Wer, wann, wie zur Energiepreispauschale200 Euro Einmalzahlung für Studierende

Von Oliver Iost
1. Einmalzahlung – um was geht es genau?
Als Ergebnis des Koalitionsauschusses der aus SPD, Grünen und FDP bestehenden Bundesregierung wurde am 4. September 2022 ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Alle Maßnahmen, von denen auch Studierende – jedenfalls manche – profitieren können, können in Was die Entlastungspakete für Studierende bieten nachgelesen werden (dort haben wir neben den Maßnahmen des dritten Entlastungspaketes auch die vom ersten und zweiten gesammelt). Hier im Artikel geht es nur um die Einmalzahlung für Studierende von 200 €.
Das Bundesbildungsministerium hat erstmal länger – vielleicht zu lange – nach Möglichkeiten gesucht, wie das Geld ohne Antrag ausgezahlt werden könnte. Dabei war eigentlich schnell klar, dass von vielen Studierenden und Schüler:innen eben keine Bankdaten vorliegen und daher ein Antrag unumgänglich sein wird.
Als Gesetz wurden die 200 € dann erst am 1. Dezember gegen 10:30 Uhr vom Bundestag verabschiedet. Das Gesetz regelt aber wenig Details und schiebt diese auf die Länder ab. Was diesen nicht gefällt und an einigen Stellen auch wirklich wenig sinnvoll erscheint.
Am 16.12.2022 beschäftigte sich der Bundesrat mit dem Thema. Die dazuvorgelegte Drucksache erläuterte die Kritik der Länder und empfahl, den Vermittlungsausschuss anzurufen und damit das Gesetz zu bremsen. Darauf haben die Länder dann doch verzichtet und das Gesetz durchgewunken – allerdings musste der Bund die Zusage machen, die Auszahlung doch selbst zu übernehmen. Offen bleibt dennoch noch einiges, es wird also noch dauern. Aktuelle Infos siehe Viel heiße Luft für wenig Energie: Länderkammer gibt grünes Licht für 200-Euro-Zuschuss.
Am 1. Februar wurden in einem Artikel der WELT weitere Details genannt, auf die wir weiter unten genauer eingehen.
Nichts mehr verpassen – z.B. wie es mit den 200 € weitergeht!
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2. Wer genau soll die 200 € Einmalzahlung für Studierende und (Berufs-)Fachschüler:innen erhalten?
Das EPPSG bezieht sich bei der Definition der berechtigten Personen auf das Bundesausbildungsförderungsgesetz, in dem in § 2 die verschiedenen Ausbildungsstätten aufgeführt sind. Für die Energiepreispauschale qualifizieren sich aber nicht alle dort aufgeführten Ausbildungsstätten, sondern nur einige davon.
Der Bezug auf das BAföG beschränkt sich auf die Definition der Ausbildungsstätten (Hochschulen und Schulen) im Inland, an denen die zu Fördernden am 1. Dezember 2022 zum Studium immatrikuliert bzw. zur Ausbildung angemeldet sein müssen, um die Zahlung zu bekommen. Die Pauschale erhalten demnach Studierende an Hochschulen (BAföG § 2 Abs 1 Satz 1 Nr. 6), Akademien und Höhere Fachschulen (Nr. 5) sowie Schüler:innen an Fachschulen (Nr. 3 mit Ausnahme der Fachoberschulen) und Bildungsgängen von mindestens zweijähriger Dauer an Berufsfachschulen mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses (Nr. 2.
Da sie nicht explizit ausgeschlossen sind, können auch Teilzeitstudierende, Studierende im dualen, berufsbegleitendem Studium oder auch Fernstudium, ausländische Studierende und sogar diejenigen, die zurzeit ein Urlaubssemester machen, den Zuschuss erhalten. Anders als im ersten Entwurf vorgesehen, können auch Promotionsstudierende die Pauschale bekommen. Ausgeschlossen werden lediglich Personen, die ausschließlich als Gasthörer:in oder Gaststudierende:r an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sind.
