2. Wie es war, Ethnologie zu studieren
Von Michael Wudi, Studis Online-Redakteur
Ich habe Ethnologie im Nebenfach studiert neben meinem Geographie-Diplomstudium – und es war für mich eine absolut richtige Entscheidung! Durch das Studium der unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Systeme und Beziehungen wird man immer wieder gefordert, seine (westliche) Sicht auf die Welt zu hinterfragen.
So ist es für das Ethnologiestudium fast unabdingbar die Bereitschaft mitzubringen, sich selbst stets zu reflektieren und vorschnelle Werturteile über „andere“ Gepflogenheiten und kulturelle Wertvorstellungen hintenanzustellen. Vielmehr sollte man Lust haben, sich mit diesem „Anderen“ auseinanderzusetzen – und vielleicht zu merken, wie ähnlich doch auch manches ist.
Ethnologie nur zu studieren, weil man Reggae-Musik mag, ist jedenfalls nicht die einzig beste Motivation – und wird diese auch schnell enttäuschen. Die Vorstellung, dass dort „Völker“ als solche untersucht werden, muss als veraltet bezeichnet werden. Vielmehr stehen soziale und kulturelle Beziehungen von und zwischen Gruppen im Fokus ethnologischer Forschung – insbesondere die Gruppenbildungsprozesse. Und hierfür bildet das Studium eine wissenschaftliche Basis durch die Beschäftigung mit der Geschichte der Disziplin und einer intensiven theoretischen Auseinandersetzung mit Kulturkonzepten.
Neben der inneren Einstellung sollte man auch wissen, dass das Ethnologiestudium bedeutet, viele viele wissenschaftliche Texte auf englisch zu lesen (was auch recht anstrengend sein kann…). Daneben noch ein Tipp zur Uniwahl: wie bereits im Interview erwähnt, haben die Institute sehr spezifische Schwerpunkte, sowohl was die Regionen als auch die Thematiken angeht. So ist beispielsweise Heidelberg ein bekannter Hotspot für Medizinethnologie und in Mainz ist Afrika Hauptschwerpunkt. Schaue dir auch die Veröffentlichungen und Lehrgebiete der Dozent*innen an.
Die wenigsten Uni-Absolvent*innen, die Ethnologie im Haupt- oder Nebenfach studiert haben, arbeiten später auch als „echte“ Ethnolog*innen – dies ist großteils nur in der Forschung, der Entwicklungszusammenarbeit und den rar gesäten Stellen in Bildungseinrichtungen, Verbänden und Museen möglich. Für die meisten, wie auch für mich, ist das Studium eher Horizonterweiterung gewesen – aber sowas schadet ja auch nicht. Die im Studium erworbenen Kompetenzen (z. B. in den Bereichen Interkultur, erworbene Sprachkenntnisse oder auch der kritische Umgang mit Texten) sind auch von den meisten Absolvent*innen in irgendeiner Form für das spätere (Berufs-)Leben nach der Uni praktisch.