dazu addiert werden würden, wäre das südliche Land locker in der Top Ten der beliebtesten Länder!

Wer sich dafür interessiert, wohin deutsche Studis mit Erasmus noch für ein Studium oder auch Praktikum gehen, findet hier die Zahlen für 2017:

Bemerkenswert bleibt zudem der stetige Aufstieg von China. Hier haben sich die Zahlen von 2010 bis 2016 auf über 8.100 Studierende fast verdoppelt! Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des asiatischen Landes schlägt sich nicht nur in den Auslandsaufenthalten um: In den Datenbank von Studis Online finden sich stetig mehr Studiengänge, die auch auf chinesisch angeboten werden oder einen Schwerpunkt auf China und Ostasien legen.

In der Langzeitbetrachtung sticht eins hervor: Es machen sich immer weniger Deutsche zum Studium auf die „andere Seite der Welt“ auf. Während 2010 über 2.000 in Australien studieren, sinkt diese Zahl im aktuellen Bericht auf 1.200. Bei Neuseeland rutscht die Menge um fast 1/3 auf nur noch 970. Beide ozeanische Staaten verlieren zwei Plätze. Anscheinend bleiben nicht mehr so viele nach ihrem Work & Travel dort hängen...

Aber kommen wir zu allen Zahlen und Rängen! 🤓

4. Aktuelle Statistik: Deutsche Studierende im Ausland

5. Wer studiert in welchem Land?

Wohin Studenten ins Ausland gehen, ist nicht nur vom persönlichen Gusto oder den Sprachkenntnissen abhängig. Oft liegt es auch an konkreten Studiengängen und deren Zugänglichkeit für deutsche Studis. Am eindringlichsten zeigt sich dies bei folgender Fachgruppe:

a. Mediziner als NC-Flüchtlinge?

Obwohl in der Fächergruppe Gesundheits- und Sozialwesen viele unterschiedliche Studiengänge zusammengewürfelt sind, zeigt sich jedoch eines an den ersten drei Plätzen deutlich: Die öfter sogenannten „NC-Flüchtlinge“ für Humanmedizin gehen in die Länder, wo sie entweder kostengünstig oder einfacher ein Studium in deutscher oder englischer Sprache absolvieren können. Bevor Österreich 2006 den Zugang für Humanmedizin und Psychologie mit einer Qoute Ausländern erschwerte, waren es deutlich mehr. In Ungarn sind sogar 67% aller deutschen Studierenden in einem Studiengang dieser Fachgruppe eingeschrieben – wahrscheinlich in einem der deutsch- oder englischsprachigen Medizin-Studiengänge. In Tschechien sind es 55% und in Litauen 53%.

b. Wer geht gern ins Ausland?

Ein ähnliches Bild wie bei der vorigen Fachgruppe zeigt sich für den Studiengang Psychologie, welcher in folgender Fachgruppe steckt. Neben Österreich ist auch die Niederlande für Psychologie sehr beliebt wegen des NCs in Deutschland. Möglicherweise ist auch die knappe Platzzahl an Psychologie-Masterplätzen hier eine Motivation für ein Auslandsstudium. Generell gehen Studis der Sozial- und Kulturwissenschaften, Journalismus, Psychologie, VWL und Informationswesen recht gern auf Entdeckungsreise in andere Länder.

c. Und wer geht am häufigsten ins Ausland...?

Jaaaa, die Wirtschaftswissenschaftler*innen & Co machen nicht nur den prozentual höchsten Anteil an Studierenden aus, sie gehen auch am häufigsten ins Ausland.

d. Wenige Studis, wenig Ausland

Ähnliches gilt für Tiermedizin, welches in Deutschland an nur sehr wenigen Hochschulen studierbar ist. Wer Grenzen überschreitet, vergrößert das Studienangebot:

e. Frankreich hoch im Kurs bei Geisteswissenschaftlern

Im Studienbereich der Geisteswissenschaften, Kunst und Sprache gehen auffällig viele Studierende nach Frankreich – über 35% aller Deutschen in Frankreich studieren in dieser Fachgruppe. Hier nicht verzeichnet, aber ein interessanter Fakt: Ein Kleinst-Staat übertrifft diesen relativen Wert: In Vatikanstadt studieren alle Deutschen Geisteswissenschaften. 😇

f. Natur, Natur – Naturwissenschaftler lieben Schweden mehr als Andere

In den Naturwissenschaften ist Schweden ein beliebtes Ziel für das Auslandsstudium. Zwar hat Österreich auch bei den MINT-Studis die Nase vorn, aber im Gegensatz zu Student*innen anderer Fachgruppen scheint Schweden Naturwissenschaftler*innen besonders anzulocken. Von den Deutschen, die nach Schweden gehen, sind 17,2 % Naturwissenschaftler*innen.

g. Deutschland = „Land der Ingenieure“?

