Modelle, Geschichte, KostenSemestertickets in Deutschland

Bundesländer im Detail
Auch wenn letztlich sogar in der selben Stadt an verschiedenen Hochschulen unterschiedliche Semestertickets möglich sind (oder auch gar keines, weil die Studierenden bzw. die Hochschule sich dagegen entschieden bzw. nie darum bemüht hat), gibt es doch oft auch mehr oder weniger große Gemeinsamkeiten in einem Bundesland. Daher stellen wir die Details der Semestertickets jeweils pro Bundesland in eigenen Artikeln dar.
Das Deutschlandticket bringt Neues: Im Sommersemester 2023 gibt es lediglich Übergangsregelungen von Semestertickets (und auch die leider nicht überall) – allerdings in der Regel nur beim jeweiligen lokalen Verkehrsverbund. Mittelfristig könnte ein günstigeres Deutschlandticket für Studierende an Stelle des nur lokal / regional gültigen Semestertickets treten. Allerdings sind noch viele Fragen ungeklärt und eine Einigung zwischen Bund, Ländern, Verkehrsverbünden und Studierendenvertretungen noch nicht erzielt. Es könnte leider auch zu bundeslandspezifischen Lösungen / Unterschieden kommen. Da die Pflege von 16 Bundeslandseiten dazu aktuell zu aufwändig wäre, finden sich aktuelle Beispiele für Übergangsregelungen und Gerüchte für die Zukunft gesammelt in folgendem Artikel:
Semestertickets – von klein bis groß
Das günstigste Semesterticket kostet gerade mal 18 €/Semester. Es ist das an der Hochschule Harz (Studienorte Halberstadt und Wernigerode) und gilt Vollzeit in der Verkehrs- und Tarifgemeinschaft Ostharz.
Umgekehrt zahlen die Studierenden an den Münchner Hochschulen (alle [?] staatliche, einige wenige private) schon 72 €/Semester im Sockelmodell und dürfen dafür nur abends ab 18 Uhr und am Wochenende im MVV fahren. Das Vollticket kostet dann noch 209,30 € extra pro Semester. Zusammen also 281,30 € – das teuerste Semesterticket.
In Nordrhein-Westfalen sind praktisch alle Semestertickets im gesamten ÖPNV des ganzen Bundeslandes gültig („Landes-Semesterticket“). Im jeweils lokalen Verbund gibt es oft zusätzliche Leistungen wie die Mitnahme einer weiteren Person abends und am Wochenende. Die Tickets werden im Solidarmodell finanziert, d.h. alle zahlen den vollen Preis und dürfen auch komplett fahren. Die Preise variieren leicht von Hochschule zu Hochschule, liegen aber jeweils um die 200 €/Semester. Nicht billig (und von allen zu zahlen), aber mit der „größten“ Leistung aller Semestertickets, da ganz NRW befahren werden kann und zwar mit Bus und Bahn (wie überall kein IC, EC, ICE oder Sonderzüge).
Was es sonst noch allgemein zu Semestertickets zu sagen gibt, folgt weiter unten nach den Links zu den Bundesland-spezifischen Infos.
Ein wenig Geschichte
Semestertickets gibt es erst seit den 1990er Jahren. Die Initiative ging im Grunde immer von Studierenden aus, die den jeweiligen AStA oder das Studentenwerk für die Realisierung gewinnen konnten und den Vertrag in der Regel per Urabstimmung von der Studierendenschaft bestätigen ließen. In einigen seltenen Fällen kam es dabei auch zu einer Ablehnung. Manchmal wurde später ein abgewandeltes Angebot doch angenommen.
An so mancher Hochschule war die Einführung des Semestertickets ein langer beschwerlicher Weg oder ist es immer noch. Die Interessengegensätze liegen auf der Hand: Viele Studierende nutzen den öffentlichen Nahverkehr, profitieren von dem Ticket und zahlen gerne den zusätzlichen Betrag. Andere, die es – aus welchen Gründen auch immer – nicht oder nur selten brauchen, müssen es zwangsweise mitfinanzieren ohne dadurch einen Vorteil zu haben. Wobei Härtefälle ja sogar berücksichtigt werden – weiter unten mehr dazu.
Der Widerstand gegen das Ticket ging sogar so weit, dass Verfassungsbeschwerde gegen die Einführung des Tickets beim Bundesverfassungsgericht erhoben wurde. Das Gericht hat der Beschwerde aber nicht stattgegeben (vgl. Pressemitteilung 114/2000 des BVerfG vom 30. August 2000). Dass es trotz dieser Entscheidung immer noch nicht an allen Hochschulen Semestertickets gibt, liegt häufig daran, dass Studierendenvertretung und Verkehrsbetriebe sich nicht auf konkrete Konditionen einigen können.
