Vom Studium in den BerufNetzwerke nutzen
Von Janna Degener
Die Eine ist kontaktfreudig, der Andere eher schüchtern. Der Eine hat ein Gedächtnis wie ein Elefant, die Andere kann sich Namen einfach nicht merken. Die Eine ist super organisiert und der Andere verliert leicht den Überblick über seine eigenen Notizen. Dennoch gilt auch beim Thema Networking: Übung macht den Meister! Deshalb und weil der Aufbau eines Netzwerks Zeit kosten kann, ist es durchaus sinnvoll, schon während des Studiums damit zu beginnen.
1. Kurz + knapp
Ja, auf jeden Fall! Stellenvergabe über Kontakte ist in Deutschland bei Weitem kein Einzelfall. Laut einer Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden 2021 ca. 32 % aller Stellen über persönliche Kontakte vergeben!
Wichtig ist das du im Netzwerk mitarbeitest. Es reicht nicht, Mitglied zu sein, nur wenn du deinen Job gut machst, kannst du von Berufsnetzwerken profitieren. Wichtig sind hier Geduld und das du dir nicht zu hohe Erwartungen steckst. Überlege, welche Kompetenzen du in das Netzwerk einbringen kannst, wo könntest du aufgrund deiner Erfahrungen vielleicht eine Expertenrolle einnehmen?
In einem Netzwerk bist du darauf angewiesen, mit anderen Menschen zu arbeiten. Es geht um ein Geben und Nehmen, tritt anderen also nicht auf die Füße und habe nicht nur deine eigenen Vorteile im Kopf. Auch solltest du Leute nicht weiterempfehlen, nur weil sie deine Freunde sind, wenn sie Ihren Job nicht ordentlich machen, fällt es auf deine Empfehlung zurück.
1. Networking – schon während des Studiums!
Als Studentin oder Student kannst du von einem funktionierenden Netzwerk auch bereits während des Studiums profitieren. Zumal du in der Studienzeit besondere Möglichkeiten der Vernetzung hast – von der Studentenparty über das Engagement im AStA oder der Fachschaft bis hin zur Hochschulmesse. Häufig sind unter den Kommiliton:innen Kontakte mit ähnlichen Interessen und Zukunftsplänen. Wenn du offen, authentisch und ehrlich zu dir und deinem Gegenüber bist, kannst du diese Möglichkeiten durchaus sehr produktiv nutzen – und zwar mit gutem Gefühl und reinem Gewissen. Die folgenden Tipps helfen dir dabei – sie sind auch später noch anwendbar und nicht speziell auf Studierende ausgerichtet.
Wie entsteht ein berufliches Netzwerk?
Natürlich entsteht ein gutes Netzwerk nicht von jetzt auf gleich. Der Aufbau der Beziehungen kostet Zeit und – gerade wenn es um formelle Netzwerke geht – häufig auch Geld. Meist zahlen sich Investments in Mitgliedschaften und ähnliches nicht sofort, sondern erst nach mehreren Jahren aus. Die Frage, welcher Kontakt wie nützlich sein könnte, spielt wegen des zeitlichen Aufwands schon irgendwie in die Netzwerkarbeit mit herein – auch wenn man nicht alles eins zu eins aufrechnen sollte und kann. Und natürlich ist es wichtig, dass man sich der vorhandenen Kontakte nicht nur bewusst ist, sondern dass man diese auch tatsächlich nutzt.
2. Bewerbersuche über persönliche Netzwerke?
Wenn Unternehmen passende Mitarbeiter:innen für eine Stelle suchen, können sie verschiedene Wege nutzen: Entweder suchen sie intern nach Kandidat:innen, indem sie eine entsprechende Ausschreibung machen oder Azubis, Praktikant:innen und Zeitarbeiter:innen kontaktieren. Oder sie suchen externe Kandidat:innen, etwa indem sie auf Inserate antworten, aus Initiativbewerbungen auswählen, Stellenangebote in Zeitungen oder im Internet schalten, Arbeitsagenturen beziehungsweise private Vermittler:innen involvieren oder eben auf Bekannte oder persönliche Empfehlungen zurückgreifen.
