Rund um den Numerus Clausus zulassungsbeschränkter Studiengänge gibt es viele Gerüchte. Wie funktioniert das Vergabeverfahren denn nun genau? Was ist der NC, wie kommen Grenznoten und Wartesemester zustande? Wir erklären es Schritt für Schritt. Gültig ist das folgende genau so nur an staatlichen Hochschulen.
1. Wann ist ein Studiengang zulassungsbeschränkt?
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Der Numerus Clausus: eigentlich die begrenzte Zahl der Studienplätze, oft fälschlich für die Grenznote verwendet.
Ein Studiengang ist nur dann zulassungsbeschränkt, wenn die staatliche Hochschule dies formal korrekt und rechtzeitig beschließt. Bei einem Mehrfachbachelor oder -master kann es sein, dass nicht alle Teilfächer zulassungsbeschränkt sind – aber eine Zulassung insgesamt erfordert, dass du für alle Teilfächer angenommen wirst.
Von Bundesland zu Bundesland gibt es leicht unterschiedliche Verordnungen oder Gesetze, die regeln, wie die Zahl der Studienplätze ermittelt werden müssen. Dabei spielt die Gesamtzahl der Professor*innen und sonstigen Lehrkräfte für den Studiengang, aber auch die Art des Studiengangs eine Rolle. Grob gesagt wird in den „Kapazitätsverordnungen (KapVO)“ (oder entsprechenden Gesetzen) geregelt, wie betreuungsintensiv ein Studiengang angesehen wird.
Wurde ein Studiengang nicht als zulassungsbeschränkt festgelegt, handelt es sich um ein zulassungsfreien Studiengang. Bei diesen muss die Hochschule tatsächlich jedeN BewerberIn aufnehmen, die oder der sich rechtzeitig um einen Studienplatz bewirbt und die formalen Voraussetzungen erfüllt. Hier sei nochmals betont: das gilt so nur für staatliche Hochschulen; wenn private Hochschulen von „zulassungsfrei“ sprechen, wollen sie damit meist nur betonen, dass die Abiturnote keine Rolle spielt, sondern eher die rechtzeitige Bewerbung.
Es kann auch zulassungsfreie Studiengänge mit Eignungsverfahren geben – hier ist die Zahl der Studienplätze zwar nicht begrenzt, allerdings werden nur BewerberInnen aufgenommen, die das Eignungsverfahren überstehen. Ein Eignungsverfahren an staatlichen Hochschulen hat in der Regel nicht das Ziel, nur eine bestimmte Zahl von BewerberInnen durchzulassen, sondern lediglich eine bestimmte Mindesteignung abzuprüfen. Als „härteste“ Variante gibt es zulassungsbeschränkte Studiengänge mit Eignungsverfahren. Hier kann es passieren, dass du zwar das Eignungsverfahren überstehst, aber am Ende dennoch keinen Platz erhälst, weil es zu viele BewerberInnen gab, die das Eignungsverfahren geschafft haben.
Gleich vorab: Begriffsverwirrungen und was du unbedingt wissen solltest
Der Begriff Numerus Clausus (NC, lateinisch für „geschlossene Zahl“) steht für die begrenzte festgelegte Zahl an Studienplätzen. Leider wird der Begriff NC oft fälschlicherweise für die Grenznote verwendet (und auch wir verwenden das teilweise so, auch wenn wir versuchen, das dann immer gleich zu erklären), die sich erst im Verlauf des Zulassungsverfahrens ergibt. Selbst wenn die Zahl der Studienplätze (also der „echte“ NC) im nächsten Jahr gleich hoch ist, hängt es ja auch von der Zahl der BewerberInnen und deren Notenschnitt ab, wie die Grenznote dann ausgehen wird.
Eine weitere Schwierigkeit: Viele Hochschule veröffentlichen zwar die Grenznoten bzw. Wartesemester der verschiedenen Quoten, aber nur die des Hauptverfahrens. Je nach Studiengang und Bewerberzahl gibt es aber teilweise fünf oder gar sieben Nachrückverfahren, bei denen die Grenzwerte natürlich noch etwas sinken. Am Ende hat also vielleicht doch ein schlechtere Grenznote bzw. etwas weniger Wartezeit für einen Platz gereicht.
