„Vitamin B ist wichtig für den Berufseinstieg. Networking das A und O der Karriere.“ Schon gehört? Aber stimmt das wirklich oder gibt es auch alternative Wege zum Traum-Job? Ist es nicht total anstrengend und unsympathisch, wenn man schon im Studium anfängt, Kontakte für den Berufseinstieg zu sammeln? Und woher wisst ihr überhaupt, was euch das Engagement in einem beruflichen Netzwerk bringen würde?
Von Janna Degener
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Peu à peu zum beruflichen Netzwerk: Persönliche Kontakte können beim Berufseinstieg auf ganz verschiedene Weisen helfen
Die Eine ist kontaktfreudig, der Andere eher schüchtern. Der Eine hat ein Gedächtnis wie ein Elefant, die Andere kann sich Namen einfach nicht merken. Der Eine ist super organisiert und die Andere verliert leicht den Überblick über seine eigenen Notizen. Dennoch gilt auch beim Thema Networking: Übung macht den Meister! Deshalb und weil der Aufbau eines Netzwerks Zeit kosten kann, ist es durchaus sinnvoll, schon während des Studiums damit zu beginnen.
1. Networking – schon während des Studiums!
Als Studenten könnt ihr von einem funktionierenden Netzwerk auch bereits während des Studiums profitieren. Zumal habt ihr in der Studienzeit besondere Möglichkeiten der Vernetzung – von der Studentenparty über das Engagement bei AStA oder Fachschaft bis hin zur Hochschulmesse – zumal unter den Kommilitonen häufig Kontakte mit ähnlichen Interessen und Zukunftsplänen sind. Wenn ihr offen, authentisch und ehrlich zu euch und eurem Gegenüber seid, könnt ihr diese Möglichkeiten durchaus sehr produktiv nutzen – und zwar mit gutem Gefühl und reinem Gewissen. Die folgenden Tipps helfen euch dabei – sie sind auch später noch anwendbar und nicht speziell auf Studierende ausgerichtet.
Wie entsteht ein berufliches Netzwerk?
Natürlich entsteht ein gutes Netzwerk nicht von jetzt auf gleich. Der Aufbau der Beziehungen kostet Zeit und – gerade wenn es um formelle Netzwerke geht – häufig auch Geld. Meist zahlen sich Investments in Mitgliedschaften und ähnliches nicht sofort, sondern erst nach mehreren Jahren aus. Die Frage, welcher Kontakt wie nützlich sein könnte, spielt wegen des zeitlichen Aufwands schon irgendwie in die Netzwerkarbeit mit herein – auch wenn man nicht alles eins zu eins aufrechnen sollte und kann. Und natürlich ist es wichtig, dass man sich der vorhandenen Kontakte nicht nur bewusst ist, sondern dass man diese auch tatsächlich nutzt.
2. Bewerbersuche über persönliche Netzwerke?
Wenn Unternehmen passende Mitarbeiter für eine Stelle suchen, können sie verschiedene Wege nutzen: Entweder suchen sie intern nach Kandidaten, indem sie eine entsprechende Ausschreibung machen oder Azubis, Praktikanten und Zeitarbeiter kontaktieren. Oder sie suchen externe Kandidaten, etwa indem sie auf Inserate antworten, aus Initiativbewerbungen auswählen, Stellenangebote in Zeitungen oder im Internet schalten, Arbeitsagenturen beziehungsweise private Vermittler involvieren oder eben auf Bekannte oder persönliche Empfehlungen zurückgreifen.
Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2011 zeigt, dass die Suche über persönliche Kontakte, Internet-Jobbörsen oder Zeitungsinseraten in Deutschland besonders verbreitet ist: 78 Prozent aller Stellen werden über diese Kanäle besetzt. Ein knappes Viertel aller Neueinstellungen erfolgt über Inserate in Zeitungen und Zeitschriften oder über persönliche Kontakte. Die Suche über Netzwerke hat aus Sicht der Arbeitgeber die besten Erfolgsaussichten, denn dieser Weg basiert auf Vertrauen und ist relativ kostengünstig.
2017 war die Neueinstellung über persönliche Kontakte oder eigene Mitarbeiter gerade bei kleinen Unternehmen (unter 50 Mitarbeiter) mit 62% am beliebtesten. Je größer das Unternehmen, desto weniger spielt das Netzwerk eine Rolle. Dies zeigt eine weitere Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Thema Wettbewerb um Fachkräfte.
Größere Betriebe suchen oft auch überregional und greifen gerne auf Stellenanzeigen im Internet zurück. In Kleinstbetrieben dagegen läuft die Auswahl oft nicht so formalisiert ab und die sozialen Bindungen sind enger, so dass hier fast jede zweite Stelle über persönliche Netzwerke vergeben wird.
