Studieren neben dem Beruf
Berufsbegleitend studieren
Wer bereits im Berufsleben steht und sich akademisch weiterbilden oder neue Aufgaben übernehmen möchte, hat mit einem berufsbegleitendem Studium die Möglichkeit, beides zu verbinden. Und das Angebot der Hochschulen steigt kontinuierlich. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Von Nicola Pridik
Studiengänge gesucht?
Was heißt berufsbegleitend studieren?

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Wer neben dem Beruf studieren will, muss oft eines machen: Sich abends nach der Arbeit nochmal hinsetzen und büffeln.
Es heißt, hauptsächlich berufstätig zu sein und parallel dazu ein Studium zu absolvieren. Dabei setzt die Berufstätigkeit voraus, dass der oder die Studierende schon einen Beruf hat.
Ist der erste Beruf das Ergebnis einer betrieblichen oder schulischen Berufsausbildung kommt ein
berufsbegleitender Bachelorstudiengang als akademische Weiterbildungsmaßnahme in Betracht. Das gilt selbst für Berufstätige ohne Abitur, denn nach einem Beschluss der Kultusministerkonferenz im Jahr 2009 wurden die Regelungen zum Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte gelockert. Ist der erste Beruf das Ergebnis eines grundständigen Studiums, fällt die Wahl meist auf einen
berufsbegleitenden Masterstudiengang.
Beruf ja, aber keinen Job? Wer zwar einen Beruf hat, aber (noch) nicht erwerbstätig ist, kann sich für ein weiterführendes duales Studium entscheiden. Hier wird das Studium mit der praktischen Ausbildung in einem Betrieb kombiniert, in dem man später auch arbeiten wird. Für Abiturienten gibt es das
duale Studium als Erstausbildung.
Was ist das Besondere an berufsbegleitenden Studiengängen?
Berufsbegleitende Studiengänge sind in der Regel inhaltlich auf Berufstätige zugeschnitten und außerdem so konzipiert, dass sie sich mit einer Vollzeit- oder Teilzeit-Berufstätigkeit vereinbaren lassen:
- Entweder es handelt sich um Fernstudiengänge, bei denen die Studierenden zeitlich und örtlich flexibel lernen können, oder
- um Präsenzstudiengänge, bei denen die Unterrichtszeiten zeitlich geblockt sind und/oder sich auf die Abendstunden und Wochenenden konzentrieren.
- Darüber hinaus gibt es Mischformen beider Konzepte.
Berufsbegleitende Studiengänge werden nicht nur in Teilzeit, sondern auch in Vollzeit angeboten. Im Idealfall können die Bewerber zwischen beiden Varianten wählen.
Für wen ist ein berufsbegleitendes Studium gedacht?
Bei der Konzeption berufsbegleitender Studiengänge haben die Hochschulen vornehmlich Berufstätige im Blick, die …
- Führungsaufgaben übernehmen wollen,
- sich neue Aufgabenfelder in ihrem Beruf erschließen wollen oder eine Spezialisierung anstreben,
- sich in ihrem Beruf akademisch weiterbilden wollen,
- in einem Berufsfeld arbeiten, das sich stark verändert und neue Kompetenzen erfordert oder
- einen Arbeitsplatz innehaben, der sehr spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die üblicherweise in einem grundständigen Studium oder durch eine Berufsausbildung nicht vermittelt werden.
Struktur, Organisation und Dauer: Wann, wie und wo wird studiert?
Besonderheiten gegenüber dem üblichen Vollzeit-Präsenzstudium bestehen vor allem hinsichtlich der Studienzeiten und der Lehr- und Lernformen.
Bei
Präsenzstudiengängen liegen die Lehrveranstaltungen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, damit die Studierenden weiterhin erwerbstätig sein können. Bei einem Abendstudium geht es wochentags nach der Arbeit noch für drei oder vier Stunden an die Hochschule, manchmal auch am Wochenende ganztags. Andere Studienkonzepte blocken die Unterrichtszeiten. Dann konzentriert sich das Studium vor Ort auf einige Wochenenden oder einzelne Wochen im Jahr.