Du darfst auch nicht nur auf die Grenznote der Leistungs- oder Abiturbestenquote schauen: Wie weiter unten erklärt wird, werden darüber nur ein kleiner Teil der Plätze vergeben. Insofern brauchst du dich nicht von dieser Grenznote abschrecken zu lassen, sondern solltest gleich schauen, wie denn die Grenzen der anderen Quoten aussehen.
Grundsätzlich gilt also, dass du aus den Grenzwerten der Vergangenheit nur Tendenzen ableiten kannst.
2. Bewerbungsfrist abgelaufen: Genug Plätze da?
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Genug Plätze da?
Gibt es nach Ablauf der Frist höchstens so viele BewerberInnen wie Plätze vorgesehen sind (siehe Bild), kann sich die Hochschule alle restlichen Schritte sparen – alle BewerberInnen erhalten einen Platz. Bleiben Plätze frei, kannst du evt. sogar noch nach Ablauf der Frist einen Platz erhalten, z.B. über ein Losverfahren kurz vor Beginn des Semesters oder einfach „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ (auch das muss aber natürlich rechtlich korrekt festgelegt und umgesetzt werden).
3. Zu viele BewerberInnen: Das Verteilungsverfahren beginnt mit einigen Sonderquoten
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Wer darf rein?
Die zur Verfügung stehenden Studienplätze werden nicht einfach unter allen BewerberInnen verteilt. Es gibt mehrere vorab festgelegte Quoten.
Zunächst werden einige Plätze für Sonderquoten freigehalten. Bei den bundesweit zulassungsbeschränkten Medizin- und Pharmazie-Studiengängen ist das einheitlich geregelt. Wie viele Plätze für welche Sonderquote freigehalten werden (und ob es die Sonderquote überhaupt gibt), unterscheidet sich von Studiengang zu Studiengang. Meist gibt es Plätze für Studierende aus dem Ausland (im Bild Stühle mit „A“) und ZweitstudienbewerberInnen („Z“); manchmal werden auch Studierende ohne schulisches Abitur (Qualifikation über Meister o.ä.) extra berücksichtigt.
Normalerweise werden insgesamt höchstens 5% aller Plätze für die erwähnten Sonderquoten vorgesehen. Schließlich werden auch besondere Härtefälle („Hf“) berücksichtigt, bei den bundesweiten Studiengängen können dafür bis zu 2% der Plätze verwendet werden. Oft werden die 2% aber gar nicht ausgeschöpft, da die Latte für die Anerkennung als Härtefall wirklich sehr hoch liegt.
4. Die drei großen Quoten: Abiturbeste, Wartezeit und Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH)
Die wenigen Plätze der Sonderquoten sind vergeben, jetzt kommen die großen Quoten.
Für die Masse der BewerberInnen geht es um die Plätze nach Abzug der Sonderqouten – der Einfachheit halber ist fast immer nur von ihnen die Rede. Bei lokalen Zulassungsbeschränkungen gibt es gelegentlich gar keine Sonderquoten. Es gibt die Abiturbestenquote (manchmal auch „Leistungsquote“ genannt - „L“ auf den Sitzplätzen im Bild), die Wartezeitqoute („W“) und schließlich noch das Auswahlverfahren der Hochschule (AdH - „H“).
Bei der Abiturbestenquote zählt wirklich nur die Note, sie wird durch Wartezeit nicht verbessert. Wenn mehrere BewerberInnen mit gleicher Abiturnote existieren, werden die mit mehr Wartezeit nach vorne gereiht. Auch beim AdH spielt die Wartezeit höchstens als Zweitkriterium eine Rolle.
Wartesemester mussten bisher nicht beantragt werden. Alle Semester seit Erhalt der Hochschulreife, in denen du nicht studiert hast, werden automatisch als Wartesemester angerechnet.
Beispiel: Wer das Abitur am 20. Juni 2019 erworben hat, bisher nicht studiert hat und sich für das Wintersemester 2020/2021 bewirbt, hat automatisch zwei Wartesemester (denn sie oder er hätte erstmals im Wintersemester 2019/2020 studieren können und hat das ebenso wie das Sommersemester 2020 ausgelassen).
Hast du im Ausland studiert, so kommt es darauf an: Für die zentral über hochschulstart.de vergebenen bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengänge Human-, Tier und Zahnmedizin sowie Pharmazie zählen diese Semester trotzdem als Wartesemester , bei lokal zulassungsbeschränkten Studiengänge wird in einigen Bundesländern kein Wartesemester vergeben, sofern im EU-Ausland studiert wurde.