Eine Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2022 zeigt, dass die Suche über persönliche Kontakte in Deutschland besonders verbreitet ist: 32 Prozent aller Stellen wurden 2021 über diese Kanäle besetzt. Bei der Suche nach Neueinstellungen haben 53 Prozent persönliche Kontakte genutzt. Dieser Weg ist für Unternehmen attraktiv, da er auf Vertrauen basiert – zudem ist er vergleichsweise kostengünstig.
Allerdings unterscheiden sich hierbei auch kleine Unternehmen von größeren Betrieben. Größere Betriebe suchen oft auch überregional und greifen gerne auf Stellenanzeigen im Internet zurück. In Kleinstbetrieben dagegen läuft die Auswahl oft nicht so formalisiert ab und die sozialen Bindungen sind enger, so dass hier fast jede zweite Stelle über persönliche Netzwerke vergeben wird.
Für dich bedeutet das: Es spricht nichts dagegen, klassische Wege der Stellensuche in Anspruch zu nehmen. Unter Umständen – gerade wenn du dich für ein kleineres Unternehmen interessiert – reichen ein Super-Studienabschluss und andere passende Qualifikationen aber nicht unbedingt aus, um einen Job zu bekommen. Häufig ist es auch wichtig, die richtigen Leute zu kennen beziehungsweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Checkliste für den Einstieg ins Berufsleben
Das Ende des Studiums rückt in absehbare Nähe? Für die meisten beginnt dann der Einstieg in das Berufsleben. Damit der Übergang kein kalter Sprung ins Wasser wird, findest du hier Hinweise und Zeitpunkte: Von der Berufsfindung bis zum Vorstellungsgespräch. weiter
Weitere Gründe für’s Netzwerken
Dazu kommt: Wenn du jemanden in einem Unternehmen kennst, das für dich als Arbeitgeber:innen interessant ist, kannst du schon vor der Bewerbung jede Menge über die Arbeit dort erfahren und unter Umständen Kontakte zu denjenigen bekommen, die die Personalentscheidungen fällen. Wenn du mit Menschen aus deiner Branche vernetzt bist, hilft dir das unter Umständen, fachlich immer auf dem neuesten Stand zu sein. Und es kann wirklich Spaß machen und viel Kraft geben, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauscht.
Bei potentiellen Arbeitgeber:innen macht es natürlich auch einen richtig guten Eindruck, wenn die Bewerber:innen neben Kompetenzen und Erfahrungen schon ein „berufliches Netzwerk“ mitbringen. Wirklich relevant ist das vorrangig für Leute mit Berufserfahrung. Aber natürlich macht es sich nicht schlecht, wenn du schon als Hochschulabsolvent:in zum Beispiel auf Projekte verweisen kannst, in denen du mit engagierten Kommiliton:innen zusammengearbeitet hast oder ähnliches.
Wenn du womöglich selbständig bist oder planst, ein Unternehmen zu gründen, dann willst du für bestimmte Projekte vielleicht mit Menschen aus ganz anderen Branchen zusammenarbeiten, die du dafür erst einmal kennen musst…
3. Welche Arten von Netzwerken gibt es?
Einige entscheiden sich bewusst dafür, regelmäßig mit Kommiliton:innen in der Mensa essen zu gehen, weil die dann immer von so spannenden Projekten erzählen. Andere besuchen Unternehmensmessen oder eine Hochschul-Sportgruppe, um Kontakte aufzubauen. Und wieder Andere besuchen Stammtische, um engere Kontakte zu Kolleg:innen aufzubauen. In diesen Fällen würde man von informellen Netzwerken sprechen.