Bei einem
Fernstudium gibt es zwar deutlich weniger Präsenzzeiten, das heißt aber nicht, dass der Zeitaufwand geringer ist. Hier können die Studierenden nur selbst entscheiden, wann und wo sie sich dem Studium widmen wollen.
Neben dem klassischen Präsenzstudium und den Studienbriefen beim Fernstudium gibt es computer- bzw. internetbasierte Lehranteile (E-Learning), eine Kombination herkömmlicher Lehr- und Lernmethoden mit E-Learning-Anteilen (sog. Blended Learning), Praxisphasen, Projektstudien und hier und da auch Ansätze eines sog. Work-based-Trainings, bei dem versucht wird, den Ort der beruflichen Tätigkeit und die dort anfallenden Aufgaben systematisch in das Studium einzubeziehen.
Auch wenn Studiengänge auf den Unterricht vor Ort weitestgehend verzichten, ist in aller Regel sichergestellt, dass die Studierenden über einen Online-Campus, Foren und/oder Chatrooms mühelos Kontakt zu Dozenten und Kommilitonen aufnehmen können.
Mehr Details zu den
Formen des Fernunterrichts gibt es im Artikel zum Fernstudium.
Welche Studiendauer und welcher Zeitaufwand sind zu erwarten?
Bei Vollzeit-Bachelorstudiengängen beträgt die Studienzeit auf jeden Fall mehr als drei Jahre und bei Teilzeit-Bachelorstudiengängen voraussichtlich zwischen vier und fünf Jahre. Für Masterstudiengänge sind im Falle eines Vollzeitstudiums etwa ein bis zwei Jahre einzuplanen, bei einem
Teilzeitstudium können es auch drei oder vier Jahre werden. Vollzeit bedeutet 40 Stunden pro Woche, Teilzeit in der Regel 15–20 Stunden pro Woche.
Alle Angaben sind aber nur grobe Richtwerte. Im konkreten Fall kann es auch ganz anders aussehen. Ist es beispielsweise möglich, sich eine einschlägige Vorbildung und/oder Berufstätigkeit anrechnen zu lassen, verkürzt sich die Studienzeit unter Umständen erheblich. Man absolviert in diesem Fall eine Eignungsprüfung und wird daraufhin in ein höheres Semester eingestuft.
Eine Rolle spielt auch, ob man Vorkenntnisse in Bezug auf wissenschaftliches Arbeiten und/oder auf die Studieninhalte mitbringt. Wer erst mal verstehen muss, wie Studieren funktioniert oder sich in ein neues Themengebiet einfinden will, braucht sicher mehr Zeit als jemand, der schon ein Studium abgeschlossen hat und/oder mit dem Fachgebiet des Studiums vertraut ist. Schließlich gibt es Studiengänge, bei denen von vornherein feststeht, dass sich der Zeitaufwand in den einzelnen Semestern deutlich unterscheiden wird. Dass es darüber hinaus in jedem Studiengang stressige und weniger stressige Phasen gibt, ist klar.
Studium und Berufstätigkeit
Muss das Studium etwas mit meiner Berufstätigkeit zu tun haben? Die meisten berufsbegleitenden Studiengänge knüpfen in der Tat an die Arbeit in einem bestimmten Berufsfeld an oder richten sich an eine bestimmte Berufsgruppe. So wird vielerorts z. B. eine einschlägige Berufstätigkeit während des Studiums vorausgesetzt oder es ist vorgesehen, dass Praxisanteile des Studiums im eigenen Betrieb absolviert werden. Trotzdem gibt es auch Studiengänge, die Quereinsteigern aus anderen Berufen oder Berufsfeldern offenstehen. Wer das Studium als „Umschulung“ nutzen will und letztlich einen ganz neuen Beruf anstrebt, sollte allerdings für sich realisieren, dass das Studium dann definitiv reines Privatvergnügen ist und vom Arbeitgeber keinerlei Zugeständnisse in zeitlicher Hinsicht zu erwarten sind.
Kann ich das Studium in meine Berufstätigkeit einbeziehen?
