Altersgrenzen für Förderungen und Vergünstigungen

Studieren als „Ü30“ ist – in jedem Fall in Sachen Studienfinanzierung – keineswegs eine Party …
Der 30. Geburtstag ist beim BAföG, bei diversen Studienkrediten sowie auch bei der studentischen Krankenversicherung ein entscheidender Zeitpunkt: Wer erst danach mit dem Studium beginnt, bekommt möglicherweise kein BAföG mehr (es gibt aber Ausnahmen). Vor allem aber werden Kranken- und Pflegeversicherung dann für fast alle deutlich teurer – nur wer noch BAföG bekommt (entweder, weil das Studium vor 30 begonnen hat oder wegen einer Ausnahmeregelung), hat inzwischen Glück: Seit WiSe 2019/20 trägt das BAföG auch die höheren Kosten für ältere Studis.
Bei Masterstudiengängen ist seit Oktober 2010 BAföG sogar noch möglich, wenn man bei Beginn des Master-Studiums noch unter 35 Jahre alt ist/war (höheres Alter auch hier in Ausnahmefällen möglich).
1. Ein paar Überlegungen zum Thema „Lebenslanges Lernen“
Mit dem in Deutschland erst seit Ende der 1990er langsam eingeführten Bachelor-Master-Modell kam die Idee hinzu, dass zwischen den zwei Studienabschnitten mehrere Arbeitsjahre liegen können. Selbst für den gern angenommenen „Normstudenten“, der mit 18 (!) direkt nach dem Abitur sein Bachelor-Studium beginnt, bleiben höchstens sieben Jahre Berufstätigkeit, wenn vor dem 30. Geburtstag noch ein Master abgeschlossen werden soll.
Die Realität kann aber ganz anders aussehen. So wird das Abitur erst später gemacht (wegen wiederholter Schuljahre oder weil nicht auf direktem Wege). Oder es wird an die schulische Ausbildung erst eine berufliche angeschlossen. Oder man entscheidet sich erstmal für Kinder und setzt seine Ausbildung fort, wenn sie ein entsprechendes Alter erreicht haben. Schon ist die Schwelle 30 nahe oder sogar überschritten.
Aber selbst, wenn man nicht vom „Normstudenten“ abweicht, bleibt die Frage, ob lebenslanges Lernen nicht von Vorteil wäre. So sind mehr als 7 bis 8 Jahre Berufserfahrung durchaus legitim bevor jene entscheiden, ihre Ausbildung noch durch einen Master zu erweitern. Besonders in Krisen kann es gut sein den Bachelor-AbsolventInnen die Chance zu geben, ihre bis dahin gesammelten beruflichen Erfahrungen durch ein Masterstudium zu erweitern oder auch zu reflektieren.
Daher ist die seit 2010 gültige Erhöhung der Altersgrenze beim BAföG für Master-Studiengänge auf 35 zu begrüßen, ebenso die weitergefassten Ausnahmen auch in Bezug auf ein Erststudium nach Kindererziehung. Den Bildungskredit kann man immerhin bis zum 36. Lebensjahr erhalten (im 37. aber nicht mehr!).
Seit April 2013 hat die KfW ihren Studienkredit stark ausgeweitet – insbesondere wurde die Altersgrenze angehoben. Ist man über 35, so muss man allerdings wissen, dass die Förderdauer deutlich geringer ist. Für die höchstmögliche Bezugsdauer muss man bei Studienbeginn sogar unter 25 Jahre alt sein. Und: ein Studienkredit ist nun mal ein Kredit, er muss vollständig und mit Zinsen zurückgezahlt werden. Die Zinsen können erst mit Beginn der Rückzahlungsphase fixiert werden, während der Auszahlungsphase werden sie halbjährlich angepasst, es gibt keinen Schutz gegen auch deutliche Steigerungen.
2. Übersicht Finanzierungsmöglichkeiten und Studentenvergünstigungen und ihre Altersgrenzen
Der Staat setzt dem lebenslangen Lernen bisher leider enge Grenzen bzw. schiebt die Finanzierung desselben auf den Einzelnen ab. Als grobe Übersicht hier eine Tabelle mit den Altersgrenzen für einige wesentliche Finanzierungsmöglichkeiten bzw. die vergünstigte studentische Krankenversicherung und ob es überhaupt Ausnahmen von der Altersgrenze gibt. Für die Details wird auf unsere ausführlichen Artikel zum Thema verwiesen und dort nach Möglichkeit direkt auf den Abschnitt gesprungen, der auf die Altersproblematik eingeht.
Zum BAföG noch die Anmerkung, dass zusätzlich zur Altersproblematik noch zu beachten ist, dass Vermögen von über 7.500 Euro beim BAföG angerechnet wird und zu einer Kürzung bzw. (bei entsprechend hoher Überschreitung des Freibetrags) kompletten Streichung desselben führt. Zum Wintersemester 2020/21 steigt der Freibetrag auf 8.200 Euro.
