Studieren in Großbritannien
Von Sebastian Horndasch, aktualisiert von der Studis Online-Redaktion

Schon die Flagge zeigt es: Großbritannien besteht aus mehreren Landesteilen, die Flagge ist eine Kombination derer aus (Nord-)Irland, Schottland und England. Wales ist in der Flagge nicht extra vertreten und auch in Bildungsdingen England sehr ähnlich.
Baked Beans, Pommes mit Essig, gebratene Würste zum Frühstück: Großbritannien kann sich nicht mit einer Küche von Weltruf schmücken. Anders bei den Universitäten: Mit Oxford, Cambridge, St. Andrews und London School of Economics - um nur einige zu nennen - beherbergt das vereinigte Königreich einige der anerkanntesten Institutionen der Welt. Dies spiegelt sich auch in Rankings wieder: Das Times World University Ranking 2020 listet auf Platz 1 die University of Oxford und auf Platz 3 die University of Cambridge. Die Uni München, als beste Uni Deutschlands, liegt auf Platz 32 (dabei sei gesagt, dass Rankings sehr methodenabhängig und damit alles andere als präzise sind). Weitere Infos gibt es hier. Doch britische Hochschulen sind nicht generell besser als deutsche: Qualitätsunterschiede zwischen den Universitäten sind deutlich ausgeprägter als bei uns. Es gibt viele herausragende Hochschulen – aber auch viele schlechte. Dies liegt unter anderem daran, dass anders als bei uns Forschungsmittel in Großbritannien auf einige besonders anerkannte Hochschulen konzentriert werden. Vor allem die Internationalität der Studierenden spricht für Großbritannien. An den besseren Universitäten tummeln sich Menschen aus allen Teilen der Erde. Dabei kann man spannende Entdeckungen machen: So haben Studierende aus verschiedenen Teilen der Erde verschiedene Lernrhythmen. Früh morgens trifft man viele Asiaten, während ab neun Uhr die Briten in die Bibliotheken stürmen – in Großbritannien herrscht eine „9 to 5“-Kultur. Wenn spätestens um sechs die meisten Engländer die Bibliotheken verlassen haben, wird die Durchschnittshautfarbe dunkler: Plötzlich dominieren Studierende aus Indien, Afrika und dem Mittleren Osten. Überhaupt ist Großbritannien ein sehr gastfreundliches Land. Im Supermarkt wird man vom Kassenpersonal gerne mal mit „Love“ oder „Dear“ angesprochen und in Pubs kommt man schnell mit den anderen Leuten in Kontakt – vor allem, wenn man Ahnung von Fußball hat. Legendär ist auch die Fairness der Briten im täglichen Leben: Überall werden Schlagen gebildet, selbst an der Bushaltestelle. Das wirkt auf den ersten Blick befremdlich auf ellenbogenerfahrene Deutsche, doch es reduziert Stress und Streit und erleichtert das Leben von Schwächeren. Große Proteste haben die in England ab 2012 deutlich angehobenen Studiengebühren von bis zu 9.000 Pfund pro Jahr ausgelöst. Im Jahr 2017 wurden das Maximum an Studiengebühren erneut erhöht und beträgt nun bis zu 9.250 Pfund. Medizin und Management sind sogar noch teurer. Selbige Höchstgrenze gilt zwar auch für Wales, jedoch trägt der Staat hier ein Großteil der Studiengebühren. Günstiger ist das Studium in Schottland, wo Schotten und (UK-BürgerInnen müssen mehr zahlen) den Bachelor für 1.820 Pfund studieren (durch den Brexit wird das wohl teurer). Nordirland hingegen liegt in der Mitte, die Höchstgrenze der Studiengebühren im Bachelor beträgt hier 4.030 Pfund. Am 23. Juni 2016 stimmten 51,89% der Wähler in Großbritannien für den Brexit. Aber erst am 1.1.2021 wurde dieser wirklich vollzogen – bis dahin wurde verhandelt, aufgeschoben, Übergangsfristen genutzt. Beim BAföG gilt sogar, dass alle, die vor dem 1.1.2021 ein Studium in Großbritannien aufgenommen haben, noch weiter BAföG erhalten können. Allerdings nur bis zum ersten Abschluss – wer dann gerade im Bachelor war, kann den Master nicht mehr BAföG-gefördert in UK machen. In Bezug auf Studiengebühren scheint es so zu sein, dass zumindest bei Studienstart 2020/21 noch garantiert ist, dass alles wie bisher bleibt. D.h. EU-Bürger würden während ihres ganzen Studiums noch wie britische Studierende behandelt. Bei Start in 2021 oder später wird es offenbar gleich teurer. Stand: Januar 20211. Warum Großbritannien?