Das wäre sogar äußerst wünschenswert. Ob es sich aber auch realisieren lässt, ist von mehreren Faktoren abhängig: Zunächst müssen Konzept und Inhalte des gewählten Studiengangs mit den beruflichen Aufgaben kompatibel sein. Eine gewisse Flexibilität am Arbeitsplatz ist ebenfalls erforderlich. Vor allem aber ist wichtig, dass der Arbeitgeber das Studium unterstützt, weil er an der Fortbildung seiner Mitarbeiter interessiert ist. Die Chancen, dass dem so ist, stehen nicht schlecht, denn der Fachkräftemangel ist vielerorts schon jetzt spürbar – und er wird eher zu- als abnehmen.
In einem nächsten Schritt ist dann zu klären, inwieweit das Studium in den Berufsalltag integriert werden kann. Ist der Arbeitgeber z. B. „nur“ bereit, die Arbeitszeiten studiengerecht zu gestalten und die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen und Prüfungen zu ermöglichen oder kann er sich auch vorstellen, die beruflichen Aufgaben auf das Studium zuzuschneiden und ein Anwendungsfeld für die Durchführung praktischer Studienprojekte zu schaffen?
Manche Studiengänge setzen voraus, dass der Arbeitgeber in diesem oder jenem Punkt schriftlich seine Zustimmung erklärt oder einen Kooperationsvertrag mit der Hochschule eingeht, in dem er sich verpflichtet, das Studium in dieser oder jener Weise zu unterstützen. In diesen Fällen wird vielfach jedoch nicht mehr von einem
berufsbegleitenden, sondern von einem
berufsintegrierten Studium gesprochen, das im Ergebnis den Charakter eines dualen Studiums hat.
Welche Rechtsansprüche können helfen, Beruf und Studium zu vereinbaren?
a) Anspruch auf Teilzeitarbeit
In der Theorie gibt es zwar auch das Vollzeitstudium neben der vollen Berufstätigkeit, in der Praxis wird es jedoch kaum zu realisieren sein. Schlafen und essen muss man schließlich auch irgendwann – von der nötigen Zeit für Erholung, Familie und Freunde ganz zu schweigen. Es heißt also, entweder beim Studium oder beim Beruf zeitliche Abstriche zu machen. Beim Studium ist es die Entscheidung für ein Teilzeitstudium, beim Beruf die Teilzeitarbeit. Hier ist wichtig zu wissen, dass Arbeitnehmer, die bislang Vollzeit beschäftigt waren, unter folgenden Voraussetzungen einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben:
- Sie arbeiten seit mindestens sechs Monaten bei ihrem Arbeitgeber und
- der Arbeitgeber beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (inkl. Teilzeitkräfte/Minijobber, aber ohne Auszubildende).
Geregelt ist das in § 8 TzBfG. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann man einen Antrag auf Arbeitszeitverkürzung stellen, der mindestens drei Monate vor dem Beginn der Teilzeitarbeit dem Arbeitgeber vorliegen muss. Ablehnen kann der Arbeitgeber den Antrag nur aus betrieblichen Gründen.
Wichtig: Wer sich einmal für Teilzeitarbeit entschieden hat, kann seine Arbeitszeit zu einem späteren Zeitpunkt nicht ohne Weiteres wieder aufstocken!
b) Anspruch auf Bildungsurlaub
In den meisten Bundesländern haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf (bezahlten) Bildungsurlaub bzw. Bildungsfreistellung. Ausgenommen sind Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen. Meist kann man sich für fünf Tage im Jahr oder zehn Tage innerhalb von zwei Jahren von der Arbeit freistellen lassen, um beispielsweise an Veranstaltungen zur beruflichen Weiterbildung teilzunehmen. Voraussetzung ist stets, dass die Bildungsveranstaltung als solche anerkannt ist (ob das der Fall ist, wissen die Anbieter, es lässt sich aber häufig auch über spezielle Datenbanken im Internet recherchieren). Achtung: Der Arbeitgeber darf den Antrag auf Bildungsurlaub aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Näheres ist den Regelungen der einzelnen Länder zu entnehmen.
Dieser Artikel wurde leicht durch die Studis Online-Redaktion überarbeitet, entspricht also nicht mehr ganz dem ursprünglichen Original der Autorin. Die letzte Veränderung wurde am oben angegebenem Datum vorgenommen.
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