6. Hilfe für Studierende: Zwei Fragen an den Experten
Prof. Dr. Rainer M. Holm-Hadulla ist ärztlicher Leiter der Psychotherapeutischen Beratungsstelle (PBS) des Studentenwerks Heidelberg
DSW-Journal: Welches sind derzeit die brennendsten Probleme, mit denen die Studierenden in Ihre Beratung kommen?
Holm-Hadulla: Die Probleme sind – wie auch schon in den vergangenen Jahren – Arbeitsschwierigkeiten, Prüfungsängste, Überforderung und Stress. Darüber hinaus kommen Studierende mit den klassischen Problemen wie depressive Verstimmungen, mangelndes Selbstwertgefühl und Beziehungsprobleme zu uns. Auffällig ist, dass die Klientenzahl in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen ist. Das mag viele Gründe haben – eines ist aber sicher: Die psychologische und psychotherapeutische Beratung ist heute wesentlich akzeptierter als noch vor einigen Jahren. Aufgrund dieser Akzeptanz kommen die Studierenden wesentlich früher zu uns und warten nicht, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.
DSW-Journal: Was halten Sie von der studentischen Initiative „Nightline – das Zuhörtelefon“ und wie schätzen Sie deren Bedeutung für die Studierenden ein, die dort anrufen?
Holm-Hadulla: Ich halte „Nightline“ für eine sehr wichtige studentische Initiative. Deshalb hat das Studentenwerk Heidelberg „Nightline“ – insbesondere in der Gründungs- und Anfangsphase – auch unterstützt. Es rufen dort Studierende an, die die Hilfe professioneller Fachleute (noch) nicht in Anspruch nehmen wollen oder können.
Vermehrt gibt es Studierende, die ihre Zimmer nicht mehr verlassen, vereinsamen oder an Internetsucht leiden – oft unbemerkt von ihrer Umgebung. Man weiß, dass 20 bis 25 Prozent der Studierenden unter erheblichen psychischen Problemen leiden und nur etwa die Hälfte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Manche Studierende greifen eher zum Telefonhörer und rufen die „Nightline“ an, als dass sie in unsere Sprechstunde kommen.
Insofern ist „Nightline“ eine wertvolle Ergänzung der professionellen Beratungsarbeit der psychologischen Beratungsstelle des Studentenwerks und gleichzeitig Ansporn für uns, neue niedrigschwellige Angebote für ratsuchende Studierende zu entwickeln. Ab dem Wintersemester 2008/2009 wollen wir deshalb unser Expertenwissen verstärkt via Internet-Beratung interessierten Studierenden zur Verfügung stellen. Denn professionelle Hilfe ist durch das Angebot von „Nightline“ natürlich nicht zu ersetzen.
Redaktionelle Ergänzung: Die angesprochene
Internet-Beratung der PBS des Studentenwerk Heidelbergs gibt es tatsächlich.