Brexit vollzogen
2. Das britische Hochschulsystem
Ein für deutsche Studierende sehr augenscheinlicher Unterschied ist die bessere Personalausstattung britischer Hochschulen. Beispielsweise sind an der Uni Köln auf 44.708 Studierende genau 4.557 Mitarbeiter zuständig – eine Quote von 1 zu 10. In Manchester studieren 40.100 Menschen und werden von 12.000 Mitarbeitern betreut, womit die Quote bei 1 zu 3 liegt – die meisten guten britischen Hochschulen erzielen ähnliche Personalschlüssel.
Die umfangreiche Personaldecke führt dazu, dass die Services britischer Universitäten weit über das hinausgehen, was deutsche Studierende kennen: Ein umfangreicher Karriereservice, sofortige Hilfe im Sekretariat, Hilfsangebote bei Problemen jedweder Art und problemlose telefonische Erreichbarkeit der Verwaltung sind in Großbritannien Standard.
Fachhochschulen gibt es in Großbritannien nicht, sondern ausschließlich Universitäten. Diese bieten theoretisch und praktisch orientierte Studiengänge an. Häufig gibt es im selben Fach einen theorielastigen Master of Science sowie einen praxisorientierten Master of Arts. Dabei genießen die Hochschulen ein sehr hohes Maß an Autonomie: Sie sind weitaus weniger vom Staat abhängig und können selbständig Personal einstellen.
Studiendauer
Der Bachelor dauert in Großbritannien in der Regel drei Jahre – mit der Ausnahme von Schottland, wo Studierende vier Jahre bis zum Abschluss brauchen. Der Master nimmt meistens nur ein Jahr Anspruch, selten gibt es 2-jährige Masterprogramme.
Bis vor einiger Zeit gliederte sich das Studienjahr an den meisten Hochschulen anders als bei uns nicht in Semester, sondern in Trimester. Da diese aufeinander aufbauen, war ein Studienbeginn zum Sommer in der Regel nicht möglich. Klausuren fanden in der Regel am Ende des jeweiligen Trimesters statt. In den letzten Jahren haben die meisten Universitäten allerdings auf den Semesterbetrieb umgestellt. Selten gibt es noch die „alte“ Einteilung:
Autumn Term: Oktober bis Dezember
Spring Term: Januar bis März
Summer Term: April bis Juli
Ein einjähriger Master - voll anerkannt?
Da der britische Master meistens nur einjährig ist, kommt man am Ende meist nur auf vier Jahre Studienzeit - ein Jahr weniger als eigentlich laut Bologna vorgeschrieben. Viele Studierende sorgen sich, ob der kürzere britische Master in Deutschland auch voll anerkannt ist. In der Privatwirtschaft solltest du keine keine Probleme bekommen, denn hier zählt die individuelle Qualifikation. Problematisch könnte es für dich jedoch im Staatsdienst werden sowie in staatlich regulierten Berufen und bei einer Promotion. In allen drei Bereichen wird fast immer auch mit nur vier Jahren Studium zugelassen, allerdings handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen. Möchte dir allerdings jemand Steine in den Weg legen, kann er dies tun.
Studientypen
Neben den Bachelor- und Masterstudium kommt natürlich auch ein Gaststudium in Frage – bald nur noch selbst organisiert. Bei ERASMUS steigt Großbritannien leider aus.