Für euch bedeutet das: Es spricht nichts dagegen, klassische Wege der Stellensuche in Anspruch zu nehmen. Unter Umständen – gerade wenn ihr euch für ein kleineres Unternehmen interessiert – reichen ein Super-Studienabschluss und andere passende Qualifikationen aber nicht unbedingt aus, um einen Job zu bekommen. Häufig ist es auch wichtig, die richtigen Leute zu kennen beziehungsweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Dazu kommt: Wenn ihr jemanden in einem Unternehmen kennt, das für euch als Arbeitgeber interessant ist, könnt ihr schon vor der Bewerbung jede Menge über die Arbeit dort erfahren und unter Umständen Kontakte zu denjenigen bekommen, die die Personalentscheidungen fällen. Wenn ihr mit Menschen aus eurer Branche vernetzt seid, hilft euch das unter Umständen, fachlich immer auf dem neuesten Stand zu sein. Und es kann wirklich Spaß machen und viel Kraft geben, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauscht.
Bei potentiellen Arbeitgebern macht es natürlich auch einen richtig guten Eindruck, wenn die Bewerber neben Kompetenzen und Erfahrungen schon ein „berufliches Netzwerk“ mitbringen. Wirklich relevant ist das vorrangig für Leute mit Berufserfahrung. Aber natürlich macht es sich nicht schlecht, wenn ihr schon als Hochschulabsolventen zum Beispiel auf Projekte verweisen könnt, in denen Ihr mit engagierten Kommilitonen zusammengearbeitet habt oder ähnliches.
Wenn ihr womöglich selbständig seid oder plant, ein Unternehmen zu gründen, dann wollt ihr für bestimmte Projekte vielleicht mit Menschen aus ganz anderen Branchen zusammenarbeiten, die ihr dafür erst einmal kennen müsst…
3. Welche Arten von Netzwerken gibt es?
Der Eine entscheidet sich bewusst dafür, regelmäßig mit seinen KommilitonInnen in der Mensa essen zu gehen, weil die dann immer von so spannenden Projekten erzählen. Die Andere besucht Unternehmensmessen oder eine Hochschul-Sportgruppe, um Kontakte aufzubauen. Und wieder ein Anderer besucht Stammtische, um engere Kontakte zu seinen KollegInnen aufzubauen. In diesen Fällen würde man von informellen Netzwerken sprechen.
Daneben gibt es auch verschiedene Formen formeller Netzwerke: Das kann zum Beispiel der Alumniclub der Hochschule oder ein Stipendienprogramm sein, aber auch ein branchenspezifischer Berufsverband oder- verein für Freiberufler, Gewerbetreibende oder Angestellte, wie der Bundesverband der Volks –und Betriebswirte oder der Industrie- und Handelskammertag. Darüber hinaus gibt es auch formelle Berufsnetzwerke, die sich an spezielle Personengruppen wenden, zum Beispiel an Arbeiterkinder, Frauen, MigrantInnen oder StudentInnen. Manche dieser Vereinigungen sind regional organisiert, andere überregional oder international.
Die Autorin dieses Artikels Janna Degener studierte Germanistik und Ethnologie an der Freien Universität Berlin und verbrachte Auslandsaufenthalte in Costa Rica, Syrien, Frankreich und Tansania. Als freie Journalistin beschäftigt sie sich heute besonders mit Bildungs- und Verbraucherthemen. Mehr Infos zu ihr und ihrer Arbeit gibt’s unter www.jannadegener.de
Und last but not least gibt es auch reine Online-Netzwerke, in denen sich Unternehmen und Jobsuchende ausführlich vorstellen und austauschen können: Die Plattformen Xing und LinkedIn, aber auch absolventa.de, monster.de, stepstone.de und co. kann man zum Beispiel als formelle Netzwerke sehen. Facebook ist hingegen nicht auf berufliche Aspekte spezialisiert und eher informell, bietet euch aber zum Beispiel die Möglichkeit Neuigkeiten von interessanten Unternehmen zu verfolgen.
Online-Netzwerke vs. konventionelle Netzwerke
Tipp aus der Redaktion: Es liegt an euch, wie gläsern ihr im Netz seid!
Vergesst nicht, dass eure Profile in den sozialen Medien auch von Dritten eingesehen werden können – womöglich auch von eurem nächsten potentiellen Arbeitgeber, der oder die euren Namen in eine Suchmaschine eingibt. Nutzt deswegen mit Bedacht die Einstellungen zum Thema Privatheit und Datenschutz – und überlegt, welche Inhalte ihr öffentlich preisgebt.
Natürlich haben konventionelle Netzwerke den Vorteil, dass man sich im persönlichen Kontakt sehr viel besser kennenlernt. Außerdem kann man in vielen konventionellen Netzwerken von weiteren Vorteilen profitieren, etwa von Schulungsangeboten, Mentoringprogrammen, Rechtsberatungen und Ähnlichem.
Über Online-Netzwerke dagegen kann man von einem Ort aus schneller viele Menschen erreichen, die sich irgendwo in Deutschland oder der Welt befinden. Und man kann auch gezielt Kontakt mit Mitarbeitern eines bestimmten Unternehmens aufnehmen, um auf sich aufmerksam zu machen und Fragen zu stellen. Wie verschiedene Studien zeigen, rekrutieren Arbeitgeber zunehmend ihre Angestellten über Online-Netzwerke.
