Studienplatzklage – Kosten, Fristen, Erfolgsaussichten

Wer eine Studienplatzklage führt, sollte sich mit dem Hochschulrecht auskennen.
1. Häufig gestellte Fragen
Bei einer Studienplatzklage versucht man, einen Studienplatz zu erhalten, obwohl man weder die nötige Wartezeit noch den Abiturschnitt (plus evt. weitere Kriterien) aufweist. Man beantragt direkt bei einer Hochschule einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität und lässt dies bei Ablehnung der Hochschule gerichtlich überprüfen – in der Regel mit Hilfe eines Rechtsanwaltes.
Je nach dem, wie viele Verfahrensschritte man gehen möchte und ab wann man einen Rechtsanwalt hinzuzieht (für die ersten Schritte nicht zwingend notwendig), können die Kosten zwischen 50 Euro und weit über 1000 Euro betragen. Wird gleich gegen mehrere Hochschulen geklagt, kann man sogar eine fünfstellige Summe ausgeben.
Je nach Bundesland und Art der Klage kann es sein, dass man schon früh tätig werden muss – insbesondere wenn man einen außerkapazitären Hochschulantrag für einen über Hochschulstart vergebenen Studiengang stellen will. Ein solcher Antrag ist in mehreren Bundesländern zu einer bestimmten Frist einzureichen.
2. Grundvoraussetzungen für eine Studienplatzklage
Vorab: Wer über hochschulstart.de (früher ZVS) einen Studienplatz in Medizin (Human, Tier- oder Zahnmedizin) oder Pharmazie erhalten hat, nur nicht im gewünschten Ort, der/die hat so gut wie keine Möglichkeit, dagegen mit einer Klage vorzugehen. In solchen Fällen kann eher ein Studienplatztausch helfen.
Wenn die eigene „normale“ Bewerbung wegen Formfehler (nicht fristgerechte oder unvollständige Einreichung) abgelehnt wurde, ist eine Klage dagegen ebenfalls so gut wie aussichtslos. In solchen Fällen solltest du es im nächstmöglichen Semester nochmal mit einer korrekten Bewerbung versuchen.
Worum es bei einer Studienplatzklage geht, ist der Versuch, einen Studienplatz zu erhalten, obwohl du weder die nötige Wartezeit (für Medizin nur noch bis 2021 relevant; bei Pharmazie schon aktuell nicht mehr) noch den Abiturschnitt (plus evt. weiterer Kriterien) aufweist, mit dem du im geregelten Verfahren einen Platz erhalten würdest.
Es gibt daher BewerberInnen, die sowohl versuchen, über das reguläre Verfahren einen Platz zu erhalten, als auch klagen, für den Fall, dass es „normal“ nicht reichen sollte.
Ganz allgemein hat eine Klage direkt gegen hochschulstart.de wenig Sinn. Die Vergabeverfahren über hochschulstart.de wurden aufgrund zahlreicher Gerichtsentscheidungen inzwischen so ausgestaltet, dass eine Anfechtung eines Ablehnungsbescheides praktisch keine Erfolgsaussichten mehr bietet.
Angriffspunkt sind dagegen direkt die Hochschulen. Du beantragst direkt bei einer Hochschule einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität („außerkapazitärer Hochschulantrag“) und lässt dies bei Ablehnung der Hochschule gerichtlich überprüfen. Dafür greifst du in der Regel auf die Hilfe eines Rechtsanwaltes zurück, da diverse Formalia zu beachten sind. Es ist aber durchaus auch ohne Rechtsanwalt möglich. Dieser Weg steht ebenso offen, wenn die Hochschule selbst das Vergabeverfahren durchführt (Hochschul-NC). Achtung: Zum Teil musst du derartige Anträge bereits bis zum regulären Bewerbungsschluss stellen.
Doch noch einen Studienplatz „gefunden“?

Ist doch noch ein Platz frei?