Die drei Studientypen im Überblick
Typ | Dauer | Zulassung | Fristen | Kosten |
Gast | 1 – 2 Semester | Erasmus+: Über Heimathochschule Selbst organisiert: Über die Zielhochschule | Hochschulabhängig | Erasmus+: Bis zu 1.350 Pfund Selbst organisiert: Bis zu 9.250 Pfund (Medizin und Management evt. mehr) |
Bachelor | 3 – 4 Jahre | Über die UCAS | Mitte September bis 15 Januar (Ausnahme: Cambridge, Oxford und Medizin nur bis 15. Oktober) | England: Bis zu 9.250 Pfund (Medizin und Management evt. mehr); Schottland: 1.820 Pfund; Nordirland und Wales: Etwa 3.500 Pfund. |
Master | 1 – 2 Jahre | Über die Zielhochschule | Hochschulabhängig, Fristen enden in der Regel zwischen Dezember und April | England: Bis zu 9.250 Pfund (Medizin und Management evt. mehr); Schottland; Nordirland; Wales: Hochschulabhängig |
Erasmus+ & Brexit: Großbritannien steigt aus dem Erasmus+ Programm aus. Bis Ende 2020 sicherte der British Council für alle Erasmus-TeilnehmerInnen in UK alle vereinbarten Leistungen zu. Wer 2021 anfangen will, kann wohl nicht mehr von Erasmus-Leistungen profitieren.
Notengebung
Die Notengebung an Hochschulen findet in Großbritannien in Prozentzahlen statt. Ab 70% hat man einen so genannten „first class“ Abschluss, also einen Abschluss mit Auszeichnung. Das klingt schaffbar, allerdings ist es kaum möglich, eine bessere Note als 80% zu erreichen. Wer dagegen weniger als 40% schafft, ist durch die Prüfung gefallen. Im Master hat man sogar erst ab 50% bestanden. Folgende Tabelle liefert eine Übersicht, was britische Hochschulnoten ungefähr bedeuten. Achtung: Wie bei uns gibt es auch im Vereinigten Königreich von Fach zu Fach Unterschiede in der Härte der Benotung.
Uninoten in Großbritannien und ihre Entsprechung in Deutschland (Bachelor)
Note | Bezeichnung | Übersetzung | Deutsche Entsprechung |
70 + % | First Class (auch: 1) | Mit Auszeichnung bestanden | Ab 76%: 1,0; ab 70%: 1,3 |
60 – 69 % | Upper Second-Class (auch: 2.1) | Mit gutem Erfolg bestanden | Ab 66%: 1,7; ab 63%: 2,0; ab 60%: 2,3 |
50 - 59 % | Lower Second-Class (auch: 2.2) | Mit Erfolg bestanden | Ab 56%: 2,7; ab 53%: 3,0; ab 50%: 3,3 |
40 – 49 % | Third-Class (auch: 3) | Bestanden | 3,7 |
Beim Master hingegen wird zwischen
Distinction (70 % und mehr)
Merit (60-69 %) und
Pass (50-59 %) unterschieden.
CATS vs. ECTS
Mit der Bolognareform wurde überall in Europa das European Credit Transfer System (ECTS) eingeführt. In ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen bevölkertes Land blieb bei seinem eigenen Leistungspunktesystem: Großbritannien. Hier herrscht das Credit Accumulation and Transfer Scheme (CATS). Studierende erhalten für jeden besuchten Kurs in der Regel 10 Credits. Pro Jahr müssen 120 Punkte erbracht werden, das macht im Schnitt 12 Kurse im Jahr – vier pro Trimester. Damit lassen sich zwei CATS-Punkte in etwa einen ECTS-Punkt umrechnen.
3. Das Studium
Im Folgenden geht es hauptsächlich um die Studienerfahrung in England.
Der Unterricht ist an britischen Universitäten meist straff strukturiert und es herrscht Anwesenheitspflicht. Gerade im ersten Jahr ist das Studium im Vereinigten Königreich sehr verschult. Erst gegen Ende des Bachelors können Studierende ihre eigenen Schwerpunkte setzen.
Durchstrukturiertes System

Hauptgebäude der Nottingham University: Eine der größten Universitäten des Landes.