Studierende aus den Bereichen Ingenieurwesen, Bau, Maschinenbau, Architektur, Materialwissenschaft, Lebensmittel und Stadtplanung gehen verhältnismäßig eher selten ins Ausland. Warum das so ist, lässt sich nur mutmaßen. Man hört immer wieder von Deutschland, dem „Land der Ingenieure“– möglicherweise genießen die entsprechenden Studiengänge in Deutschland einen so guten Ruf und versprechen gute Jobchancen, sodass ein Auslandsaufenthalt weniger „beruflich voranbringend“ scheint als in manch anderem Studiengang.

h. Warum gehen Lehrer*innen nicht so oft ins Ausland?

Die Mobilität von angehenden Lehrer*innen ist ebenfalls sehr zurückhaltend. Dies ist insofern etwas schade, als dass die Klassen zunehmender internationaler werden. Denn es ist anzunehmen, dass Menschen, die längere Zeit selbst „fremd“ in einem Land waren, emphatischer auf ausländische Schüler*innen reagieren können.
Und natürlich ist es bei den angehenden Pädagog*innen auch nicht möglich für ein ganzes Studium ins Ausland zu gehen, da die Ausbildung primär auf den Lehramts-Beruf in Deutschland vorbereitet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Studierenden nur für ein oder zwei Semester ins Ausland gehen.
Was hier allerdings positiv auffällt, ist, dass die Türkei zum ersten Mal weit vorn in der Beliebtheitsskala ist. Da der türkische Bevölkerungsanteil in Deutschland bei etwa 4 % liegt, ist es für angehende Lehrer*innen sicherlich nicht verkehrt, zeitweise in der Türkei zu studieren.

i. Informatiker & Co bleiben lieber zuhause

...oder sie gehen nach Großbritannien und Österreich, wobei ersteres hier immerhin etwas beliebter ist. Dennoch sind beide Werte nicht sehr hoch – in Großbritannien bilden sie 4 % aller deutschen Auslandsstudent*innen innerhalb des Vereinigten Königreiches, in Österreich hingegen nur 2,3 %. Übrigens: Auch Finnland ist hier relativ gesehen recht hoch, was wegen der insgesamt geringen Studienzahl deutscher Studierender in diesem Land aber in der Grafik nicht mehr verzeichnet ist.

j. Tourismus und Sport in den Niederlanden

Im Fachbereich „Dienstleistung“ geht der Großteil in die Niederlande. Auf Nachfrage bei destatis: Ein Großteil im Bereich Tourismus und Sport.

6. Doktorarbeit im Ausland

In den Zahl der deutschen Studierenden im Ausland sind auch Promovierende dabei, die ihren Doktor im Ausland machen oder dort einen Gastaufenthalt machen. Unter den ersten fünf Plätzen befinden sich nur Länder in Europa: Die Schweiz führt eindeutig mit über 3.600, die mit einer Dissertation einen PhD anstreben! Hier lockt vermutlich neben den guten Verdienstmöglichkeiten auch der gute Ruf vom Wissenschaftstandort des eidgenössischen Alpenlandes.

Platz 2 und 3 liegen sehr dicht aneinander mit 2.100 Promovierenden in Österreich und Großbritannien. Weit abgeschlagen folgen Schweden (638) und Frankreich (503). Erst danach wird es interkontinentaler mit Australien (Platz 6) und Kanada (Platz 8).

Leider werden die Zahlen der Promovierenden in den Niederlanden nicht erhoben, welche sicherlich sonst in der Top Ten wären.

Top 10: Deutsche Promovierende 🎓 im Ausland

Promovierende können am Erasmus-Programm teilnehmen und / oder Stipendien beim DAAD oder von verschiedenen Stiftungen beantragen.