Online-VorstellungsgesprächTipps fürs Telefon- und Videointerview

Von Anja Schreiber
1. Kurz + knapp
Die kurze Antwort ist: ja! Oft werden Telefoninterviews unterschätzt, du musst nicht anreisen, deine Garderobe nicht durchplanen und kannst das Interview aus einer sicheren Umgebung wie deinem Zuhause führen. Da du dennoch einen ersten Eindruck beim Interviewer machst, solltest du dich genau so gut vorbereiten wie auf ein persönliches Interview vor Ort.
Eine gute Organisation ist das A und O. Achte darauf, dass du in einer ungestörten Umgebung bist, wenn du in einer WG lebst, informiere deine Mitbewohner:innen damit dich niemand stört. Schließe deine Fenster und Türen um störenden Lärm von draußen zu vermeiden und achte auch auf Lärmquellen von innen, wie zum Beispiel deinen Drucker oder eine laufende Waschmaschine.
Besonders wichtig ist es hier auf deine Ausstattung zu achten. Ist dein Handy geladen? Hast du in deinem Zimmer oder Standort der Wahl guten und stabilen Empfang? Das Gleiche gilt für dein Internet und den PC, wenn es ein Videointerview ist. Kontrolliere dein Headset und deine Internetverbindung, damit du sorgenlos ins Gespräch gehen kannst.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Vorbereitung eines Interviews via Telefon oder Video nicht stark vom klassischen Vorstellungsgespräch. So ist die inhaltliche Vorbereitung gleich. Was sich allerdings ändert, ist die Organisation. Gerade hier lauern ein paar Stolpersteine. Denn Telefonate sind viel störanfälliger als ein Jobinterview vor Ort. Deshalb solltest du den Termin auf verschiedenen Ebenen gründlich vorbereiten, und zwar inhaltlich, organisatorisch, technisch und praktisch. Dieser Artikel zeigt dir, wie du so ein Gespräch erfolgreich meisterst.
2. Telefoninterviews nicht unterschätzen
Vor einem Vorstellungsgespräch haben BewerberInnen grundsätzlich Respekt, manche leiden sogar regelrecht unter Lampenfieber. Bei einem Telefoninterview ist das oft etwas anders. Schließlich müssen die KandidatInnen nicht extra anreisen. Außerdem meinen einige, ein Telefongespräch sei viel harmloser. Man könne es schließlich auch im Lieblingshoodie oder in Jogginghose führen, da die GesprächspartnerInnen einen ja nicht sehen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass der eine oder andere sich sagt: „Telefonieren kann ich!" Doch hier handelt es sich nicht um das entspannte Gespräch zwischen FreundInnen, sondern um einen professionellen Kontakt, der nach Businessspielregeln funktioniert. Im Endeffekt ist das Telefonat oder Videogespräch genauso wichtig wie das Erstellen und Versenden der Bewerbungsunterlagen.
Gründlich vorbereitet wie beim Vorstellungsgespräch
Vor dem Telefonat solltest du dich noch einmal genau über das Unternehmen informieren, mit dessen VertreterInnen du sprichst. Alle Fakten, die du im Vorfeld deiner Bewerbung gesammelt hast, kannst du jetzt noch einmal anschauen. Sinnvoll ist es außerdem, etwas über dein Gegenüber zu erfahren. Eine einfache Suchmaschinenanfrage mit dem jeweiligen Namen und dem des Unternehmens hilft dir meist weiter.
Fragen zur eigenen Person erwarten
Stell dich auch auf Fragen zur eigenen Person ein. So kann es zum Beispiel um deinen Lebenslauf oder um deine Stärken und Schwächen gehen ... aber auch um die Motivation, wieso du dich gerade für diesen Job bei dieser Firma bewirbst. Realistisch ist auch, dass die FirmenvertreterInnen dir Fragen zu etwaige Lücken im Lebenslauf oder anderen Unklarheiten stellen. Um davon nicht überrascht zu werden, ist es hilfreich, sich in die Position der PersonalerInnen hineinzudenken. Frag dich, was dir an deinem Lebenslauf auffällt:
Wo gibt es Lücken?
Was ist erklärungsbedürftig?
Überleg dir dazu passende Antworten und schreib diese auf. Denn so prägst du sie dir besser ein, als wenn du dich damit nur in Gedanken beschäftigst. Außerdem kannst du kurz vor dem Telefonat die Antworten noch einmal durchlesen. Aber bloß nicht ablesen, das wirkt schnell unnatürlich. Lies dazu auch unseren Artikel „Vorstellungsgespräch: Mögliche Fragen, mögliche Antworten".