Daniel Knapp hat einen Master in Soziologie von der London School of Economics (LSE) und arbeitet jetzt in für eine Londoner Medienberatung. Er berichtet: „Für deutsche Studenten ist es teilweise schwierig, in das sehr durchstrukturierte System England einzutauchen. Wahlmöglichkeiten sind eher gering, die Module sind stark vordefiniert. Auch im Kurs selbst arbeitet man sehr strukturiert und zielgerichtet.“
Für Daniel Knapp gab es ein großes Aha-Erlebnis: „Im Masterstudium wie im Bachelorstudium gibt es einen großen Fokus auf schriftliche Prüfungen. Meine schriftlichen Prüfungen waren von der Benotung her durchweg schlechter als meine Essays.“ Woran das lag? „Eine schriftliche Prüfung in England ist eine auswendig gelernte Wiedergabe einer Testprüfung. Man weiß, es können drei, vier Themen drankommen, ein bis zwei muss man in der Prüfung wählen. Die Engländer haben zu jeder der Fragen einen Essay vorgefertigt und diesen in der Prüfung reproduziert.“ Er wurde davon überrascht: „Ich dachte, man müsse Nuancen beleuchten, die Fragen waren dann aber genauso wie vom Dozenten vorhergesagt.“
Familiäre Atmosphäre
Die Atmosphäre an den Hochschulen ist in Großbritannien in der Regel familiärer als in Deutschland. Die Seminare sind kleiner und Dozenten in der Regel stets erreichbar. „An britischen Hochschulen herrscht eine Politik der offenen Tür“, so Sabine Hinsche-Rozek vom British Council in Berlin. Das bestätigt Daniel Knapp: „Sprechstunden sind in Großbritannien häufiger, Hierarchien flacher, es kommt eher ein Dialog zu Stande.“ Er schränkt allerdings ein: „In England durchdringen marktwirtschaftliche Prinzipien auch stark die Universitäten. Beziehungen zu Professoren sind daher oft wenig persönlich, sondern stärker zweckorientiert.“
Die Sprache ist in Großbritannien kein großes Problem. Anders als in Deutschland spielen korrekte Ausdrucksweise und Grammatik nur eine untergeordnete Rolle – das gilt für Essays wie für Klausuren. „Wir hatten bei 20 Leuten nur 4 Muttersprachler“, so Daniel Knapp, „da stachen die Deutschen mit ihren Ausdrucksfähigkeiten positiv heraus.“
Für ihn war die Zusammensetzung der Mitstudierenden die positivste Erfahrung im Studium: „Ich kann nicht bestätigen, dass die Lehre in England qualitativ gegenüber der Deutschen überlegen ist. Das, was der Master mir am meisten gebracht hat, war die Horizonterweiterung durch die Kommilitonen aus aller Herren Länder. Man wird konfrontiert mit verschiedenen Weltanschauungen. Mein europazentrisches Weltbild ist in sich zusammen gefallen. Das war eine Schule fürs Leben.“
4. Bewerbung und Zulassung
Die Wahl der richtigen Hochschule ist auch in Deutschland schwer - warum sollte es in Großbritannien einfacher sein? Um eine intensive Beschäftigung mit der jeweiligen Hochschule kommst du nicht herum. Wer einen guten Einstieg sucht, ist bei Which? University richtig. Die Webseite (die u.a. auch von der National Union of Students unterstützt wird) vergleicht britische Hochschulen und bietet zu jeder einzelnen eine umfangreiche Übersicht zu Einstiegsgehältern, Studienzufriedenheit, Campusleben, Geschichte und vielem mehr. Auch alle Studiengänge werden beschrieben - mit zahlreichen Daten wie der Erfolgsrate, dem Geschlechtermix und dem Prozentsatz der Studienabbrecher. Eine extrem informative Webseite, wie sie es in Deutschland nicht gibt.
In Großbritannien sind Rankings sehr populär. Am anerkanntesten sind das Times Good Universities Ranking (das nicht gratis online zugänglich ist) und der Guardian University Guide.

Modern und umweltfreundlich: Die Business School der Nottingham University.
Bei der Auswahl der richtigen Hochschule warnt Sabine Hinsche-Rozek vor einer reinen Konzentration auf Rankings: „Die Position in Rankings ist nicht das Maß aller Dinge. Interessenten sollten stets fragen: Warum wurden welche Punkte für bestimmte Kriterien vergeben? Eine Hauptpriorität sollte immer der Kursinhalt haben. Was haben die Professoren für Schwerpunkte? Wie international ist die Universität? Wie hoch ist die Studienabbruchrate?“
Bei den Recherchen kann man durchaus direkten Kontakt mit der jeweiligen Fakultät aufnehmen. „Das wird gerne gesehen“, so Hinsche-Rozek. Sie rät daneben zum Besuch der Zielhochschule: „Man kann einen preiswerten Flug buchen und bei den Hochschulen Termine machen. Wenn man früh genug anfragt, wird man von den Universitäten gerne empfangen.“ Hochschulen veranstalten daneben stets Informationstage für Interessierte – die Daten kannst du auf den Uni-Webseiten herausfinden.
