Abbruch- und Schwundquoten
Welche Studienfächer am ehesten mit Abschluss beendet werden
Es gibt Studienfächer, bei denen es geradezu Tradition ist, dass viele StudienanfängerInnen nie zu einem Abschluss kommen, sondern das Studieren ganz sein lassen oder zu einem anderem Fach wechseln. Studis Online hat die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen HIS-Studie zusammengestellt. So manche Überraschung ist dabei.[info180]Die
Hochschul Informations System GmbH (HIS) ist im Besitz von Bund (1/3) und Ländern (2/3). Sie fungiert als Softwarehaus für die Hochschulverwaltungen und ist in den Bereichen Hochschulentwicklung und Hochschulforschung aktiv. Im für die Öffentlichkeit sichtbarsten Bereich Hochschulforschung führt die HIS u.a. die Sozialerhebung der Studierendenschaft im Auftrag des Deutschen Studentenwerkes durch.
[/info180]
Das HIS erhebt sein Jahren die Abbruchsquoten der verschiedenen Studiengänge und Hochschularten. Ebenso wird in erweiterten Studien ermittelt, wie viele Studierende ihr ursprüngliches Studienfach zwar aufgeben, aber anschließend ein anderes Studienfach erfolgreich abschließen. Insgesamt lässt sich so eine "Schwundbilanz" aufstellen, bei der die Abbrecher (also diejenigen, die das Studieren insgesamt sein lassen), mit denjenigen, die zu einem anderen Fachbereich wechseln und schließlich jenen, die von anderswo zum betrachteten Fachbereich kommen, verrechnet werden.
Leider ist es prinzipbedingt so, dass derartige Studien immer erst mit größerer Zeitverzögerung die Entwicklungen an den Hochschulen wiedergeben können. Um "endgültige" Studienabbrüche zu "messen", muss man zwangsläufig einige Jahre abwarten, denn ein Abbrecher könnte ja nach einer Pause doch wieder ein Studium aufnehmen. In der HIS-Studie, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde, werden die AbsolventInnen der Jahres 2006 betrachtet, als Basis des Studienanfangs (und zur Bestimmung der "endgültigen" AbbrecherInnen) werden vor allem die Jahre 1999 bis 2001 herangezogen.
Bilanzen der einzelnen Fachgruppen an Universitäten
Eine positive Bilanz hat zur Zeit keine Fächergruppe – letztlich überwiegen überall, selbst bei großer "Zuwanderung" die Summe aus Abbruch und "Abwanderung". Aber zumindest bei vergangenen Erhebungen gab es bei Humanmedizin mehr Studienabschlüsse als ursprüngliche StudienanfängerInnen, da mehr Wechsler dazukamen, als Abbrecher und Weg-Wechsler abgingen.
Zu beachten ist noch, dass im folgenden Wechsel innerhalb der Fächergruppe nicht ausgewiesen werden, sofern sie schließlich zu einem Studienabschluss geführt haben. In allen folgenden Tabellen sind die Werte der aktuellen HIS-Studie mit Absolventenjahrgang 2006 denen der entsprechenden Studie zum Absolventenjahrgang 1999 gegenübergstellt (die 1999er-Werte finden sich – sofern vorhanden – in Klammern), um mittelfristige Tendenzen erkennen zu können.
Sprach-/Kulturwissenschaften / Sport
Sprach- und Kulturwissenschaften als "typische" Geisteswissenschaften haben den Ruf, hohe Abbrecherraten hervorzubringen. Was allerdings auch daran liegt, dass viele dieser Fächer keine Zulassungsbeschränkungen haben und daher von einigen dafür genutzt werden, günstig zum Studentenstatus zu kommen bzw. ihn behalten zu können. Was sich allerdings seit der Einführung von allgemeinen und speziellen (z.B. Langzeit-) Studiengebühren weniger lohnt. Ob die stärkere Berufsorientierung durch die Umstellung auf Bachelor/Master-Studiengänge auch dazu beiträgt, dass kann noch nicht so sicher gesagt werden, da bei den betrachteten Jahrgängen diese Umstellung noch nicht sehr weit gediehen war.
