BetreuungsrelationWie viele Student:innen muss ein:e Professor:in betreuen?

Vorab: In unser Hochschuldatenbank haben wir die Relation von Professor:innen und Studierenden für fast alle Hochschulen vorliegen. Dabei wurden bereits Teilzeitstellen in Vollzeitäquivalente umgerechnet. Ob zwei Profs mit halber Stelle oder eine:r mit einer ganzen Stelle – beides würde hier als eine Stelle zählen.
In diesem Artikel geht es nur um Professorinnen und Professoren. Unterrichtet wird an der Uni aber auch von anderen Dozent:innen, wie wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen oder Lehrbeauftragten. Allerdings sind diese i.d.R auch einer Professur unterstellt. Ergo: je mehr Professuren, desto mehr Dozierende gibt es auch.
1. Mehr Profs = bessere Betreuung? Nicht unbedingt …
Natürlich ergibt sich aus einem sehr guten Verhältnis zwischen der Anzahl an Professor:innen und Student:innen nicht zwangsläufig eine bessere Betreuung. Die Qualität hängt ja nicht nur von der Quantität ab. Wie sehr sich jemand tatsächlich engagiert, lässt sich schwer messen, kann aber sehr entscheidend sein. Zwar hat man als Studierende:r in der Regel immer mit mehreren Professor:innen zu tun, aber wenn man da Pech hat und alle nicht sonderlich an der Lehre interessiert sind, nützt es wenig, dass es an der Hochschule insgesamt viele Professor:innen gibt. Um überhaupt eine Professur zu erlangen, müssen zwar didaktische und pädagogische Nachweise erbracht werden, allerdings ist es hier meistens ausreichend, bereits in der Lehre tätig gewesen zu sein – eine didaktisch-pädagogische Ausbildung ist keine Grundvoraussetzung.
Schon bei der puren Zahl der Professor:innen gibt es einige grundsätzliche Unterschiede. So muss vor allem zwischen Universitäten und (Fach-)Hochschulen unterschieden werden. Während an Unis ein:e reguläre Professorin je nach Bundesland 8 bis 10 Semesterwochenstunden (SWS) Lehre leisten muss, sind es an Fachhochschulen in der Regel 18 SWS (in Sachsen-Anhalt 16). Grund hierfür ist insbesondere die Maßgabe, dass Professor:innen an Universitäten mehr Zeit für Forschung haben sollen. Auch bei letzterer können natürlich Studierende (gerade aus höheren Semestern und im Rahmen der Abschlussarbeiten) eine Rolle spielen, allerdings meist hauptsächlich vom wissenschaftlichen Personal (Doktoranden etc.) betreut.
Musik- und Kunsthochschulen sind dann nochmals gesondert zu betrachten, denn hier muss die Betreuung zwangsläufig deutlich persönlicher erfolgen. Besonders stark ist das bei den freien Künsten, Theater und der Lehre am Musik-Instrument, wenn die jeweilige Hochschule aber auch mehr „theoretische“ Fächer anbietet, sinkt der Betreuungsbedarf wieder. Umgekehrt ist es bei einem Fernstudium (und folglich besonders stark an reinen Fernhochschulen): Es sind deutlich weniger Profs erforderlich.
Professuren und Abschlussarbeiten
Ob eine Lehrperson den Prof.-Titel hat oder nicht, mag vor Allem dann ins Gewicht fallen, wenn es um Abschlussarbeiten geht. Denn hier ist es an vielen Hochschulen üblich, dass mindestens eine Person Professor:in sein muss. Gibt es nun nur wenige oder gar nur eine Professur am entsprechenden Institut, so musst du die entsprechende Person deine Arbeit betreuen lassen.
2. Betreuungsrelationen an den verschiedenen Hochschularten
Sehr kleine Hochschulen sind an sich wieder ein Sonderfall, wir haben daher alle mit weniger als 100 (Kunst/Musik), 300 (FH, Fernhochschulen) bzw. 500 (Uni) Studierenden weggelassen. Wir listen jeweils nur einige Beispiele (darunter die mit der zahlenmäßig besten bzw. schlechtesten Relation) … Alle Zahlen Stand 2021. Erfahrungsgemäß ändern sich die Relationen aber nicht so stark, vor allem nicht an staatlichen Hochschulen.
a. Universitäten / Wissenschaftliche Hochschulen: 19,9 bis 111 (188) Studis pro Prof
Die Kunst-Universitäten und die Filmuni Babelsberg sind weiter unten bei Kunsthochschulen mit aufgelistet, die FernUni Hagen bei Fernhochschulen!