3. Gut organisieren
Die Autorin dieses Artikels
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine und eine wissenschaftliche Publikation. Sie ist zudem die Autorin mehrerer Ratgeber. So hat sie zum Beispiel „Die Sehnsuchtsstrategie für Studierende und Hochschulabsolventen“ geschrieben. Das Buch hilft, den Berufseinstieg passgenau vorzubereiten.
Weitere Infos unter: anjaschreiber.de
Besonders wichtig ist eine gute Organisation des Telefon- oder Videoanrufes. Du solltest dir deshalb ein Gesprächsumfeld organisieren, in dem du ungestört und in aller Ruhe reden kannst. Egal, mit wem auch immer du zusammenwohnst: Diese Menschen musst du genau instruieren! Sie dürfen während des Termins nicht ins Zimmer platzen oder Lärm machen, wie zum Beispiel Musikhören, Staubsaugen oder laute Gespräche führen. Schließe auch die Fenster, denn Lärm von draußen kann das Telefonat ebenfalls stören. Außerdem solltest du weitere Geräuschquellen abstellen wie etwa das Handy, wenn du vom Festnetz aus telefonierst.
Reserviere dir vor und nach dem Interview genügend Zeit. Im Vorfeld brauchst du Zeit, um noch einmal die relevanten Unterlagen wie deine Bewerbung durchzulesen und letzte praktische Details zu organisieren. Aber auch danach ist ein zeitlicher Puffer sinnvoll. Es kann sein, dass das Gespräch länger dauert als vereinbart. Dann ist es ungünstig, wenn du schon direkt den nächsten Termin hast und „auf heißen Kohlen" sitzt. Unterschätze auch nicht, wie anstrengend so ein Termin ist. Lass es an diesem Tag darum vielleicht einfach ein bisschen ruhiger angehen als sonst.
4. Technik für Telefon- und vor allem Videointerview vorher abchecken
Vor dem Gespräch solltest du unbedingt die technischen Details klären. Wenn du telefonierst, ist es zum Beispiel besser, das Festnetz zu nutzen. Denn diese Verbindungen sind meist stabiler und damit störungsfreier als Telefonate übers Handy. Voll aufgeladene Akkus verstehen sich von selbst!
Bist du zu einem Videointerview via Teams oder Zoom verabredet, gibt es noch ein paar zusätzliche Dinge, auf die du achten solltest. Je nach Qualität deiner technischen Ausstattung, kann die Nutzung eines Headsets sinnvoll sein. Gerade wenn du einen älteren Laptop oder ein nur mäßiges Mikrofon hast, kannst du dadurch ein störendes Echo verhindern und verbesserst grundsätzlich die Tonqualität. Falls du eine Headset nutzt, sollte es aber schlicht und professionell wirken und nicht überdimensioniert, wie es bei Gaming-Equipment oft der Fall ist.
Wenn du kein Headset verwendest, ist es wichtig, dass der Raum in dem du dich befindest wirklich ruhig und deine Technik fit ist!
Auch die Kamera sollte eine gute Qualität haben und für einen ansprechenden Bildausschnitt etwa auf Augenhöhe positioniert sein.
Auf den Hintergrund achten
Bei einem Videogespräch solltest du im Vorfeld zudem sicherstellen, dass du gut ausgeleuchtet bist. Sorge also für ausreichend (künstliches) Licht. Wichtig: Beleuchtung nicht von hinten! Überleg dir auch, ob der Hintergrund stimmig ist. Wenn du in deiner Wohnung vor dem Computer sitzt, bekommt dein Gegenüber Einblick in deinen Privatbereich. Frag dich deshalb:
Welchen „Wohnungsausschnitt" wird mein Gegenüber sehen?
Gibt es Details, die ich lieber entfernen sollte wie etwa einen Wäschestapel?
Suche nach einem möglichst neutralen Hintergrund wie einer weißen Wand oder nutze die Hintergrundeffekte der Plattform, die für euren Videocall festgelegt wurde. Natürlich wirkt ein Palmenstrand in diesem Kontext unseriös, aber bluren kannst du ihn schon. Ob real oder virtuell – der Hintergrund sendet unbewusst eine Botschaft über deine Persönlichkeit und deine Vorbereitung.
Denk auch daran, dich so anzuziehen, als würdest du zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch gehen. Grundsätzlich gilt der gleiche Dresscode – und vergiss nicht die passende Hose, falls du mal aufstehen musst 😉. Etwas anders sieht es beim Telefonat aus. Zwar sehen dich die GesprächspartnerInnen nicht. Dennoch ist es keine gute Idee, im Schlafanzug zu telefonieren. Besser ist es, du ziehst dich auch dabei wie für ein Vorstellungsgespräch an. Denn damit signalisierst du dir selbst, wie wichtig der Termin ist!