Daneben gibt es auch verschiedene Formen formeller Netzwerke: Das kann zum Beispiel der Alumniclub der Hochschule oder ein Stipendienprogramm sein, aber auch ein branchenspezifischer Berufsverband oder- verein für Freiberufler, Gewerbetreibende oder Angestellte, wie der Bundesverband der Volks- und Betriebswirte oder der Industrie- und Handelskammertag. Darüber hinaus gibt es auch formelle Berufsnetzwerke, die sich an spezielle Personengruppen wenden, zum Beispiel an Arbeiterkinder, Frauen, Migrant:innen oder Student:innen. Manche dieser Vereinigungen sind regional organisiert, andere überregional oder international.
Und last but not least gibt es auch reine Online-Netzwerke, in denen sich Unternehmen und Jobsuchende ausführlich vorstellen und austauschen können: Die Plattformen Xing und LinkedIn, aber auch absolventa.de, monster.de, stepstone.de und Co. kann man zum Beispiel als formelle Netzwerke sehen. Facebook ist hingegen nicht auf berufliche Aspekte spezialisiert und eher informell, bietet euch aber zum Beispiel die Möglichkeit Neuigkeiten von interessanten Unternehmen zu verfolgen.
Online-Netzwerke vs. konventionelle Netzwerke
Natürlich haben konventionelle Netzwerke den Vorteil, dass man sich im persönlichen Kontakt sehr viel besser kennenlernt. Außerdem kann man in vielen konventionellen Netzwerken von weiteren Vorteilen profitieren, etwa von Schulungsangeboten, Mentoringprogrammen, Rechtsberatungen und Ähnlichem.
Über Online-Netzwerke dagegen kann man von einem Ort aus schneller viele Menschen erreichen, die sich irgendwo in Deutschland oder der Welt befinden. Und man kann auch gezielt Kontakt mit Mitarbeiter:innen eines bestimmten Unternehmens aufnehmen, um auf sich aufmerksam zu machen und Fragen zu stellen. Wie auch eine IAB-Studie zeigt, rekrutieren Arbeitgeber:innen zunehmend ihre Angestellten über Online-Netzwerke. 2021 wurde 7% der Stellen über Soziale Medien besetzt, während es 5 Jahre früher noch gerade 1,2% waren.
Besonders gut ist ein Netzwerk natürlich, wenn viele Menschen mit gemeinsamen Interessen sehr eng miteinander in Kontakt sind und vom gegenseitigen Vertrauen profitieren. Es kann dabei vorteilhaft sein, wenn die Mitglieder des Netzwerkes unterschiedliche Kompetenzen mitbringen, so dass sie sich gegenseitig bereichern können.
4. Wie sieht schlechtes, wie sieht gutes Netzwerken aus?
Manch einer findet es anstrengend oder unsympathisch, wenn man sich gezielt um bestimmte Kontakte bemüht und diese nicht ganz „natürlich“ entstehen lässt. Und tatsächlich funktioniert Netzwerken nur, wenn man echtes Interesse für die anderen Menschen mitbringt und Spaß an der Kontaktpflege hat.
Dabei gilt: Nur wer seinen Job gut macht, wird von Berufsnetzwerken profitieren. Networking bedeutet, Andere von den eigenen Qualitäten überzeugen und sich gleichzeitig ein Bild von deren Arbeit zu machen, schlichtes Sammeln von Kontaktdaten reicht da nicht aus. Schließlich ist Networking immer ein Balanceakt, denn es geht um das Geben und Nehmen – niemand will seinen eigenen Ruf schädigen, indem er eine Graupe weiterempfiehlt.
Überhaupt gelten beim Networking die Prinzipien des zwischenmenschlichen Miteinanders, die ohnehin selbstverständlich sein sollten. Wer allein auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und dazu neigt, andere auszubeuten, findet auch hier nicht so leicht „Freunde“. Wer von jemand anderem profitiert, sollte ihm dankbar sein und nach Möglichkeiten suchen sich zu revanchieren. Und wer seine eigenen Bedürfnisse komplett außer Acht lässt, wird leicht ausgenutzt.