Für Bachelor und Master müssen ausländische Bewerber neben allen üblichen Unterlagen auch Sprachnachweise mitbringen. Üblich ist vor allem der IELTS-Test, doch auch der TOEFL wird in der Regel akzeptiert. Das erforderliche Sprachniveau hängt dabei von der Hochschule und vom Studiengang ab. Mathematiker müssen in der Regel geringere Punktzahlen erreichen als Literaturwissenschaftler.
Bewerbung für ein Gaststudium
Ein Gaststudium kann auf zwei Wegen organisiert werden: Als Erasmus-Austausch sowie als selbstorganisierter Auslandsaufenthalt. In ersterem Fall findet die Bewerbung über die eigene Hochschule statt. Hier musst du dich über die jeweiligen Anforderungen direkt an deiner Hochschule informieren.
Möglich ist auch eine direkte Bewerbung als „Visiting Student“. Dafür kannst du dich ans Admissions Office der jeweiligen Hochschule wenden. Dabei musst du in Deutschland weiter an deiner Hochschule eingeschrieben sein. Informiere dich auch unbedingt, ob du als Gaststudent auch Prüfungen ablegen kannst.
Bewerbung zum Bachelor
Wer einen Bachelor in Großbritannien machen möchte, muss sich an den Universities and Colleges Admissions Service (UCAS) wenden. Hier werden die Bewerbungen zentral bearbeitet. Das deutsche Abitur wird dabei problemlos anerkannt. Anders als in Deutschland erwarten britische Hochschulen stets auch Referenz- und Motivationsschreiben. Studis Online zeigt dir in einem eigenen Artikel, wie ein gutes Motivationsschreiben aussehen sollte.
Die Bewerbungsfrist fürs Bachelorstudium endet in Großbritannien extrem früh: Sie läuft dabei von Mitte September des Vorjahres bis zum 15. Januar. Dabei ist es ratsam, sich möglichst früh zu bewerben, denn die Zusagen werden laufend vergeben und gegen Ende der Frist gibt es weniger verfügbare Plätze. Wer sich erst nach dem 15. Januar zur Bewerbung entscheidet, ist allerdings nicht vollkommen chancenlos: Im Sommer werden im so genannten Clearing-Verfahren noch frei gebliebene Plätze vergeben.
Die genannten Fristen gelten für Bewerber an allen britischen Hochschulen – mit Ausnahme derjenigen, die in Oxford oder Cambridge studieren wollen oder einen medizinischen Abschluss anstreben. In diesen Fällen läuft die Frist nur bis zum 15. Oktober – man muss seine Bewerbung also fast ein Jahr im Voraus abschicken. Einer alten Tradition folgend, kann man sich nur entweder in Cambridge oder in Oxford für den Bachelor bewerben und nicht an beiden gleichzeitig.
Bewerbung zum Master
Für den Master musst du dich anders als für den Bachelor direkt an den Universitäten bewerben. Die Fristen hängen hierbei von den jeweiligen Hochschulen ab. Die ersten Bewerbungsfristen enden meist im Dezember, die letzten im April. Die Bewerbungsvoraussetzungen sind dabei von Universität zu Universität verschieden. Hier musst du dich individuell informieren.
Von Masterbewerbern wird oftmals ein Bachelorabschluss verlangt, der „upper second-class“ oder „2.1“ ist – also mindestens ein Durchschnitt von etwa 2,3 im Deutschen. Da deutsche Noten nicht eins zu eins ins Englische Übersetzbar sind, kannst du dich auch dann bewerben, wenn es notenmäßig nicht ganz reicht. In Großbritannien spielen bei der Masterbewerbung Motivationsschreiben, Professorengutachten und CV eine weitaus wichtigere Rolle als in Deutschland.
Englische Hochschulen sind generell offener im Umgang mit fachfremden Bewerbern als deutsche. Nach seinem BWL-Diplom wollte Martin Krengel unbedingt einen Master in Wirtschaftspsychologie machen. „Eigentlich wollte ich nach Bochum, aber die Uni erklärte mir, dass ich nur in den Bachelor würde einsteigen können, nicht in den Master. Ich hatte mich dann trotzdem für den Master in Bochum beworben – und bis heute noch nicht einmal eine Absage erhalten.“ In London musste er seine Wahl zwar gut begründen können, wurde am Ende aber trotz seines fachlichen Hintergrundes für den Master in Social and Cultural Psychology genommen.