Am besten machst du mit einem guten Freund oder Freundin einige Tage vorher eine Video-Generalprobe. So lassen sich Störquellen oder technische Probleme eruieren. Vielleicht fällt deinem Gegenüber irgendetwas anderes auf, was deine potentiellen Arbeitgeber später irritieren könnte. Wenn du diese Generalprobe rechtzeitig ansetzt, hast du noch genügend Zeit, alle auftauchenden Probleme in Ruhe zu lösen.
5. Praktisch denken bei Telefoninterview oder Videocall
Vergiss nicht die praktische Seite des Telefonats. Mit ziemlicher Sicherheit wird dein Gegenüber auf deine Bewerbung eingehen. Deshalb solltest du deine Bewerbungsunterlagen bereitlegen. Natürlich kannst du bei Telefonanrufen auch die jeweiligen Dateien öffnen. Aber gerade bei Gesprächen per Zoom ist das eher ungünstig. Auch ein Glas Wasser solltest du bereitstellen, denn vielleicht bekommst du einen trockenen Hals. Leg zusätzlich noch Papier und Stift bereit. Vielleicht erhältst du Informationen, die du notieren solltest.
Wer bisher nur selten beruflich telefoniert hat, wird wahrscheinlich unsicher sein. Ihm oder ihr wird es helfen, vorher die Situation zu üben und zum Beispiel mit Freunden zu proben. Auch eine andere Trainingsmöglichkeit kommt infrage: Viele Unternehmen geben in ihren Ausschreibungen Personen an, die man bei Fragen kontaktieren kann. Diese Chance kannst du nutzen! Überleg dir sinnvolle Fragen und wähle dann die entsprechende Nummer. So lernst du, mit UnternehmensvertreterInnen zu reden. Das macht dich selbstsicherer.
Einen guten Eindruck machen
Das Besondere beim Telefonat – anders als beim Videocall – ist, dass du unsichtbar bleibst. Aber unterschätze nicht, dass deine Stimme sehr viel vermittelt, zum Beispiel, wenn du unkonzentriert oder unsicher bist. Wenn du das Gespräch nicht ernst nimmst, wird dein Gegenüber das spüren. Aus diesem Grund ist es sinnvoller, aufrecht am Schreibtisch zu sitzen als auf dem Sofa zu liegen.
Klar kommunizieren, gut zuhören
Anders als in der direkten Face-to-Face-Kommunikation halten Telefonate besondere Herausforderungen bereit, weil man die Gestik und Mimik des anderen nicht sieht. Das führt dazu, dass sich die GesprächspartnerInnen öfter mal ins Wort fallen. Deshalb ist es umso wichtiger, konzentriert zuzuhören und sein Gegenüber aussprechen zu lassen.
Und noch ein Tipp: Auch wenn es die PersonalerInnen nicht sehen, ist es hilfreich, beim Gespräch zu lächeln. Eine freundliche Grundhaltung überträgt sich automatisch auf die Stimme.
Über das Gehalt reden?
Ob das Gehalt bereits im Telefoninterview zur Sprache kommt, hängt unter anderem davon ab, wie der Bewerbungsprozess voraussichtlich abläuft. Dient das Gespräch in erster Linie der Vorauswahl unter vielen BewerberInnen, kannst du das Thema Gehalt und andere Vertragsinhalte zunächst noch außen vor lassen. Liegt der Fokus vor allem auf deiner Motivation und fachlichen Eignung, reicht es oft, das Thema in einem späteren – möglicherweise persönlichen – Gespräch anzusprechen.
Hast du jedoch bereits in deiner Bewerbung eine konkrete Gehaltsvorstellung genannt oder ist grundsätzlich unklar, ob die Vorstellungen zueinander passen, kann es sinnvoll sein, das Thema im Rahmen des Telefoninterviews aktiv anzusprechen.
Mit spontanen Anrufen rechnen
Auch wenn die Unternehmen Telefoninterviews in der Regel ankündigen, kann es trotzdem zu spontanen Anrufen kommen. Aus diesem Grund solltest du in der Bewerbungsphase mit solchen Telefonaten rechnen. Gerade wenn du eine unbekannte Nummer siehst, ist es wichtig, dass du dich mit Vor- und Nachnamen meldest sowie eine klassische Begrüßungsformel wie „Guten Tag" wählst. Wenn du dann nicht in Ruhe telefonieren kannst, weil du zum Beispiel gerade im Supermarkt an der Kasse stehst, bitte um eine Verschiebung des Gesprächs. Diesen Termin solltest du dir natürlich gleich notieren und dich darauf gründlich vorbereiten.