Wer am 1. Dezember temporär im Ausland studiert oder eine Schule besucht, währenddessen aber weiter an der Hochschule / Schule im Inland immatrikuliert / angemeldet ist, wird den Zuschuss erhalten können. Ausgeschlossen sind explizit alle, die das Studium komplett im Ausland absolvieren und eben nicht in Deutschland immatrikuliert sind.
Wir hatten nach Bekanntwerden des ersten Entwurfs auf die Schwierigkeiten hingewiesen (auch per Mail ans BMBF und die hochschulpolitischen Sprecher:innen der Koalitionsparteien), die sich für die Prüfung der Anträge ergeben, weil vorgesehen ist, dass „Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt“ in Deutschland bestehen müssen. Das würde einige wenige ausschließen, aber bedeuten, dass bei allen der Wohnsitz / Aufenthalt geprüft werden muss. Leider wurde diese Erfordernis nicht gestrichen – nur in der BMBF-FAQ wird dieser „Haken“ nicht erwähnt. Ausgeschlossen sind also alle, die dauerhaft im Ausland wohnen und leben und ein Fernstudium an einer deutschen Hochschule machen oder als Grenzpendler:innen eine deutsche Hochschule besuchen (oder jeweils Fachschule etc.).
3. Wann wird die Einmalzahlung ausgezahlt? Wo und wie wird sie beantragt?
Das nötige Antragstool ist noch in Arbeit, aber offenbar sollte es – Stand Anfang Februar 2023 – bis zur Fertigstellung nicht mehr lange dauern. Federführend zuständig ist das Land Sachsen-Anhalt, dass sich auch schon um bafög-digital.de kümmert und gewisse Erfahrungen haben sollte. Laut dem oben schon erwähnten WELT-Artikel soll das Portal unter Einmalzahlung200.de erreichbar sein (wir haben hier bewusst noch keinen Link gesetzt, es funktioniert noch nicht).
Es ist leider auch nicht unwahrscheinlich, dass die Antragstellung am Anfang kaum funktionieren wird, weil die Server unter dem Ansturm immer wieder zusammenbrechen. Immerhin soll man bis 30. September 2023 Zeit haben, den Antrag zu stellen.
Für den Antrag werden laut der aktuellen Berichterstattung zwei Dinge notwendig sein:
BundID (die soll man laut Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger am besten schon jetzt beantragen)
Allerdings ist noch die Frage, ob die Variante mit elektronischem Identitätsnachweis notwendig sein wird oder ob eine einfache Anmeldung mit Username und Passwort reichen wird. Mit ersterer dürfte man auf der sicheren Seite sein.Zugangscode plus Pin von der eigenen Hochschule bzw. Schule
Die große Frage – wenn denn die Antragsplattform endlich online geht – ist aber, wie schnell Hochschulen und Schulen es schaffen werden, die Zugangscodes/Pins zu verteilen. Ist auch nicht ganz trivial …
Trotzdem hält die Bundesbildungsministerin offenbar weiterhin daran fest, dass erste Auszahlungen noch „im Winter stattfinden“ sollen. Das ist sportlich, der Winter endet kalendarisch am 19. März.
4. Warum …
Dass es Bedarf an Hilfen gibt, dürfte unbestritten sein. An den ersten beiden Entlastungspaketen gab es gerade aus Studierenden-Kreisen Kritik, dass die Studierenden vergessen würden. Es gab zwar die eine oder andere Maßnahme, von der manche Studierende profitieren konnten, aber eben nur eher wenige.
Nun also einfach 200 € für alle. Einerseits schön, dass „die Studierenden“ als Gruppe vorkommen. Andererseits doch eine ziemlich Gießkannen-Förderung, denn natürlich gibt es auch Studis, denen es finanziell trotz allem nicht besonders schlecht geht. 200 € mal ca. 3 Millionen Studis sind aber schon mal 600 Millionen Euro, die so draufgehen.
Doch würde beispielsweise nur das BAföG aufgestockt, würden aktuell über 85% der Studierenden unberücksichtigt bleiben. Das BAföG deutlich auszuweiten wäre deutlich teurer als die nun zu veranschlagenden 600 Millionen – vor allem wäre das ja eher auch auf Dauer anzulegen.