5. Leben in Großbritannien
Buchtipp: „DAAD Studienführer Grobritannien und Irland“ von WBV (2008). Das Buch enthält viele Tipps und Ideen, ist aber in Teilen zwangsläufig veraltet.
In Großbritannien ist es für Studierende üblich, einem oder mehreren Vereinen („Societies“) beizutreten. Societies gibt es an jeder Universität für die verschiedensten Zwecke: Sport, Theater und Gesang, Kunst, Politik, Nationalitäten oder schlicht und einfach Partys. Societies sind der beste Weg, Kontakte zu knüpfen. Laut Daniel Knapps Erfahrungen lohnt sich der Einstieg: „Societys eröffnen Karriere- und Kontaktmöglichkeiten. Es hängt stark davon ab, welche Clubs man wählt. Will man mit internationalen Studenten zusammen sein, bieten sich internationale Vereine an. Will man sich kulturell assimilieren, bieten sich die Sportclubs ab – denn da sind vor allem Engländer aktiv.“
Nicht optional: Der Pub
Deutsche Studierende sind es gewohnt, dass der Mensabesuch einen wichtigen Teil des sozialen Lebens bildet. Nicht so im Vereinten Königreich, denn die meisten Universitäten haben keine oder nur schlechte Mensen. An deren Stelle treten die Pubs. Für Daniel Knapp eine große Umstellung: „Gegen 17:30 Uhr oder 18:00 Uhr geht man in den Pub. Ich hatte anfangs Kontaktschwierigkeiten mit englischen Kommilitonen, weil ich immer bis 22:00 Uhr gearbeitet hatte. Anders als in Deutschland hat der Unitag in Großbritannien kein offenes Ende. Der Pub in England ist nicht optional.“
Wie sich das Studentenleben gestaltet, hängt natürlich auch vom Geld ab. Martin Krengel lebte in London und litt unter den hohen Preisen: „Dass es hier extrem teuer war, hat es für mich schwerer gemacht. London ist eine Riesenstadt, du lebst immer halb in der U-Bahn. Viele Studierende haben ein bis eineinhalb Stunden von der Uni entfernt gewohnt.“
Die Lebenshaltungskosten unterscheiden sich deutlich von Region zu Region. Laut Centrum für Hochschulentwicklung muss man mit Lebenshaltungskosten ziwschen 10.500 bis 12.000 Pfund rechnen – in teuren Städten wie London, Oxford und Cambridge sind es dagegen 12.500 bis 14.000 Pfund. Während des teuren Studiums in Großbritannien ist man immerhin gesundheitlich abgesichert: Alle Studierenden sind automatisch beim National Health Service versichert.
6. Das Studium finanzieren
Studiengebühren
Das System der Studiengebühren in Großbritannien ist uneinheitlich. 2017 wurden die Gebühren an englischen Universitäten erhöht und können nun bis zu 9.250 Pfund pro Studienjahr betragen. Die Obergrenze sollte laut Gesetz nur in „exceptional cases“ erreicht werden, tatsächlich nehmen etwa die Hälfte aller englischen Universitäten – und zumeist die besseren – den Höchstpreis. Keine Hochschule verlangt weniger als 6.000 Pfund.
Diese Erhöhung der Studiengebühren trifft theoretisch alle Regionen in UK – also auch Schottland, Wales und Nordirland. Während Wales den gleichen Höchstsatz wie England veranschlagt, verabschiedeten Nordirland und Schottland studierendefreundlichere Regeln. So ist das Bachelorstudium in Schottland für Schotten und EU-Ausländer günstiger (1.820 Pfund) als für Engländer. In Wales liegen die Studiengebühren zwar bei bis zu 9.250 Pfund, allerdings trägt der Staat einen Großteil der Kosten, so dass lokale Studierende sowie EU-Ausländer effektiv nur knapp 3.500 Pfund zahlen. In Nordirland liegt die Grenze bei 4.030 Pfund. Achtung: Die Studiengebühren für Medizin und Management sind in ganz Großbritannien von den Höchstgrenzen ausgenommen und gehen daher häufig über die normalen Gebühren hinaus.