Dass die Charité als größte Medizin-Hochschule (es gibt es nur in Hannover noch eine pure Medizin-Hochschule, sonst sind die Unikliniken immer Teil einer „normalen“ Uni) eine hohe Professor:innendichte hat, wundert nicht. Dass die Bundeswehr-Universitäten (auch die zweite ist noch vor der Charité) solch starken Betreuungsrelationen haben, wundert vielleicht eher. Ein kleiner Teil der Erklärung dürfte aber sein, dass die Bundeswehr-Universitäten ihre Studienprogramme in verkürzter Zeit durchziehen müssen – was natürlich betreuungsintensiver sein dürfte.
Erstaunlich am anderen Ende sind dann vor allem die eher niedrigen Relationen bei einigen Technischen Universitäten, insbesondere auch der doch so angesehenen RWTH Aachen (die übrigens auch eine medizinische Fakultät hat).
- Universität der Bundeswehr München: 19,9
- Hertie School of Governance (privat): 21,1
… (drei private, eine staatliche Uni)
- Charité - Universitätsmedizin Berlin: 29,3
… (drei spezialisierte staatliche, vier private, eine kirchliche Uni)
- Universität Rostock: 44,4
… (>10 weitere)
- Eberhard Karls Universität Tübingen: 52,1
(erste Uni in dieser Liste mit über 20.000 Studierenden) … (>10 weitere)
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: 62,5
(erste Uni in dieser Liste mit über 30.000 Studierenden) … (4 weitere)
- Universität Hamburg: 65,2
(erste Uni in dieser Liste mit über 40.000 Studierenden) … (sehr viele weitere)
- Technische Universität Berlin: 93,5
- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen: 95
- Technische Universität Dortmund: 100,1
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: 103,1
- Universität zu Lübeck: 106,6
- Universität Koblenz: 111
- Steinbeis Hochschule (privat): 155,6
(bietet vor allem berufsbegleitend/-integrierte weiterbildende Studiengänge an, nicht sonderlich vergleichbar) - Deutsche Sporthochschule Köln: 188
(wegen der Spezialisierung schlecht mit anderen vergleichbar)
b. Fachhochschulen / Hochschulen für Angewandte Wissenschaft (klassisches Präsenzstudium): 20,0 bis 76,0 Studis pro Prof
Hochschulen mit hohem Fernstudium-Anteil als auch staatliche Hochschule für Verwaltung haben wir hier weggelassen – auf Grund der Studienform (Fernstudium) bzw. des hohen Anteils von Ausbildung außerhalb der Hochschule (Verwaltungshochschulen) sind dort weit weniger Profs erforderlich.
c. Fernhochschulen: 45,3 bis ~1.000 Studis pro Prof
Hochschulrechtlich gibt es keine Fernhochschulen. Wir haben dieser Kategorie alle zugeordnet, die entweder nur (Online-)Fernstudiengänge anbieten oder jedenfalls nahe dran sind. Die IU Internationale Hochschule hat zwar neben den Fernstudiengängen auch ein umfangreiches Angebot von dualen Studiengänge und auch einige Präsenz-Studiengänge. Das virtuelle Fernstudium macht aber sicherlich den überwiegenden Teil aus.
Die große Spannbreite zeigt auch hier nicht zwangsläufig qualitative Unterschiede, sonder hängt natürlich auch davon ab, aus welchen Fachbereiche Studienangebote gemacht werden.
- Allensbach Hochschule Konstanz (privat): 45,3
- Deutsche Hochschule für Gesundheit & Sport (privat): 89,3
… (3 weitere Hochschulen) …
- IU Internationale Hochschule (privat): 270,6
… (3 weitere Hochschulen) …
- FernUniversität in Hagen: 712,4
- Hamburger Fern-Hochschule: 1028,1
d. Musisch-künstlerische Hochschulen: 7,8 bis 35,5 Studis pro Prof
Hierunter fallen reine Musikhochschulen (die meist die am wenigsten Studis je Prof haben), Kunstakademien, Hochschulen für Musik und Theater oder auch Tanz, Kombinationen daraus und auch in der Regel etwas „praktischer“ orientierte Hochschulen für Gestaltung. Die Liste ist daher etwas umfangreicher, um einen Eindruck auch für speziellere Typen zu geben. Mischhochschule, die noch weitere Fächer auch außerhalb der Kunst- oder Musiktheorie umfassen haben wir hier weggelassen.
- Hochschule für Musik Würzburg: 7,8
- Hochschule für Musik Freiburg: 9,6
- Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“: 10,5
…
- Staatliche Hochschule für Bildende Künste Frankfurt am Main: 11,7
…
- Folkwang Universität der Künste: 19,0
- Universität der Künste Berlin: 20,7
- Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf: 22,0
…
- Hochschule für Musik und Theater Hamburg: 26,6
…
- Hochschule der Bildenden Künste Saar: 29,7
- Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe: 35,5