Seltene Orchideenfächer machen die Hochschullandschaft bunt. Doch deren Studierende müssen sich jedoch oft für ihre Studienwahl rechtfertigen. Studis Online sagt: ein Hoch auf das Außergewöhnliche! Exemplarisch stellen wir Judaistik, Islamwissenschaften und Japanologie vor und geben Tipps zum Berufseinstieg.
Genauso vielfältig wie die Blüten der Orchideen sein können, sieht die Hochschullandschaft eigentlich auch aus. Das Problem: neben den großen „Massenfächern“ fallen die kleinen Fächer kaum auf.
„Und was möchtest du damit später machen?“ Diese Frage bekommen Studierende mit beliebten Fächern, wie Medizin oder BWL, eher selten zu hören. Wer sich für ein Orchideenfach wie Judaistik, Japanologie oder Islamwissenschaften entscheidet, sieht sich auch mit folgendem Vorurteil konfrontiert: „Damit bekommst du doch eh keinen (vernünftigen) Job!“
Orchideenfächer sind außergewöhnlichere, meist kleine Studiengänge. Meist verankert in den Geistes- oder Sozialwissenschaften.Für ein außergewöhnliches Orchideenfach entscheiden sich viele sehr bewusst. Orchideen gelten als exotisch – doch sind sie auch ausdauernd und zäh. Wir stellen dir drei geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer vor, die gemeinhin als „brotlose Kunst“ gelten. Und zeigen dir, wie du mit ihnen beruflich punkten kannst.
Was die Orchideen-Welt im Innersten zusammenhält...
Fächer wie Judaistik, Japanologie und Islamwissenschaften kennzeichnet eine Gemeinsamkeit: sie behandeln die Kultur, Sprache und Geschichte bestimmter Regionen. Doch AbsolventInnen werden oft mit Problemen konfrontiert. Welche Qualifikationen bietet mein Studienfach? Kombiniere ich es lieber mit einer nicht-geisteswissenschaftlichen oder mehr praxisorientierten Disziplin? Welche Praktika plane ich ein – und wo? Soll ich die fachlichen Kenntnisse ausbauen – oder doch lieber die vermittelten „Softskills“? Und nicht zuletzt: Welchen Beruf ergreife ich nach dem Studium?
Neben diesen Fragen fehlt noch ein zentraler Punkt: Was ist überhaupt Inhalt meines gewünschten Studienfaches? Deswegen folgt hier ein grober Überblick über die wichtigsten Themen der Judaistik, Islamwissenschaft und Japanologie.
Mit Beginn der 80er Jahre erhielt Japanologie Einzug in die deutsche Wissenschaft – immerhin gehört das Industrieland seit 1973 zur G7. Professoren lehren dich Kenntnisse zur Geschichte und Sprache Japans, zu dessen Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Hier kann der Studienschwerpunkt variieren: von vormoderner Geschichte Japans bis zu moderner Wirtschaft und Politik Japans.
Am besten interdisziplinär
Im Allgemeinen erarbeitest du dir ähnlich den Geschichtswissenschaften sozial- und kulturwissenschaftliche Methoden zur Japanologie. Die Deutsch-Japanische Gesellschaft Rhein-Neckar empfiehlt eine Kombination von Japanologie mit BWL, VWL, Soziologie oder Geographie. Somit kannst du deine Fachkenntnisse interdisziplinär vertiefen und es vereinfacht deinen späteren Berufseinstieg.
Judaistik und Jüdische Studien (Jewish Studies) betrachten die Religion und Kultur des Judentums vom wissenschaftlichen Standpunkt aus. Ursprünglich diente das Fach zionistisch geprägter Identitätsfindung des modernen Judentums. Heute sind Judaistik und Jüdische Studien nicht-konfessionelle Studiengänge. Das bedeutet, dass dir dieses Fach nicht nur die Religion des Judentums nahebringt, sondern auch dessen Sprache, Geschichte, Kultur und Brauchtümer von den Anfängen ca. 1200 v.Chr. bis in die Gegenwart. Du erlernst Althebräisch (=Bibelhebräisch) und Neuhebräisch (=Hebräisch des modernen Staates Israel) und je nach Fakultät sogar Aramäisch, Jiddisch, Ladino, Judäo-Arabisch und andere Färbungen des Hebräischen.
Von der Tora zur Kabbala
Der zentrale Literaturgegenstand bleibt die Hebräische Bibel, die sogenannte Tora. Des weiteren lernst du Rabbinertexte (Mischna, Talmud), antik-jüdische Quellen (Qumran-Rollen) und Texte der jüdischen Mystik und Kabbala kennen. Abhängig vom Studienland, liest du die deutsche, schweizerische oder österreichische Literatur des Judentums.