Besonders gut ist ein Netzwerk natürlich, wenn viele Menschen mit gemeinsamen Interessen sehr eng miteinander in Kontakt sind und vom gegenseitigen Vertrauen profitieren. Es kann dabei vorteilhaft sein, wenn die Mitglieder des Netzwerkes unterschiedliche Kompetenzen mitbringen, so dass sie sich gegenseitig bereichern können.
4. Wie sieht schlechtes, wie sieht gutes Netzwerken aus?
Manch einer findet es anstrengend oder unsympathisch, wenn man sich gezielt um bestimmte Kontakte bemüht und diese nicht ganz „natürlich“ entstehen lässt. Und tatsächlich funktioniert Netzwerken nur, wenn man echtes Interesse für die anderen Menschen mitbringt und Spaß an der Kontaktpflege hat.
Dabei gilt: Nur wer seinen Job gut macht, wird von Berufsnetzwerken profitieren. Networking bedeutet Andere von den eigenen Qualitäten überzeugen und sich gleichzeitig ein Bild von deren Arbeit zu machen, schlichtes Kontaktdaten sammeln reicht da nicht aus. Schließlich ist Networking immer ein Balanceakt, denn es geht um das Geben und Nehmen – niemand will seinen eigenen Ruf schädigen, indem er eine Graupe weiterempfiehlt.
Überhaupt gelten beim Networking die Prinzipien des zwischenmenschlichen Miteinanders, die ohnehin selbstverständlich sein sollten. Wer allein auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und dazu neigt, andere auszubeuten, findet auch hier nicht so leicht „Freunde“. Wer von jemand anderem profitiert, sollte ihm dankbar sein und nach Möglichkeiten versuchen sich zu revanchieren. Und wer seine eigenen Bedürfnisse komplett außer Acht lässt, wird leicht ausgenutzt.
10 Tipps, die euch beim Networking weiterhelfen können
Überlegt: Was wollt ihr erreichen? Was sind eure kurz- und langfristigen Ziele? Welche eurer vorhandenen und potentiellen Kontakte könnten dazu beitragen, dass ihr diese Ziele erreichen?
Überlegt: Welche Kompetenzen könntet ihr selbst in ein Netzwerk einbringen?
Nutzt Karteikartensysteme, Datenbanken und Online-Netzwerke, um einen Überblick über eure Kontakte zu behalten.
Nutzt im Alltag möglichst viele Gelegenheiten, um den Kontakt mit interessanten Menschen zu pflegen – online und offline. Pflegt eure Profile in den sozialen Netzwerken regelmäßig und versetzt euch dabei in die Lage der LeserInnen. Achtet dabei natürlich auch auf rechtliche Aspekte wie den Urheberschutz, wenn ihr zum Beispiel Bilder einstellt. Nehmt euch auch Zeit, um Veranstaltungen zu besuchen, bei denen ihr passende Leute kennenlernen könnt – selbst wenn es manchmal vielleicht nervt und ihr mehr Lust auf einen gemütlichen Abend mit dem Freund oder der Freundin habt. Bereitet euch, wenn möglich, gut auf solche Situationen vor und traut euch die entsprechenden Personen tatsächlich anzusprechen.
Wenn ihr – online und offline – aktiv an Fachdiskussionen teilnehmt, könnt ihr euch in eurem Netzwerk als ExpertInnen präsentieren.
Versucht, offen und authentisch zu sein. Stempelt Andere nicht sofort ab, investiert aber auch nicht zu viel Energie in Menschen, die euch wirklich nicht interessieren und die euch wahrscheinlich nicht weiterhelfen können.
Versucht, nicht zu hohe Erwartungen zu haben und geduldig zu sein.
Sprecht über eure Wünsche und Pläne und bringt euch selbst aktiv ins Netzwerk ein, bevor ihr Andere konkret um Hilfe bittet.
Gewöhnt euch an, interessante Kontakte direkt nach dem Kennenlernen in eure Adressbücher oder „Datenbanken“ einzupflegen – und bei passenden Gelegenheiten mal anzurufen oder eine Email zu schreiben.
Haltet euch im Kontakt mit Netzwerkpartnern an die allgemeingültigen Regeln des zwischenmenschlichen Miteinanders: Bittet andere zum Beispiel nur dann um Hilfe, wenn ihr sie wirklich braucht. Überlegt Euch vorab genau, was ihr wollt und kommuniziert dies deutlich, um niemandem unnötig Zeit zu rauben. Bedankt euch im Anschluss und seid aufmerksam für Möglichkeiten, euch zu revanchieren. Versetzt euch im Zweifelsfall in die Situation eures Gegenübers, um abzuschätzen, wie die Art der Kontaktaufnahme, eine Bitte oder ähnliches aufgenommen werden könnten.
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 20.05.2015 erstmals veröffentlicht. Am oben angegebenen Datum wurde er (zuletzt) durch die Studis Online-Redaktion überarbeitet.
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