Auch der Master wird teurer, denn hier haben die Hochschulen in UK mehr Freiheiten. Zwar liegt auch hier die Höchstgrenze in England bei 9.250 Pfund, in anderen Regionen liegen die Preise allerdings oft über denen für den Bachelor.
Auslands-BAföG
Wer in Deutschland BAföG erhält, erhält es in der Regel auch im Ausland. Dazu gibt es noch kleine Zuschüsse wie bspw. für die Fahrtkosten. Außerdem werden unter bestimmten Bedingungen Studiengebühren bis 4.600 Euro für ein Jahr übernommen. Beim einjährigen Master wären so die Gebühren immerhin fast zur Hälfte finanziert.

Das Studium in Großbritannien kann für bis zu ein Auslandsjahr durch BAföG finanziert werden. Das Wichtigste im Überblick. weiter
Studienkredite und Bildungsfonds
Neben dem BAföG gibt es natürlich andere Finanzierungsformen in Deutschland: Stipendien sowie Studienkredite und Bildungsfonds. Für eine Teilfinanzierung und sofern es sich nur um einen Gastaufenthalt in Großbritannien handelt, kann auch der Bildungskredit eine Alternative sein.
Tuition Fee Loan
In Großbritannien stand allen EU-Bürgern der so genannte Tuition Fee Loan zur Verfügung – sofern sie spätestens im Wintersemester 2020/21 angefangen hatten. Bei Beginn 2021/22 nicht mehr.
Der Tuition Fee Loan deckt je nach Bedarf die gesamten Studiengebühren oder nur einen Teil von ihnen ab. Die Zinsen orientieren sich an der Inflation und sind somit aktuell günstig. Die Rückzahlung beginnt erst, wenn das Jahreseinkommen über einem gewissen Grenzwert liegt – aktuell (Stand Dezember 2018) 25,000 Pfund. Der Tuition Fee Loan wird von der Student Loan Company vergeben.
Stipendien
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) vergibt eine Reihe von Stipendien für das Studium im Ausland. Das bekannteste ist das Jahresstipendium, das die kompletten Kosten eines Studiums im Ausland tragen soll. Hier enden die Bewerbungsfristen früh: Für Großbritannien ist es Mitte November, also etwa zehn Monate vor Studienbeginn.
Sollten deine Eltern nur ein geringes Einkommen haben, kann an den jeweiligen Hochschulen ein Antrag auf Erlass der Studiengebühren gestellt werden. Informiere dich dazu an den jeweiligen Universitäten.
7. Weitere Informationen
- Der UCAS ist die britische Zentralstelle zur Bewerbung fürs Bachelorstudium.
https://www.ucas.com/ - Education UK ist das zentrale Portal des British Council zum Studium in Großbritannien. Hier werden alle Aspekte des Studiums in Großbritannien behandelt.
https://www.educationuk.org/ - Which? University bietet eine sehr gute Suchfunktion mit umfassende Informationen zu Universitäten und Studiengängen.
https://university.which.co.uk/ - Wer einen Master in Großbritannien machen möchte, kann sich bei Prospects informieren.
https://www.prospects.ac.uk/ - Das British Council veranstaltet Infomessen zum Studium in Großbritannien – die Termine findest du hier.
https://www.britishcouncil.de/higher-education-fairs-de - Wer den IELTS-Test machen möchte, kann sich auf der entsprechenden Infoseite des British Council informieren und anmelden.
https://www.britishcouncil.de/pruefung/ielts - Informationen zum Tuition Fee Loan gibt es auf der Webseite der Student Loans Company.
https://www.slc.co.uk/ - Eine Übersicht über Stipendienmöglichkeiten für Großbritannien bietet der DAAD (Du musst nur noch deine Fachrichtung auswählen).
https://www.daad.de/ausland/studieren/stipendium/de/70-stipendien-finden-und-bewerben/?fachrichtung=-1&land=42&status=1 - Noch Fragen offen? In unserem Auslandsstudium-Forum kannst du sie stellen – und bekommst sie in der Regel auch bald beantwortet!
https://www.studis-online.de/Fragen-Brett/list.php?116
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals im September 2011 veröffentlicht. Das Datum oberhalb des Artikels gibt an, wann die letzte Veränderung vorgenommen wurde.