Vorgehen, Rechte und Pflichten bei Studiengangs-KündigungenPrivate Hochschule kündigen

Private Hochschulen können Studierenden möglicherweise Vorteile wie kleinere Gruppen, individuelle Betreuung und spezialisierte Studienangebote bieten. Doch es kann vorkommen, dass ein Studienvertrag mit einer privaten Hochschule gekündigt werden soll – sei es aufgrund von persönlichen Gründen, beruflichen Veränderungen oder Unzufriedenheit mit dem realen Studienangebot.
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und wichtigen Aspekte, die bei der Kündigung eines Studienvertrags an privaten Hochschulen in Deutschland zu beachten sind. Sie ersetzen jedoch im Zweifel keine rechtliche Beratung!
1. Kurz & Knapp
Eine ordentliche Kündigung ist meist nur unter Einhaltung der vertraglich festgelegten Fristen möglich. Eine außerordentliche Kündigung ist jederzeit möglich, es muss aber ein wirklich wichtiger Grund vorliegen, was genau geprüft werden sollte.
Das variiert je nach Hochschule und Vertrag. Häufig liegt die Kündigungsfrist bei einem bis drei Monaten zum Semesterende. Mindestvertragslaufzeiten von sechs bis zwölf Monaten sind möglich.
Eine außerordentliche Kündigung kann möglich sein beispielsweise bei Krankheit, finanziellen Problemen oder wenn die Hochschule wesentliche vertragliche Leistungen nicht erfüllt. Sie sollte dennoch nicht überhastet erfolgen, denn der wichtige Grund muss nachgewiesen werden können und wirklich wichtig im Sinne des Gesetzes sein.
Oft gibt es keine Rückzahlung bereits gezahlter Beiträge. Auch kann es eventuell noch Restforderungen für das laufende Semester geben.
Nicht immer. Laut einem Gerichtsurteil dürfen Fristen Studierende nicht unangemessen benachteiligen. Wann das der Fall ist, kann leider manchmal nicht 100% klar beantwortet werden.
2. Rechtliche Grundlagen
Private Hochschulen schließen mit ihren Studierenden in der Regel sogenannte Studienverträge ab. Diese Verträge regeln die Rechte und Pflichten beider Parteien und unterscheiden sich von den Regelungen öffentlicher Hochschulen. Solche Studienverträge fallen zumeist unter das Zivilrecht und können somit frei zwischen den Parteien gestaltet werden – solange sie nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen.
Wichtige rechtliche Grundlagen sind:
§ 626 BGB: Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund
§ 314 BGB: Außerordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen
Verbraucherrechte im Rahmen von Dienstleistungsverträgen (z. B. Widerrufsrecht bei Vertragsabschluss im Fernabsatz)
„Fernabsatz“ bezeichnet im deutschen Recht Verträge, bei denen Verkäufer und Käufer ausschließlich über Fernkommunikationsmittel miteinander kommunizieren, ohne dass sie sich persönlich treffen (z.B Online oder telefonisch).
Der Studienvertrag enthält in der Regel Regelungen zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung sowie zu den Kündigungsfristen.
3. Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung erfolgt meist unter Einhaltung einer vertraglich festgelegten Kündigungsfrist. Diese kann variieren, häufig liegt sie bei ein bis drei Monaten zum Ende eines Semesters. Entscheidend ist, dass die Kündigungsfristen im Vertrag klar geregelt sind. Fehlen solche Regelungen, gelten die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen für Dauerschuldverhältnisse. Beachte auch: Im Vertrag ist oft eine Mindestvertragslaufzeit verankert, die meistens zwischen sechs und zwölf Monaten liegt. Das ist rechtlich in Ordnung, muss aber fair und transparent gestaltet sein. Studierende sollten darauf beim Vertragsabschluss genau achten.
Wie kann ich einen Vertrag ordentlich kündigen?
Studienvertrag prüfen: Welche Kündigungsfristen und -bedingungen sind festgelegt?