Sprach-/Kulturwissenschaften |
Abbruch -32% (-41%) |
Wechsel -20% (-32%) |
Zuwanderung +17% (+18%) |
Schwundbilanz -35% (-55%) |
Schwund -52% (-73%) |
Pädagogik/Sport |
Abbruch -20% (-28%) |
Wechsel -19% (-22%) |
Zuwanderung +23% (+36%) |
Schwundbilanz -16% (-14%) |
Schwund -39% (-50%) |
Rechts-/Wirtschafts-/Sozialwissenschaften
Auffällig in dieser Fächergruppe vor allem der starke Rückgang von Schwund, aber auch Zuwanderung bei Sozialwissenschaften und Sozialpädagogik. Vielleicht gilt hier ähnliches wie bei Sprach- und Kulturwissenschaften schon gesagtes.
Bei den Rechtswissenschaften sind die Abbruchquoten deutlich gesunken, offenbar wurden viele solche Studiengänge in den letzten Jahren erfolgreich umstrukturiert. Dagegen kämpfen die Wirtschaftswissenschaften immer noch mit recht hohen Abbruchquoten.
Sozialwissenschaften/Sozialpädagogik |
Abbruch -10% (-42%) |
Wechsel -22% (-30%) |
Zuwanderung +18% (+39%) |
Schwundbilanz -14% (-33%) |
Schwund -32% (-72%) |
Rechtswissenschaften |
Abbruch -9% (-27%) |
Wechsel -13% (-10%) |
Zuwanderung +7% (+12%) |
Schwundbilanz -15% (-25%) |
Schwund -22% (-37%) |
Wirtschaftswissenschaften |
Abbruch -27% (-31%) |
Wechsel -15% (-13%) |
Zuwanderung +8% (+10%) |
Schwundbilanz -34% (-34%) |
Schwund -42% (-44%) |
Mathematik/Naturwissenschaften
In diesem Fachbereich sind weiterhin hohe Abbruch- und Wechselquoten bei geringer "Zuwanderung" festzustellen. Offenbar ist die didaktische Aufarbeitung der Lehrinhalte durch die Lehrenden weiterhin verbesserungsfähig. Aber ebenso dürften nach wie vor viele SchülerInnen die Inhalte dieser Studienfächer grundsätzlich falsch einschätzen und diese Fehleinschätzung erst während des Studiums korrigieren zu können - durch Wechsel des Studienfaches oder gar Abbruch.
Mathematik |
Abbruch -31% (-12%) |
Wechsel -30% (-45%) |
Zuwanderung +8% (+7%) |
Schwundbilanz -53% (-50%) |
Schwund -61% (-57%) |
Informatik |
Abbruch -32% (-37%) |
Wechsel -13% (-16%) |
Zuwanderung +6% (+10%) |
Schwundbilanz -39% (-43%) |
Schwund -45% (-53%) |
Physik/Geowissenschaften |
Abbruch -36% (-26%) |
Wechsel -25% (-32%) |
Zuwanderung +10% (+7%) |
Schwundbilanz -52% (-44%) |
Schwund -62% (-51%) |
Chemie |
Abbruch -31% (-23%) |
Wechsel -25% (-32%) |
Zuwanderung +7% (+4%) |
Schwundbilanz -49% (-51%) |
Schwund -56% (-55%) |
Pharmazie |
Abbruch -6% (-17%) |
Wechsel -5% (-7%) |
Zuwanderung +6% (+18%) |
Schwundbilanz -5% (-6%) |
Schwund -11% (-24%) |
Biologie |
Abbruch -15% (-15%) |
Wechsel -17% (-21%) |
Zuwanderung +8% (+16%) |
Schwundbilanz -24% (-20%) |
Schwund -32% (-36%) |
Geographie |
Abbruch -15% (-36%) |
Wechsel -18% (-22%) |
Zuwanderung +17% (+38%) |
Schwundbilanz -16% (-20%) |
Schwund -33% (-58%) |
Agrar-/Forst-/Ernährungswissenschaften |
Abbruch -7% (-21%) |
Wechsel -16% (-10%) |
Zuwanderung +10% (+11%) |
Schwundbilanz -13% (-20%) |
Schwund -23% (-31%) |
Medizin
Wer die hohen Zulassungshürden (NC oder lange Wartezeiten) für ein Medizinstudium meistert, der – so zeigen die Zahlen – bleibt auch dabei und beisst sich durch. Dank der nach wie vor hohen gesellschaftlichen Anerkennung für Ärzte, aber sicher auch der Hoffnung (trotz aller Gesundheitsreformen) auf gute Verdienste verwundert das nicht. Bei Humanmedizin gab es zweitweise sogar durch "Zuwanderung" von Studierenden aus anderen Fachbereichen keinen Schwund, sondern am Ende mehr Absolventen, als die Zahl derer, die Medizin als ersten Studienversuch begonnen haben.