Bei Medizin (Human-, Tier- und Zahnmedizin) gibt es ab dem Bewerbungsverfahren zum Sommersemester 2020 keine Wartezeitquote mehr. Bis zum Wintersemester 2021/22 fließen Wartesemester aber noch in das Verfahren ein (2020 bis zu 45% der möglichen Punkte, 2021 noch 30%), danach nicht mehr. Bei Pharmazie sind Wartesemester schon jetzt nicht mehr relevant. Die Details findest du im Artikel NC, Grenznoten und (noch) Wartesemester: Was bei der Bewerbung für Medizin zu beachten ist.
a. Abiturbestenquote (10-20% der Plätze; wird sie mit AdH zusammengelegt 80-90%)
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Die Plätze für die Abiturbesten sind belegt.
Begonnen wird mit der Abiturbestenquote: Alle BewerberInnen werden nach Ihrer Abinote (bzw. der Note für den Abschluss, der die Fachhochschulreife darstellte) sortiert. In unserem einfachem Beispiel im Bild geht alles gut auf: Es gibt zwei Plätze, die von BewerberInnen mit 1,0 und 1,1 besetzt werden. Der nächste Bewerber hat eine 1,5 und bekommt keinen Platz.
Wenn sich mehrere mit der gleichen Note um den letzten Platz streiten, müssen in der Regel die Wartesemester als Zweitkriterium herhalten. D.h. die BewerberInnen mit der gleichen Note werden nun absteigend nach Wartesemester einsortiert. Diejenigen mit den meisten Wartesemester kommen zuerst dran (siehe zur Illustration auch das Bild beim AdH weiter unten, ein Bewerber mit 2,7 und zwei Wartesemester bekommt einen Platz, ein anderer mit 2,7, aber nur einem Wartesemester nicht).
Geht es immer noch nicht auf (d.h. es sind noch zwei Plätze frei, aber es gibt drei oder mehr BewerberInnen mit gleicher Note und gleicher Zahl an Wartesemestern), so werden u.U. weitere Kriterien herangezogen.
Hilft alles nichts und gibt es mehr gleichrangige BewerberInnen als noch Plätze übrig sind, so wird zwischen diesen gelost.
b. Wartezeitquote (10-20% der Plätze)
bei Medizin/Pharmazie: Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ, 10% der Plätze)
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Die Plätze für die mit den meisten Wartesemestern werden vergeben.
Die keinen Platz über die Abiturbestenquote angeboten bekommen, werden erneut sortiert: Diesmal nach Zahl der Wartesemester – je mehr, desto besser. (Bei der ZEQ ist das anders – siehe bitte hier.)
Auch hier wird es wahrscheinlich nicht genau aufgehen, d.h. es werden irgendwann mehr BewerberInnen mit gleich vielen Wartsemestern „vor der Hürde“ stehen, aber nicht mehr genug Plätze für sie. Dann wird als Zweitkriterium die Abinote genutzt. Im Bild haben bspw. zwei BewerberInnen drei Wartesemester, aber nur für einen ist noch ein Platz. Dann wird der oder die mit der besseren Abinote den Platz erhalten.
Gibt es auch bei Berücksichtigung der Note noch zu viele Gleichrangige, wird meist unter diesen gelost. Manchmal werden aber auch noch diejenigen bevorzugt, die einen Dienst (Wehr- oder Zivildienst) geleistet haben oder es gibt andere Kriterien. So oder so: Reichen alle Kriterien nicht aus, um die Plätze genau zu vergeben, wird schließlich gelost.
c. Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH – meist 60% der Plätze)
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Beim Auswahlverfahren der Hochschule wird oft einfach nur die Abinote als Ordnungskriterium genutzt, reicht das nicht aus, kommt als Zweitkiterium die Wartezeit zum Tragen.
Die meisten Plätze werden über Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben. Grundsätzlich müssen auch bei diesen Verfahren die Abinote eine wichtige Rolle spielen, es können aber durch Tests, Sonderpunkte für Berufserfahrung oder stärkere Gewichtung der Noten bestimmter Schulfächer Veränderungen vorgenommen werden. Oft wird das Ergebnis dann nicht mehr als Note, sondern durch eine Verfahrenspunktzahl dargestellt, die den Nachteil hat, dass man vorab schwer einschätzen kann, auf welchen Wert man da wohl selbst kommt.
