Wie wird man eigentlich ...
Forstwirt?
Bei Forstwirt denken die meisten wohl an einen Job als Förster. In Wirklichkeit jedoch werden das die wenigsten Forstwirte. In der Interviewserie zu Menschen und ihrer Berufsfindung sprach Simone Gölz mit einer Diplom-Forstwirtin über die Berufs-Chancen - die nicht nur im Wald liegen ...Simone Gölz: Was haben Sie studiert?
Nicola Müller*: Forst- und Umweltwissenschaften an der
Universität Freiburg.
[Hinweis der Redaktion: Mit genau diesem Namen kann man einen solchen Studiengang in Freiburg nicht mehr beginnen; eine vergleichbare Qualifikation erreicht man nun mit einem Bachelor-Studium in „
Waldwirtschaft und Umwelt“ und einem anschließenden Master.]
Wie war Ihr bisheriger Berufsweg?

Uwe Wittbrock - Fotolia.com (stock.adobe.com)
Dass man am Ende wirklich im Wald arbeitet, ist bei diesem Studium gar nicht garantiert.
Während des Studiums habe ich eine Ausbildung zur Mediatorin sowie weitere Fortbildungen im Bereich Kommunikation und Konfliktmanagement belegt. Mein Ziel war/ist im Bereich Umweltkonfliktmanagement zu arbeiten. Nach dem Studium habe ich eine Doktorarbeit am Institut für Forst- und Umweltpolitik an der Uni Freiburg zum Thema Umweltkonflikte begonnen.
Nebenher arbeite ich auf freiberuflicher Basis als Mediatorin und Moderatorin. (Bereiche Stadtplanung/Regionalentwicklung/Umweltkonflikte und Teammediation).
Sollte/ Muss man studieren?
Um Diplom-Forstwirt/in (Uni) zu werden, ja. Um Forstingenieur/in (FH) zu werden auch. Um Forstwirt/in zu werden nicht, das ist ein Ausbildungsberuf.
[Hinweis der Redaktion: Durch die Umstellung auf Bachelor/Master-Studiengänge gibt es inzwischen die Möglichkeit, schon nach drei Jahren
Bachelor-Studium – aber auch mit einer „geringeren“ Qualifikation als mit einem Diplom – einen Hochschul-Abschluss zu erwerben. Der nächste Schritt – das entspricht ungefähr Diplom-Niveau – wäre ein
Master in einem Fach wie „Forstwissenschaft" oder ähnlichem.]
Haben Sie Praktika absolviert?
Ja. Viele. Vor allem in den Tropen. Praktika sind eine ideale Möglichkeit einerseits spätere Arbeitsfelder kennen zu lernen, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben und nebenbei die Welt zu entdecken.
Welche Quellen (z.B. Jobbörsen) haben Sie während der Praktikums- bzw. Jobsuche genutzt?
In erster Linie Initiativbewerbungen. Die Chance etwas Passendes zu finden ist viel größer, wenn man weiß was einen interessiert, selbst aktiv wird und interessante Arbeitgeber anschreibt, als wenn man darauf wartet, dass irgendwo eine Stelle ausgeschrieben wird.
Welche Voraussetzungen und Persönlichkeitsmerkmale sollte man mitbringen?

Simone Gölz arbeitet als Coach und Karriereberaterin in Hamburg.
Das Studium umfasst die unterschiedlichsten Fachrichtungen.
Von naturwissenschaftlichen Grundlagen (Chemie, Botanik, Meteorologie, Zoologie, Pflanzenphysiologie, Bodenkunde), ökonomischen Grundlagen (BWL, Marketing), Forst- und Umweltpolitik, Fernerkundung, Waldbau, Vegetationskunde, Vermessungslehre, Holzernte, Holzverarbeitung, Wegebau etc.
Mitbringen sollte man daher ein vielseitiges Interesse sowie Offenheit und Freude daran, sich in die unterschiedlichen Disziplinen einzuarbeiten. Besonders im Studium braucht es auch die Bereitschaft zu "büffeln". Wer sich auf den Wald als Arbeitsplatz spezialisieren will, sollte ein gewisses Maß an Wetterfestigkeit mitbringen. Wen die Schnittstelle zwischen Wald und Gesellschaft interessiert, der sollte neben Fachwissen auch soziale Kompetenzen erlernen, d.h. Konflikt- und Kommunikationskompetenzen, Teamfähigkeit, interkulturelle Kompetenzen, etc.
Wie sieht der Einstieg in den Beruf aus?
Für jeden anders. Aber für die meisten etwas ungewiss. Da es den klassischen Försterberuf kaum noch gibt, wird man nach dem Studium nicht automatisch vom Arbeitsmarkt aufgesaugt sondern muss selbst aktiv werden und sich eine Nische suchen oder diese schaffen.
Viele der Absolventen gehen im Endeffekt auch in eine ganz andere Richtung, als sie zu Beginn des Studiums vorhatten.
Wo kann man arbeiten?
In der Holzverarbeitungsindustrie, in Behörden, in der Wald- und Umweltpädagogik, in der Entwicklungszusammenarbeit, im erneuerbare Energien-Bereich, im Umweltmanagement, als Gutachter/in, bei Umweltverbänden und NGOs, in der Regionalentwicklung, in der Forschung - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Wie ist das mit dem Verdienst?
Das hängt sehr stark davon ab, in welcher Branche man im Endeffekt arbeitet.
Was mögen Sie besonders an Ihrem Beruf?
Die Flexibilität: ich bin mit meinem Studium nicht von vorneherein festgelegt, wie beispielsweise Medizinstudierende, die in der Regel Ärzte und Ärztinnen werden. Als Forststudiernde/r wird man hingegen in der Regel nicht Förster/in.
Die Themenvielfalt: es wird nie langweilig. Man lernt ständig neue Bereiche kennen.
Die Möglichkeit immer wieder selbst zu entscheiden, welche Themen oder Arbeitsfelder einen interessieren und dann dementsprechend zu schauen, wie man dorthin kommt.
Was sind die typischen Klischees über den Beruf Forstwirt/in?
Der Förster mit Lodenmantel, Hut, Dackel, Jagdhorn und Gewehr.
Welche Gründe haben Sie bewegt Diplom-Forstwirtin zu werden?
- Die breit gefächerte Ausbildung
- Die Kombination von Praxis und Theorie, drinnen und draußen, Mensch und Natur
- Mein Interesse an Wald/Ökosystemen und Pflanzen
*Diplom-Forstwirtin, Name von der Redaktion geändert
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