Studiausweis = Semesterticket? Nicht überall!
Oft zählt der Studierendenausweis auch als Semesterticket – in der Regel durch einen Aufdruck des Logos des Verkehrsverbundes auf dem Ausdruck für das jeweilige Semester.
Doch nicht überall ist das so. In Schleswig-Holstein beispielsweise müssen sich die Studierenden online registrieren und sich das eigentliche Semesterticket auf eine Smartphone-App laden – oder sich ein Papierticket zusenden lassen. Wer das vergisst und erwischt wird, muss Strafe zahlen wie jede:r ganz ohne Ticket …
Gültigkeit
Wie der Name schon sagt gilt ein Semesterticket immer für ein Semester. An Unis daher in der Regel von Oktober bis März (jeweils einschließlich) und von April bis September; an Fachhochschulen in der Regel jeweils ein Monat verschoben (September bis Februar / März bis August). Bei manchen Tickets beginnt die Gültigkeit evt. schon ein Monat früher, manchmal auch nur für Erstsemester.
Während in manchen (eher kleinen) Städten das Semesterticket lediglich den lokalen Nahverkehr der Stadt und vielleicht noch des angrenzenden Landkreises umfasst, ist sonst meist der gesamten regionale Verkehrsverbund nutzbar. In immer mehr Bundesländern gilt sogar eine landesweite Gültigkeit und teilweise sogar noch auf einzelnen Strecken darüber hinaus. Doch fast immer sind im lokalen / regionalen Bereich die Bedingungen besser (Fahrradmitnahme, weitere Personen am Wochenende mitnehmen etc.), was es aber oft auch ganz schön verwirrend macht. In Thüringen beispielsweise kann landesweit nur der Regionalverkehr der Bahn genutzt werden, im regionalen/lokalen Verkehrsverbund dagegen alle angebotenen öffentlichen Nahverkehrsmittel (Bus, Bahn, Straßenbahn, U-Bahn …).
Kostenaufteilung
Wegen der unterschiedlichen Situation an verschiedenen Orten und Hochschulen gibt es verschiedene Modelle des Semestertickets.
Sockelmodell
Hier zahlen alle Studierende einen relativ kleinen Betrag pro Semester, um das eigentliche Semesterticket günstiger zu machen. Dieses muss jedoch individuell dazugekauft werden.
Je nach Hochschulen gibt es für alle eine Abend- und Wochenendregelung, d.h. ab beispielsweise 19 Uhr (und bis oft 6 Uhr am Folgetag) sowie am Wochenende und an Feiertagen ganztägig darf der ÖPNV
Solidar-Modell
Das klassische Modell – und auch das, was die Tickets wirklich günstiger macht: Alle müssen zahlen, alle dürfen fahren. Da nie alle das Ticket stark nutzen, wird es so für alle deutlich günstiger. In größeren Bundesländern, in denen auch der ganze oder zumindest Bahn-Nahverkehr genutzt werden kann, ist das besonders eindrücklich. Wer in ganz Nordrhein-Westfalen als Nicht-Student:in den gesamten Nahverkehr nutzen wollte, müsste mehrere Tausend Euro für ein halbes Jahr ausgeben.
Juni bis August 2022: Semesterticket = 9-Euro-Ticket und für viele ein wenig Erstattung
Wer ein Semesterticket zur ganztägigen Nutzung des ÖPNV hat, für die oder den gilt dieses in den Monaten Juni bis August 2022 als 9-Euro-Ticket. Das bedeutet, es kann für den Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland genutzt werden. Und dort, wo das Semesterticket entsprechend viel kostet (fast überall), gibt es sogar eine Erstattung – wie genau hängt aber von den Vereinbarungen vor Ort ab.
Erstattung des Semesterticket-Beitrags in Härtefällen
Für besondere Härtefälle ist es in der Regel möglich, den Beitrag für das Semesterticket erstattet zu bekommen. Was genau als Härtefall anerkannt wird, unterscheidet sich im Detail. Bei schwerer Behinderung / längerer Krankheit, die die Nutzung unmöglich macht, ist aber eigentlich immer eine Erstattung möglich. Auch bei mind. 3 Monaten Abwesenheit vor Ort wegen Auslands- oder Praktikumssemester sollte etwas zu machen sein.
Unter Umständen gibt es noch räumliche oder soziale Gründe, die für eine Erstattung anerkannt werden. So ist bspw. beim Hamburger Semesterticket eine Erstattung möglich, wenn du höchstens zwei Kilometer vom Studienort entfernt wohnst. Doch selbst wenn du nah bei der Hochschule wohnst: Das Semesterticket lohnt sich für die meisten Studis schon allein für andere Fahrten, sei es am Wochenende oder am Abend.