Vorsicht: Es gibt auch Hochschulen, die die Abiturnote bei Vorliegen bestimmter Qualifikationen leicht verbessern oder bspw. die Note eines bestimmten Leistungskurses stärker gewichten. Dann hat man vielleicht im Sinne dieses Verfahrens eine bessere Note als es der des Abizeugnisses entspricht.
Am häufigsten ist es aber so, dass die Hochschulen auch beim AdH einfach die unveränderte Abinote für die Sortierung verwenden. Nur bei Human-, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharmazie sind die Hochschulen gesetzlich gezwungen, weitere Kriterien einfließen zu lassen.
Alles weitere ist dann wie bei a. (Abiturbestenquote) dargestellt.
5. Platz annehmen
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Alle Plätze waren verteilt – aber nicht alle Plätze wurden angenommen. Es kommt zu einem (oder mehreren) Nachrückverfahren – oder gleich zum Losverfahren.
Damit die Zulassung wirklich zustande kommt, müssen die BewerberInnen, denen eine Zulassung angeboten wurde, diese innerhalb einer gewissen Frist annehmen … andernfalls haben sie keinen Anspruch mehr auf den Platz. Stattdessen würde der Platz dann in einem Nachrückverfahren anderen zur Verfügung gestellt.
In der Realität ist es übrigens so, dass bei den lokalen Zulassungsverfahren von vorn herein mehr Zulassungen vergeben werden, als Plätze zur Verfügung stehen („Überbuchen“). Erfahrungsgemäß nehmen immer ein gewisser Prozentsatz an BewerberInnen den Platz gar nicht an. Dabei muss die Hochschule aber trotzdem vorsichtig sein, damit nicht doch zu viele die angebotenen Plätze annehmen – in der Regel wird also zwar überbucht, aber so, dass danach trotzdem noch einige Plätze frei sein werden.
6. Nachrückverfahren
Die wieder frei gewordenen Plätze werden in einem oder mehreren Nachrückverfahren verteilt. Bei diesen werden in der Regel die selben Schritte angewandt, wie unter 4. beschrieben. Uns sind Verfahren mit bis zu sieben Nachrückverfahren bekannt.
Bei vielen Verfahren ist es notwendig, bei jedem Schritt explizit die weitere Teilnahme zu erklären. Ohne diese Bestätigung nimmt man sonst nicht mehr am Verfahren teil.
7. Optional: Vergabe der Restplätze durch Losverfahren
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Verfahren abgeschlossen, aber doch noch / wieder Plätze frei? Viele Studiengänge setzen dann auf ein Losverfahren.
Irgendwann beginnen die Vorlesungen – es können also nicht unbegrenzt Nachrückverfahren durchgeführt werden. Vor allem sind von den ursprünglichen BewerberInnen immer weniger überhaupt noch dabei.
Daher werden kurz vor oder nach Vorlesungsbeginn die freien Plätze verlost. Hierfür muss man sich erneut bewerben (d.h. insbesondere die Hochschulreife nachweisen), kann aber in der Regel sogar dann teilneihmen, wenn man im urspünglichen Verfahren gar nicht drin war. Das ist zwar einerseits eine Chance, auch ohne Wartezeit und schlechter Note kurzfristig noch ein Platz zu bekommen. Bei den richtig beliebten Studiengängen sind aber so nur sehr wenige Plätze zu vergeben und trotzdem viele BewerberInnen im Lostopf.
Die offizielle Restplatzbörse für zulassungsbeschränkte Studiengänge staatlicher Hochschulen ist unter freie-studienplaetze.de zu finden, sie öffnet immer kurz nach Ende der regulären Bewerbungsfristen. Auch wenn bei zulassungsbeschränkten Studiengängen weniger Bewerbungen eingingen als Plätze vorhanden sind, werden diese manchmal so zur Verfügung gestellt.
Hinweis zu den hier beworbenen Studienangeboten Studis Online bietet den Hochschulen die Möglichkeit, ihre Studienfächer gegen ein Entgelt mit ausführlicheren Informationen als den von uns recherchierten Basisinformationen vorzustellen.