Humanmedizin |
Abbruch -5% (-8%) |
Wechsel -5% (-5%) |
Zuwanderung +9% (+14%) |
Schwundbilanz -1% (+1%) |
Schwund -10% (-13%) |
Zahn-/Veterinärmedizin |
Abbruch -3% (-8%) |
Wechsel -10% (-8%) |
Zuwanderung +9% (+10%) |
Schwundbilanz -4% (-6%) |
Schwund -13% (-16%) |
Ingenieurwesen
Bei den Ingenieurwissenschaften mit ihrem hohen Mathematik-Anteil geben weiterhin sehr viele im Studium auf und wechseln oder hören ganz auf. Die Schweinezyklen am Arbeitsmarkt, die hier besonders ausgeprägt sind ("Ingenieure dringend gesucht!" und dann wieder eher doch zu viele ...) mögen zeitweise ihr übriges dazu tun, dass die Abbruch- und Wechselquote hoch ist und bei Maschinenbau und Elektrotechnik sogar noch deutlich gestiegen ist. Die Industrie und die Fachverbände zeigten sich alarmiert über diese Befunde, die bezogen auf die Abbrecherquote schon früher bekannt geworden waren, vgl.
Nur einer kam durch: Studienabbruch in den Ingenieurwissenschaften (Artikel bei Studis Online, 19.05.2008). Sieht man nun, dass die Zahl der Weg-Wechsler diejenigen, die "zuwandern", deutlich übertrifft, wird klar, wie ungünstig die Bilanz ausfallen muss.
Maschinenbau |
Abbruch -34% (-25%) |
Wechsel -19% (-17%) |
Zuwanderung +7% (+6%) |
Schwundbilanz -46% (-36%) |
Schwund -53% (-42%) |
Elektrotechnik |
Abbruch -33% (-23%) |
Wechsel -20% (-20%) |
Zuwanderung +5% (+1%) |
Schwundbilanz -48% (-42%) |
Schwund -53% (-43%) |
Bauwesen |
Abbruch -16% (-35%) |
Wechsel -28% (-25%) |
Zuwanderung +9% (+10%) |
Schwundbilanz -35% (-50%) |
Schwund -44% (-60%) |
Kunst/Kunstwissenschaften
Die "brotlose" Kunst hat zwar durchaus ihre Abbrecher und Wechsler, zieht aber auch einige Wechsler aus anderen Fachbereichen an, so dass die Bilanz fast Null ist. Offenbar möchten diejenigen, die nach (möglicherweise einer Reihe von) Eignungsprüfungen genommen werden, ihre Berufung dann auch ausleben.
Kunst/Kunstwissenschaften |
Abbruch -12% |
Wechsel -11% |
Zuwanderung +21% |
Schwundbilanz -2% |
Schwund -23% |
Lehramt
LehrerInnen haben zwar keinen wirklich leichten Job, aber dank vieler Ferien und recht hoher Jobsicherheit (wenn man denn nach 2. Staatsexamen in den Staatsdienst übernommen wird) bleiben offenbar doch die meisten dabei, die Quote an Abbrechern ist moderat, Wechsel und Zuwanderung gleichen sich ungefähr aus.
Lehramt |
Abbruch -8% |
Wechsel -12% |
Zuwanderung +11% |
Schwundbilanz -9% |
Schwund -20% |
Fachhochschulen
Wie bei den Universitäten sind in allen folgenden Tabellen sind die Werte der aktuellen HIS-Studie mit Absolventenjahrgang 2006 denen der entsprechenden Studie zum Absolventenjahrgang 1999 gegenübergstellt (die 1999er-Werte finden sich im Klammern), um mittelfristige Tendenzen erkennen zu können. Für Fachhochschulen liegen leider nicht so umfassende Daten vor, so dass nur einige Fächergruppen betrachtet werden können.