Je nach Universität kannst du dich auch im Bereich der Holocaust-Forschung spezialisieren, etwa im Masterstudiengang „Judaism in Historical Context“ der Freien Universität Berlin. Weitere Möglichkeiten der Spezialisierung bestehen in der Geschichte des spanischen, osmanischen oder amerikanischen Judentums.
Emma Van Sant - Public domain
4. Studieninhalte Islamwissenschaften
13 Bundesländer bieten an 21 deutschen Universitäten Islamwissenschaften oder verwandte Studiengänge wie „Naher und Mittlerer Osten“ oder „Islam in den Gesellschaften Asiens und Afrikas“ an.
Das Fach Islamwissenschaften (Islamic Studies) bietet dir vor allem religions- und kulturwissenschaftliche Kenntnisse. Du erfährst, welche Entwicklungen sich seit dem ersten Auftreten Muhammads bis heute vollzogen. Islamische Theologie, islamisches Recht sowie islamische Mystik sind Kernthemen.
Zugang erhälst du durch das Studium zu islamischen Kulturen in Europa, Asien und Afrika. Das schließt auch einzelne Ausläufer in den Philippinen, Sibirien und Afghanistan ein.
Interdisziplinär: von Archäologie bis Wirtschaft
Hilfreich ist dabei das Erlernen von Sprachen wie Arabisch, Türkisch oder Persisch, die je nach Universität angeboten werden. Islamwissenschaften sind ebenso interdisziplinär aufgebaut wie Judaistik und Japanologie. Nicht nur Religion, Literatur und Geschichte des Islams sind hier Gegenstand, sondern ebenso Wirtschaft, Politik, Recht, Philosophie, Kunst und Archäologie. Im Master-Studiengang hast du je nach Institut die Möglichkeit, deine Kenntnisse in Schwerpunkten wie „Arabischer Islam“, „Iranisch-persischer Islam“ oder „Türkisch-osmanischer Islam“ zu vertiefen.
5. Zugangsvoraussetzungen
Es gibt noch eine Gemeinsamkeit der drei Orchideenfächer: Judaistik, Japanologie und Islamwissenschaften sind selten zulassungsbeschränkt! Zwar gibt es vereinzelt Universitäten, die einen örtlichen NC besitzen, doch sind dies wenige.
Einzelne Studiengänge für Judaistik und Islamwissenschaften sind sogar mit Feststellungsprüfung anstelle des Abiturs möglich. An den meisten Universitäten wird als Zugangsvoraussetzung für Judaistik, Islamwissenschaften oder Japanologie Englisch der Stufe B1 oder B2 verlangt. Wenige Universitäten fordern eine weitere moderne Fremdsprache oder Latein. Doch ist die Studiensprache der drei Studiengänge stets Deutsch.
6. Exotische Fächer – exotische Sprachen
In kleinen Fächern wie Judaistik oder Japanologie werden Sprachen gelehrt, welche sich europäischen Muttersprachlern als schwierig erweisen. Schriftsystem und Grammatik des Japanischen, Hebräischen und Arabischen unterscheiden sich deutlich. Auch sind Grammatikbücher selten, teuer und leider oft veraltet.
Von dieser Sprachhürde solltest du dich aber nicht entmutigen lassen! Denn die Sprachen von Exotenfächern stehen nicht als Kommunikationssprachen im Vordergrund. Sie werden in den Seminaren häufig als „Kultursprachen“ gelehrt. Das heißt, du erhälst durch das Lernen von Japanisch, Hebräisch- und Arabisch einen Zugang zur jeweiligen Kultur1.
Erwirb Schlüsselqualifikationen!
Infos zur Autorin
Maria Köpf studierte Germanistik und Judaistik an der Freien Universität Berlin. Sie lebte je ein halbes Jahr in Israel und Spanien. Seit einigen Jahren verbindet sie mit den abgeschlossenen Studien und Ausbildungen Journalismus und Medizin und schreibt heute als freie Journalistin vor allem für medizinische Fachzeitschriften und Magazine.
Auch solltest du die Softskills in der Zeit deines Orchideenstudiums ausbauen. In Leitungspositionen sind heutzutage vermehrt „weichen Fähigkeiten“ gefragt. Etwa Analysevermögen, Kommunikationsfähigkeit, Empathie und interkulturelle Kompetenz.
Mit Schlüsselqualifikationen steht dir ein breites Spektrum an Berufen offen. An interkulturellen und sozialen Defiziten scheitern heutzutage immer mehr Akademiker.
Study Abroad
Auch sollten Studierende unbedingt einen Auslandsaufenthalt einplanen. Vorteilhaft ist, dass für Auslandssemester und Studienreisen besonders in den Fächern viel getan wird, die einen starken Regionalbezug haben und der Spracherwerb im Zentrum steht.