Kündigung schriftlich einreichen: Eine schriftliche Kündigung mit eigenhändiger Unterschrift ist oft vorgeschrieben.
Kündigungsbestätigung einfordern: Eine schriftliche Bestätigung der Hochschule gibt Rechtssicherheit.
4. Außerordentliche Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung ist grundsätzlich möglich, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Dabei handelt es sich um einen juristischen Fachbegriff, der nicht eindeutig definiert ist, jedoch in der Praxis eher streng ausgelegt wird. Die vorgebrachten Gründe müssen daher tatsächlich von erheblichem Gewicht sein.
Mögliche Gründe:
Gesundheitliche Umstände: z. B. Krankheit, die ein weiteres Studium unmöglich macht.
Mangelnde Leistung der Hochschule: z. B. erhebliche Abweichungen vom vertraglich zugesicherten Studienangebot. Entscheidend ist dabei, was im Vertrag festgehalten wurde – nicht etwa Angaben auf der Website oder in Werbebroschüren.
Gravierende finanzielle Schwierigkeiten: z.B Privatinsolvenz. Nur anzugeben, zahlungsunfähig zu sein, wird i.d.R nicht ausreichen.
Aber Achtung: Eine außerordentliche Kündigung bedeutet nicht automatisch die Exmatrikulation. Deine Kündigung muss zunächst geprüft werden und die Auslegung der einzelnen Kriterien ist sehr rigide.
Wie kann ich einen Vertrag außerordentlich kündigen?
Gründe dokumentieren: Nachweise wie ärztliche Atteste, E-Mails oder andere Belege sammeln.
Kündigung begründen: Eine detaillierte Begründung der Kündigung ist erforderlich.
Rechtsbeistand konsultieren: Bei Uneinigkeiten mit der Hochschule kann ein Anwalt helfen.
5. Widerruf des Vertrags
Falls der Studienvertrag im Fernabsatz (z. B. online) abgeschlossen wurde, besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss. Ein Widerruf ist formlos möglich, sollte aber schriftlich erfolgen.
Ausnahmen: Das Widerrufsrecht erlischt, wenn die Hochschule mit ausdrücklicher Zustimmung des Studierenden mit der Leistungserbringung (z. B. Teilnahme an Vorlesungen) begonnen hat.
6. Mögliche Kosten bei der Kündigung
Bei der Kündigung eines Studienvertrags können Stornogebühren oder Restzahlungen anfallen, insbesondere wenn die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wird. Es ist wichtig, die entsprechenden Regelungen im Studienvertrag zu prüfen.
Typische Szenarien sind:
Keine Rückerstattung bereits gezahlter Semesterbeiträge.
Einforderung von Restbeträgen für das laufende Semester.
Mögliche Einigungsoptionen: Manchmal lassen sich Kulanzregelungen oder Zahlungspläne verhandeln.
7. Praktische Tipps für die Kündigung
Frühzeitig handeln: Informiere dich rechtzeitig über die vertraglichen Regelungen.
Kommunikation suchen: Ein Gespräch mit der Hochschule kann Missverständnisse klären oder eine gütliche Lösung ermöglichen.
Dokumentation sichern: Alle Schriftwechsel und Dokumente gut aufbewahren.
Unterstützung einholen: Bei rechtlichen Fragen oder Konflikten kann ein Anwalt für Vertragsrecht helfen.
8. Beispiele für Kündigungen privater Hochschulen
International University IU (Fernstudium)
Nach Deiner Immatrikulation kannst Du unser Fernstudium vier Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen. In dieser Zeit stehen Dir alle Angebote und Services der IU zur Verfügung. Sollte das Fernstudium bei uns doch nicht das Richtige für Dich sein, kannst Du innerhalb dieser vier Wochen kostenfrei kündigen. Wenn Dir Dein Studium gefällt, studierst Du nach Ablauf der Testphase einfach weiter. In diesem Fall gilt Dein erster Monat als regulärer und kostenpflichtiger Studienzeitraum. Wir buchen die Gebühren dafür erst nach Ende der Testphase ab.