11 Tipps, die dir beim Networking weiterhelfen können
Überlege: Was willst du erreichen? Was sind deine kurz- und langfristigen Ziele? Welche deiner vorhandenen und potentiellen Kontakte könnten dazu beitragen, dass du diese Ziele erreichst?
Überlege: Welche Kompetenzen könntest du selbst in ein Netzwerk einbringen?
Nutze Karteikartensysteme, Datenbanken und Online-Netzwerke, um einen Überblick über deine Kontakte zu behalten.
Nutze im Alltag möglichst viele Gelegenheiten, um den Kontakt mit interessanten Menschen zu pflegen – online und offline. Pflege deine Profile in den sozialen Netzwerken regelmäßig und versetze dich dabei in die Lage der Leser:innen. Achte dabei natürlich auch auf rechtliche Aspekte wie den Urheberschutz, wenn du zum Beispiel Bilder einstellst. Nimm dir auch Zeit, um Veranstaltungen zu besuchen, bei denen du passende Leute kennenlernen kannst – selbst wenn es manchmal vielleicht nervt und du mehr Lust auf einen gemütlichen Abend mit dem Freund oder der Freundin hast. Bereite dich, wenn möglich, gut auf solche Situationen vor und trau dich, die entsprechenden Personen tatsächlich anzusprechen.
Wenn du – online und offline – aktiv an Fachdiskussionen teilnimmst, kannst du dich in deinem Netzwerk als ExpertIn präsentieren.
Versuche, offen und authentisch zu sein. Stempel Andere nicht sofort ab, investiere aber auch nicht zu viel Energie in Menschen, die dich wirklich nicht interessieren und die dir wahrscheinlich nicht weiterhelfen können.
Versuche, nicht zu hohe Erwartungen zu haben und geduldig zu sein.
Sprich über deine Wünsche und Pläne und bring dich selbst aktiv ins Netzwerk ein, bevor du Andere konkret um Hilfe bittest.
Gewöhne dir an, interessante Kontakte direkt nach dem Kennenlernen in deine Adressbücher oder „Datenbanken“ einzupflegen – und bei passenden Gelegenheiten mal anzurufen oder eine Email zu schreiben. Halte dich im Kontakt mit Netzwerkpartner:innen an die allgemeingültigen Regeln des zwischenmenschlichen Miteinanders: Bitte andere zum Beispiel nur dann um Hilfe, wenn du sie wirklich brauchst. Überlege dir vorab genau, was du willst und kommuniziere dies deutlich, um niemandem unnötig Zeit zu rauben. Bedanke dich im Anschluss und sei aufmerksam für Möglichkeiten, dich zu revanchieren. Versetze dich im Zweifelsfall in die Situation deines Gegenübers, um abzuschätzen, wie die Art der Kontaktaufnahme, eine Bitte oder ähnliches aufgenommen werden könnten.
Lass dich nicht unterkriegen!
Vergiss nicht, dass deine Profile in den sozialen Medien auch von Dritten eingesehen werden können – womöglich auch von deinem nächsten potentiellen Arbeitgeber:innen, der oder die deinen Namen in eine Suchmaschine eingibt. Nutze deswegen mit Bedacht die Einstellungen zum Thema Privatheit und Datenschutz – und überlege, welche Inhalte du öffentlich preisgibst. Es liegt an dir, wie gläsern du bist.
5. Zum Weiterlesen
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Die Autorin dieses Artikels
Janna Degener studierte Germanistik und Ethnologie an der Freien Universität Berlin und verbrachte Auslandsaufenthalte in Costa Rica, Syrien, Frankreich und Tansania. Als freie Journalistin beschäftigt sie sich heute besonders mit Bildungs- und Verbraucherthemen. Mehr Infos zu ihr und ihrer Arbeit gibt’s unter jannadegener.wordpress.com
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 20.05.2015 erstmals veröffentlicht. Am oben angegebenen Datum wurde er (zuletzt) durch die Studis Online-Redaktion überarbeitet.