Kleine, überschaubare Institute lassen den Auslandsaufenthalt unkompliziert abwickeln. So bietet bspw. das recht kleine Orientalische Seminar der Universität Freiburg Erasmus-Partnerschaften mit der Universität Tekirdağ in der Türkei an.
Do it yourself!
Auch Auslandsaufenthalte in Selbstorganisation – etwa während eines Urlaubssemesters – machen sich bezahlt. So bieten sich Speditionsfirmen in Saudi-Arabien und Kairo/Ägypten, internationale Begegnungsstätten in Israel oder bei Waren- und IT-Exportunternehmen in Japan an.
Möglich sind auch (äußerst begehrte) Praktika in Botschaften oder Goethe-Instituten. Diese sind zwar für die Literaturrezeption der Fächer nicht notwendig – heben jedoch den beruflichen Wert des ungewöhnlichen Fachs.
7.Berufsaussichten
Seltene Berufe: für die Idealisten ...
Viele Studierende von diesen kleinen Fächern sind IdealistInnen und zeigen ein hohes Interesse an anderen Kulturen und Gesellschaften: sie verbrachten vor ihrem Studium einige Zeit in einem Land des Nahen Ostens oder in Japan und würden gern als Journalisten hierüber berichten.
Andere arbeiteten ehrenamtlich oder im Minijobbereich in jüdischen oder arabischen Einrichtungen und Vereinen wie Holocaust-Gedenkstätten, Besucherdiensten, Museen, Flüchtlingscamps oder ähnlichen Institutionen. Ein entsprechendes Studium kann ein Türöffner sein, in diesen Bereichen auch später eine Stelle zu finden.
Nischenberufe der exotischen Fächer sind und bleiben die gefragten Berufe in der Wissenschaft, Forschung und (Hochschul-)Lehre, wie als Religionslehrende an privaten Schulen (Islamwissenschaften, Judaistik).
Genauso gefragt – und leider sehr rar – sind Medien-Berufe wie JournalistIn, RedakteurIn, LektorIn, ÜbersetzerIn oder PressesprecherIn. Hier werden die meisten nach dem Studium wohl den prekären Weg über Praktika und Volontariate suchen müssen, um im Medienbereich unterzukommen.
Eine aussichtsreichere „Lücke“ für das Expertenwissen von Orchideenfächlern stellen die Bereiche Kultur und Dokumentation dar. Denkbar sind Berufe wie KulturpädagogIn großer Museen, MuseumsführerIn, MuseumsarchiveurIn, ArchivleiterIn, BesuchsbegleiterIn von Gedenkstätten, Bibliotheksangestellte, PressesprecherIn und FundraiserIn von Kulturvereinen sowie religiösen Interessenvertretungen.
Für IslamwissenschaftlerInnen und JapanologInnen bietet sich auch die freie Wirtschaft. Hier sind Berufe wie Projektassistenz oder Projektleitung, Vertriebsmitarbeit, Marketingassistenz oder Beratung im Personalwesen denkbar. Auch suchen japanische oder arabischsprachige Exportfirmen (IT-, Chemie-, Waren- und Rohstoffunternehmen) oft Sprachexperten für ihre Korrespondenz.
Genauso können AbsolventInnen bei Speditionsfirmen in Israel, Japan oder in arabischen Ländern Anstellung finden. Für solche Berufe wird jedoch die Doppelqualifizierung empfohlen: idealerweise die Studiengang-Kombination mit BWL, VWL oder Wirtschaftswissenschaften.
Orchideenfach? Keine Sackgasse!
Doch wie können Studierende eines seltenen Faches beruflich punkten? Und trotz „brotloser Kunst“ hoch hinaus kommen?
Zuerst einmal erlernst du Fachwissen kulturell und wirtschaftlich bedeutender Länder und Regionen. Dadurch bieten sich dir neue Nischenberufe an. Berufe, die dich in Kontakt zu Einheimischen arabischsprachiger Länder, Israels oder Japans treten lassen. Oder du wendest deine selten verbreiteten Sprach- und Kulturkenntnisse an.
Viele Berufsfelder sind denkbar: Von der BeraterIn für Entwicklungszusammenarbeit über die KulturpädagogIn eines Museums bis hin zur KorrespondentIn einer japanischen, arabischen oder israelischen Exportfirma. Hier sind Kenntnisse der Sprache, Kultur und Religion der jeweiligen Region gefragt.
Viele AbsolventInnen landen auch als QuereinsteigerInnen in der freien Wirtschaft, in der Verwaltung oder bei den Medien: als MarketingassistentIn oder JournalistIn.
Hinweis zu den hier beworbenen Studienangeboten Studis Online bietet den Hochschulen die Möglichkeit, ihre Studienfächer gegen ein Entgelt mit ausführlicheren Informationen als den von uns recherchierten Basisinformationen vorzustellen.