Deine genaue Kündigungsfrist nach dem Probemonat und im ersten Semester entnimmst Du den AGB Deines Vertrages. Ab dem zweiten Semester steht es Dir frei, jederzeit mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen (jeweils zum Ablauf eines vollen Monats, bezogen auf den Vertragsbeginn).
FOM
Sie können den Studienvertrag mit der FOM zum Ende eines Studiensemesters mit einer Frist von sechs Wochen kündigen. Zum Kündigungsverfahren und zu ggf. anfallenden Kosten informiert Sie die Studienberatung der FOM.
Hochschule Fresenius
Nur durch die ordentliche Exmatrikulation erhalten Sie einen Nachweis über die Dauer Ihres Studiums sowie eventuell erbrachte Prüfungsleistungen. Des Weiteren müssen Sie Ihre Krankenkasse darüber informieren, dass Sie nicht mehr studieren, da Sie nach dem Abbruch keinen Anspruch mehr auf einen Studierendentarif haben. Beziehen Sie BAföG oder eine andere Förderung, müssen Sie Ihren Studienabbruch dort ebenfalls melden.
Die ersten vier Wochen (28 Tage) nach deinem Studienbeginn genießt du dein unverbindliches Probestudium. Hier hast du jederzeit die Möglichkeit, den Vertrag ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Die Widerrufsfrist wird gültig ab dem Tag, an dem du das erste Studienmaterial erhalten hast.
Nach Ablauf des Probemonats ist eine Kündigung frühestens zum Ende des sechsten Monats nach deinem Vertragsbeginn mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen möglich. Danach kannst du den Vertrag jederzeit mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen.
9. Unwirksamkeit von Klauseln
Es ist immer ratsam, sich den Studienvertrag genau durchzulesen und im Zweifel rechtlich prüfen zu lassen.
In einem Urteil von 2019 hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden, dass eine Kündigungsregelung in Studienverträgen privater Hochschulen Studierende nicht unangemessen benachteiligen darf (Az. 2 U 273/19). Im konkreten Fall ging es um eine private Design-Hochschule, bei der Studierende ihr Studium jeweils nur zum Ende eines Studienjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen konnten – also beispielsweise bis zum 31. Mai für ein Studienjahr, das am 31. August endete.
Das Gericht stellte jedoch fest, dass diese Klausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt und damit unwirksam ist. Grund: Studierende müssten sich bereits vor Bekanntgabe der Ergebnisse ihrer Abschlussprüfungen entscheiden, ob sie das Studium fortsetzen wollen oder nicht. Dies sei ihnen nicht zuzumuten, denn gerade die Prüfungsergebnisse seien eine wichtige Grundlage für die Entscheidung, ob eine berufliche Neuorientierung notwendig ist.
Das wirtschaftliche Interesse der Hochschule an Planungssicherheit müsse in diesem Fall hinter dem grundrechtlich geschützten Interesse der Studierenden an freier Berufswahl und Ausbildungsgestaltung zurücktreten, so das OLG. Es sei unzumutbar, dass Studierende bei schlechten Prüfungsergebnissen oder einem Durchfallen weiter ein volles Jahr Studiengebühren zahlen müssten, obwohl sie sich eigentlich neu orientieren wollen.
Die Folge: Der betroffene Studienvertrag galt nach der rechtzeitigen Kündigung der Beklagten zum 31. August 2017 als beendet. Weitere Studiengebühren waren nicht mehr zu zahlen.
10. Fazit
Die Kündigung eines Studienvertrags an einer privaten Hochschule ist mit bestimmten Fristen, Bedingungen und möglichen Kosten verbunden. Eine gründliche Prüfung des Vertrags sowie die Einhaltung der formalen Anforderungen sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. Wer sich unsicher ist, sollte rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um seine Rechte optimal wahrzunehmen.