Leistung / Vergünstigung | Altersgrenze/-beschränkung; evt. Ausnahmen |
---|---|
BAföG | 30 Jahre bei Beginn Studienabschnitt bzw. 35 Jahre bei Beginn Master (dann BAföG bis Ende des jeweiligen Studienabschnitts unabhängig vom Alter) Ausnahmeregelungen. Guter Grund: Kindererziehung. |
Stipendien | Die meisten haben Altersgrenzen wie beim BAföG. Alternative: Aufstiegsstipendium (hierfür Ausbildung+mehrjährige Berufstätigkeit vor Studium nötig) |
Bildungskredit | Förderungsende: 36 Jahre Keine Ausnahmen. |
Kindergeld | 25 Jahre. Ausnahmen fast unmöglich |
Krankenversicherung (Studententarif) | 30 Jahre. Ausnahmen theoretisch möglich, sehr selten |
Bildungsfonds (Deutsche Bildung) | keine Altersgrenze, aber abhängig von bisherigem Lebenslauf und zukünftigen Berufschancen |
KfW-Studienkredit | 44 Jahre+wenige Monate bei Beginn Förderung Keine Ausnahmen. |
Unterhalt (der Eltern) | keine feste Altersgrenze, mit über 30 aber sehr unwahrscheinlich |
3. Änderungen dieser Grenzen nur denkbar, wenn sich viele engagieren
Die oben erläuterten Verzögerungen sind durchaus legitim – nur werden die „Betroffenen“ staatlicherseits wenig oder gar nicht unterstützt. Zu groß scheint die Angst, es gebe „Mitnahmeeffekte“, „Langzeitstudierende“ würden gefördert oder einfach „faule Studenten“. Dabei sind alle aufgeführten staatlichen Leistungen (die privatwirtschaftlichen sowieso) auch unabhängig vom Alter begrenzt und zum Teil an Leistungsnachweise gekoppelt. Auch wird oft vergessen, dass zum Beispiel ein Teil des BAföGs auch ein Darlehen ist und zurückgefordert wird.
Die trivialste Möglichkeit wäre, die Altersgrenze bspw. beim BAföG als auch bei der studentischen Krankenversicherung um einige Jahre zu erhöhen (beim BAföG immerhin für Master-Studiengänge geschehen – wobei man auch noch weiter gehen könnte). Die Vermögensgrenze beim BAföG wurde zwar 2016 und wird 2020 etwas erhöht. Für „Ältere“ ist der Betrag aber immer noch nicht sonderlich hoch und sollte erhöht werden, bspw. durch einen steigenden Freibetrag je nach Lebensalter. Das wird aber nicht „von allein“ passieren. Nur wenn PolitikerInnen möglichst aller größeren Parteien (und natürlich insbesondere derer, die zukünftig die Bundesregierung stellen werden) erkennen, dass solche Maßnahmen wirklich sinnvoll sind, kann sich etwas tun. Die Schilderung von vielen „Einzelschicksalen“ (einfach per Brief z.B. an den Wahlkreisabgeordneten) kann dazu beitragen, dass erkannt wird, dass es eine Menge nachvollziehbarer Gründe geben kann, warum das politisch angenommene Schema nicht mehr ausreicht.
Widerstände werden nicht zu vermeiden sein, weil eine Ausweitung von Sozialleistungen natürlich Geld kostet. Aber auf der anderen Seite können durch Förderung an der richtigen Stelle vielleicht am Ende sogar Kosten gespart werden. Denn für manche ist ein Studium auch eine Perspektive, ohne die sie möglicherweise zurückfallen würden – was auch für die Allgemeinheit nicht unbedingt gut ist.
Die Altersgrenze für den Bezug von Kindergeld war übrigens schon 2007 von 27 Jahren auf 25 Jahre gesenkt worden. Um so wichtiger wäre es, dass stattdessen stärker kontrollierte Leistungen wie BAföG etwas großzügiger möglich sind.
4. Oder stattdessen berufsbegleitend studieren?
Wenn alle anderen Möglichkeiten der Studienfinanzierung nicht in Frage kommen, bleibt schließlich (nur?) die Möglichkeit, berufsbegleitend zu studieren. Dies kann entweder in Form eines Fernstudiums ortsunabhängig (bis auf wenige Termine wie bspw. zu Prüfungen) geschehen oder als klassisch berufsbegleitendes Studium mit Präsenzanteilen an einer Hochschule, die aber so organisiert sind, dass eine Berufstätigkeit möglich bleibt (Studium am Abend, an Wochenenden oder in wenigen Blöcken, wofür dann der Urlaub eingesetzt werden muss).
Die meisten derartigen Studienangebote gibt es an privaten Hochschulen mit mehr oder weniger hohen Studiengebühren. In Baden-Württemberg und Bayern müssen selbst staatliche Hochschulen dafür Gebühren nehmen – 2.000 € und mehr je Semester). Es gibt schließlich – leider eher wenige – Angebote von staatlichen Hochschulen, die nur mit den üblichen Semesterbeiträgen abgegolten sind oder nur geringfügige Aufschläge umfassen.
Die Auswahl ist grundsätzlich begrenzt: In diversen Fachbereichen gibt es leider keine Studienangebote im Fernstudium oder als berufsbegleitende Präsenz-Variante.
5. Weiterführende Links
Hinweis: Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Die letzte Überarbeitung kann man dem Datum bei der Artikelüberschrift entnehmen.