Bei einer Klage muss die Hochschule begründen, warum sie tatsächlich keine Kapazitäten mehr hat, um die/den StudienbewerberIn aufzunehmen. Die Hochschule muss dabei nachweisen, dass sie ihre aufgrund der landes- und bundesrechtlichen Vorschriften berechneten Studienplatzkapazitäten voll ausgeschöpft hat.
Kann sie das nicht ausreichend belegen, kannst du doch noch einen Platz erhalten. Das kann durchaus vorkommen, weil z.B. im Nachrückverfahren nicht mehr alle Plätze vergeben wurden, weil einige Bewerber abgesagt haben o.ä. und die Hochschule sich gespart hat, das Verfahren immer weiter zu treiben.
Bei den sehr begehrten Studienplätzen (insbesondere Medizin) ist es allerdings meist so, dass es mehr KlägerInnen gibt, als sich schließlich noch Plätze auftun. Dann entscheidet das Los – und einige gehen endgültig leer aus. Im Grunde nimmst du dann auch bei einer Klage nur an einer 🎰 Lotterie teil – wie hoch die Gewinnquote ist, hängt von der Beliebtheit der Hochschule/Stadt ab.
Bei einem Master-Studiengang (aber auch bei lokalen Zulassungsbeschränkungen in Bachelor-Studiengängen) kann es noch andere Angriffspunkte für eine Klage geben als den gerade angedeuteten. Umso mehr empfiehlt es sich, hier vorab den Kontakt bspw. mit der Studierendenvertretung oder Fachschaft zu suchen, die vielleicht Tipps geben können oder eine Anwaltskanzlei nennen können, die mit den lokalen Begebenheiten vertraut ist, sofern du es zumindest anfangs nicht auf eigene Faust versuchst.
3. Was kostet eine Studienplatzklage?
Je nach dem, wie viele Verfahrensschritte du gehen möchtest und ab wann du einen Rechtsanwalt hinzuziehst (für die ersten Schritte nicht zwingend notwendig), können die Kosten zwischen 50 Euro und weit über 1000 Euro betragen. Wird gleich gegen mehrere Hochschulen geklagt, kannst du (bzw. deine Eltern …) sogar eine fünfstellige Summe ausgeben.
Einige Rechtsanwälte bieten in bestimmten Konstellationen an, dass nur im Erfolgsfall ein vorher festgelegtes Erfolgshonorar zu zahlen ist. Dabei können bei einem Unterliegen im Verfahren die Kosten für Gericht und anwaltliche Vertretung der Hochschule (machen nicht alle Hochschulen) anfallen. Ist letzteres der Fall, kommen so schon Kosten von circa 500 Euro zusammen.
Oft kommt es zu einem Vergleich zwischen Hochschule und Kläger*In. Dann bekommst du zwar den Studienplatz, musst aber als Antragsteller*In die Kosten des Verfahrens tragen, was im günstigsten Fall mind. 50 Euro sein dürften (sofern du keinen eigenen Anwalt hast!).
Nur wenige Rechtsschutzversicherungen tragen die Kosten, bei den meisten sind Studienplatzklagen (oder Verwaltungsrecht allgemein) jedoch ausgeschlossen. Du kannst nicht einfach kurz vor Klageerhebung noch schnell eine solche Versicherung abschließen, die Wartezeit beträgt mind. drei Monate, oft ein Jahr oder länger! Hinzu kommt, dass die Zahl der Klagen, die die Versicherung noch übernimmt, begrenzt sein kann und/oder oder eine Selbstbeteiligung vorgesehen ist.
4. Wie vorgehen bei einer Studienplatzklage? Welche Fristen sind zu beachten?
In jedem Fall empfiehlt es sich, mit der Studierendenvertretung der Hochschule Kontakt aufzunehmen, an der du dich einklagen möchtest. Möglicherweise kann diese noch ortsspezifische Tipps geben oder kennt geeignete Rechtsanwälte. Viele Studierendenvertretungen sind in unserer Hochschul-Datenbank eingetragen.