An den Fachhochschulen waren die Quoten bei Abbruch und Wechsel in der Vergangenheit meist niedriger als bei vergleichbaren Fachbereichen an Universitäten und sanken weiter. Vor allem bei den Ingenieurwissenschaften gibt es aber nun offenbar deutlich steigenden Abbrecherquoten.
Sozialwissenschaften/Sozialwesen |
Abbruch -13% (-6%) |
Wechsel -2% (-5%) |
Zuwanderung +15% (+12%) |
Schwundbilanz 0% (+1%) |
Schwund -15% (-11%) |
Wirtschaftswissenschaften |
Abbruch -24% (-25%) |
Wechsel -3% (-3%) |
Zuwanderung +12% (+18%) |
Schwundbilanz -15% (-10%) |
Schwund -27% (-28%) |
Mathematik/Naturwissenschaften |
Abbruch -26% (-34%) |
Wechsel -4% (-7%) |
Zuwanderung +10% (+22%) |
Schwundbilanz -20% (-19%) |
Schwund -30% (-41%) |
Agrar-/Forst-/Ernährungswissenschaften |
Abbruch -12% (-25%) |
Wechsel -4% (-3%) |
Zuwanderung +12% (+6%) |
Schwundbilanz -4% (-22%) |
Schwund -16% (-28%) |
Ingenieurwissenschaften
Schon die Auswertung zu Studienabbrechern des HIS Anfang des Jahres zeigte, dass im Bereich Ingenieurwissenschaften einiges im Argen liegt. Wie an den Unis sind auch bei den Fachhochschulen die Abbrecherquoten in diesem Fachbereich gestiegen. Die Industrie und die Fachverbände zeigten sich alarmiert über diese Befunde, vgl.
Nur einer kam durch: Studienabbruch in den Ingenieurwissenschaften (Artikel bei Studis Online, 19.05.2008).
Insgesamt |
Abbruch -26% (-21%) |
Wechsel -4% (-5%) |
Zuwanderung +7% (+9%) |
Schwundbilanz -23% (-17%) |
Schwund -30% (-26%) |
Elektrotechnik |
Abbruch -36% (-20%) |
Wechsel -7% (-4%) |
Zuwanderung +8% (+8%) |
Schwundbilanz -35% (-16%) |
Schwund -43% (-24%) |
Quelle und weitere Artikel zum Thema
Kommentare zu diesem Artikel
1. VHagemann kommentierte am 05.03.2015 um 23:34:53 Uhr
Warum..?
Warum steht die Pharmazie denn nicht bei den anderen medizinischen Studiengängen? Die Abbrecherquote zeigt doch die gleiche Tendenz wie bei Zahnmedizin mit gerade mal 5%. Ebenfalls auf den NC zurückzuführen...
2. studi124 kommentierte am 19.06.2016 um 13:31:58 Uhr
Medizin
Meiner Meinung nach liegt die niedrige Abbrecherquote im Medizinstudium nicht so sehr am NC. Ich habe selbst erst Physik (fertig) studiert und dann (halb parallel) noch Humanmedizin. Meiner Erfahrung nach erfordert das Medizinstudium wenig Intelligenz, aber viel Wille und Fleiß und Auswendiglern-Fähigkeit. Von Vorteil fürs Durchhalten ist aber, dass die Studenten in der Regel hohe gesellschaftliche Anerkennung genießen ("Omas Liebling"), bereits während des Studiums, und dass die spätere praktische berufliche Tätigkeit im Normalfall schon stark vorgezeichnet ist.
Naturwissenschaftliche Fächer, in denen es hier ja offenbar laut der Statistiken auch den höchsten Schwund gab, unterschätzen viele Abiturienten, weil das Niveau hier in der Schule häufig sehr niedrig ist. Hinzu kommt, dass ein Diplom-Physiker nicht unbedingt immer erkennen kann, wo er denn dann bitte später mal (genau!) arbeiten wird.
Eigenen Kommentar hinzufügen
Diese Themen könnten Dich auch interessieren