Manche:r hat sich auch daran gestört, dass es für Rentner:innen 300 € Einmalzahlung gibt und für Studis nur 200 €. Bei Rentner:innen ist die Zahlung steuerpflichtig, was die Differenz zumindest bei Rentner:innen mit hohen Einkünften schmälert. Trotzdem zeigt das, dass bei Studierenden irgendwie doch immer angenommen wird, sie hätten es nicht ganz so nötig … doch es gibt eben auch genug Studis ohne familiäre Unterstützung, die alleine wohnen (müssen). Aber die sind gar nicht so leicht gesondert zu erreichen.
Weil 200 € doch nicht so viel sind – und vielleicht auch, weil die Auszahlung dieser gar nicht so einfach ist – hat die Bundesregierung übrigens schon am 28. September 2022 den Heizkostenzuschuss II auch für BAföG-Empfänger:innen vorgesehen.
5. Reaktionen auf die die 200 € Einmalzahlung an Studierende
Am 19. Oktober hatte der Bundestag übrigens Anträge zur Unterstützung von Studierenden in der Krise abgelehnt. Was sich dramatisch anhört, aber nichts daran ändert, dass die angekündigten Hilfen kommen werden (offen bleibt noch das wann). Abgelehnt wurden Anträge der Opposition. Dass die CDU/CSU in einem Antrag forderte, die 200 € müssten bis 15. November ausgezahlt werden, war vor allem Show, denn konkrete Ansätze, wie das organisiert werden soll, enthielt der Antrag nicht. Insofern konnte die Regierungskoalition gar nicht anders, als den Antrag abzulehnen, denn ein Datum zu beschließen, was nicht zu halten ist, macht natürlich keinen Sinn. Der Antrag der Linken wiederum enthielt zwar kein konkretes Datum, aber auch einige weitergehende Forderungen wie kostenfreien ÖPNV für Schüler:innen, Auszubildende und Studierende und BAföG als Vollzuschuss. Das war der Regierungskoalition (oder jedenfalls Teilen davon) auch zu viel und wurde daher ebenso abgelehnt.
Die ersten Reaktionen Anfang September waren wie folgt:
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) begrüßte in einer Pressemitteilung, „[D]ass die Bundesregierung alle rund 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland explizit als Gruppe nennt und sie mit einer Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro unterstützen will, […]“. Weiter betonte Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks: „Die Einmalzahlung muss nun möglichst rasch auf den Konten der Studierenden ankommen. Gerade die mehr als 60% der Studierenden, die auf dem freien Wohnungsmarkt leben, brauchen die 200 Euro so schnell es geht.“
Anbuhl führte aber auch noch aus, dass die Einmalzahlung nicht reicht: „Die Bundesregierung sollte in ihren Bemühungen, die Studierenden insgesamt zu unterstützen, nicht nachlassen. Zum Sommersemester 2023 wird es zudem darauf ankommen, nach dem Vorbild Österreichs die BAföG-Sätze der Inflation anzupassen und anzuheben und einen jährlichen Inflationsausgleich im BAföG zu verankern.“
Der freie zusammenschluss von student:innenschaften (fzs) übte deutliche Kritik. Schon der Titel der Pressemitteilung, „200 €? Tropfen auf dem glühend heißen Stein!“ deutete das an. Und so geht es weiter: „Die von der Koalition geplante Einmalzahlung von 200 € für Studierende sowie Fachschüler*innen ist ein netter Versuch Studierende abzuspeisen, wird jedoch der erschreckenden Realität sowie der strukturellen Armut und massiven Teuerungen nicht gerecht.“
Rahel Schüssler aus dem Vorstand des fzs führt weiter aus: „Es zeigt sich immer wieder, eine Strukturreform des BAföGs ist dringend notwendig! Die Versäumnisse der letzten und aktuellen Regierung werden auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen. Armut und Leid wird hier bewusst in Kauf genommen, was an und für sich schon ein Skandal ist. Die vor der Krise schon geringen BAföG-Sätze müssen drastisch erhöht werden, der Gefördertenkreis muss sich massiv erweitern. Kleine Anpassungen helfen hier niemandem, auch ein Notfallmechanismus ist immer noch überfällig.“