Wichtig ist es, rechtzeitig zu handeln!
Je nach Bundesland und Art der Klage kann es sein, dass du schon früh tätig werden musst – insbesondere wenn du einen außerkapazitären Hochschulantrag für einen über Hochschulstart vergebenen Studiengang stellen willst.
Ein solcher Antrag ist in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen bereits bis zum 15. Juli (für das folgende Wintersemester) zu stellen, in Hessen bis zum 1., in Bremen bis zum 15. September. In Berlin und Nordrhein-Westfalen geht es noch bis 1. Oktober, im Saarland und Niedersachsen bis 15. Oktober.
Durch Corona hat sich die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2020/21 bei vielen Studiengängen vom 15. Juli auf den 20. August verschoben. Wo das der Fall ist und sonst der 15. Juli die Frist für den Antrag gewesen wäre (siehe Absatz zuvor), verschiebt sich die Antragsfrist ebenfalls auf den 20. August.
Bezogen auf das Sommersemester entsprechend in den zuerst aufgeführten Bundesländern der 15. Januar usw. In den anderen Bundesländern sind uns keine solchen abschließenden Fristen bekannt, faktisch dürfte aber auch dort gelten, nicht zu lange zu warten. Alle Angaben beziehen sich auf Universitäten und sind ohne Gewähr.
5. Was spricht gegen eine Studienplatzklage?
In einer perfekten Welt würde es keine Zulassungs-Beschränkungen geben und natürlich sind alle Kriterien für eine Beschränkung irgendwie subjektiv und nicht absolut gerecht. Dass eine Klage Kosten verursacht und keine Garantie für einen Erfolg bietet, wurde bereits gesagt (was schon viele davor zurückschrecken lassen mag). Davon abgesehen kann man aber auch grundsätzlich fragen, ob eine Klage wirklich angebracht ist.
Kannst du die weitere Wartezeit nicht vielleicht sinnvoll nutzen? (Achtung: Ab 2022 spielt die Wartezeit bei Medizin, Tiermedizin und Zahnmedizin keine Rolle mehr, bei Pharamazie schon seit Anfang 2020 – dagegen kann eine fachlich passende Ausbildung bei manchen Hochschulen helfen) Muss es wirklich dieser Studienplatz (oder dieser Studienort) sein? Manchmal verrennst du dich vielleicht in Dinge, die später gar nicht mehr so wichtig erscheinen. Welche Alternativen es neben der Studienplatzklage gibt, um an einen Medizin-Studienplatz zu kommen, haben wir im Artikel Falls der Abischnitt nicht reicht: Medizinstudium ohne NC zusammengefasst. Für ein paar weitere Studiengänge finden sich Infos im Artikel Studieren ohne NC: Oft im Ausland möglich.
Selbst bei einem Master-Studiengang kann es Alternativen geben – siehe unseren Artikel Wunsch und Wirklichkeit: Gibt es genug Master-Studienplätze?
Also, erst gut überlegen und dann eine Entscheidung treffen – in welche Richtung auch immer 😉
6. Materialien
Wer Infos von Studierendenvertretungen oder gute, möglichst neutrale Darstellungen von Rechtsanwälten kennt (oder falls die folgenden Links nicht mehr funktionieren), kann uns dies per Mailformular mitteilen. Danke! (Eine Aufnahme bleibt jedoch Entscheidung der Redaktion!)
- Infobroschüren Studienplatzklage (Anwaltskanzlei Dr. Selbmann, Bergert & Hägele; Leipzig/Berlin); auf der Webseite als Download erhältlich (sehr ausführlich, Stand 15.07.2020)
- Praxisreport »Numerus Clausus und Studienplatzklagen« (von der Sozietät Meisterernst - Düsing - Manstetten; Münster); auf der angegebenen Seite als Download erhältlich (sehr ausführlich, Stand 01.04.2020)
- Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema NC vom 18. Juli 1972 (1 BvL 32/70 und 25/71)