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„Es geht um die Vielfalt menschlichen Lebens“
Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie

hecke71 - Fotolia.com (stock.adobe.com)
25.06.2025
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Wer sich für unterschiedliche Kulturen, gesellschaftliche Dynamiken und das Leben in verschiedenen Teilen der Welt interessiert, stößt schnell auf das Fach Ethnologie bzw. Sozial- und Kulturanthropologie. Wir zeigen dir, was dich im Studium erwartet und was es mit den unterschiedlichen Begrifflichkeit auf sich hat. Im Interview gibt Prof. Dr. Hansjörg Dilger fundierte Einblicke. Ergänzt wird der Beitrag durch einen authentischen Erfahrungsbericht aus der Studis-Online-Redaktion.


1. Kurz + knapp

Im Ethnologie-Studium geht es darum, menschliche Lebensweisen, Kulturen und soziale Beziehungen weltweit vergleichend zu erforschen und kritisch zu hinterfragen.

Ja, die gibt es. Da sich die Lehrinhalte und das Fach in der Vergangenheit verändert haben findest du das Studienfach „Ethnologie“ beispielsweise unter „Kultur- und Sozialanthropologie“ Früher hieß das Studium „Völkerkunde“, was jedoch nicht mehr zeitgemäß ist.

Die Regelstudienzeit für Ethnologie im Bachelorstudium beträgt 6 Semester in welchen du durchschnittlich 180 CP erbringen musst. Einen Master kannst du binnen 4 Semestern studieren, in welchen du 120 CP erbringen musst. Mehr zu Studiendauer- und form findest du hier.

Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie kann in 20 Städten studiert werden, unter anderem in Berlin, Bayreuth, Frankfurt / Main, Göttingen, Halle, Heidelberg, Köln, Leipzig, Mainz und Münster.




2. Was erwartet mich in einem Ethnologie-Studium?

Ethnologie beginnt mit dem Hinschauen

Ethnolog*innen fragen sich nach einem beobachtenden Blick auf unser Titelbild vielleicht Dinge wie: Besitzt diese Frau das Land? Wie werden die Besitzverhältnisse durch Verwandtschaftssysteme bestimmt? Welche Rolle nehmen Frauen in der Dorfgemeinschaft und in den Familien ein? Welchen Einfluss haben transnationale Marktbeziehungen auf den Alltag dieser Frau? Und was würde diese Frau überhaupt davon halten, für einen Artikel über Ethnologie „herhalten" zu müssen? Man weiß es nicht. Klar aber ist, solche oder so ähnliche Fragestellungen erwarten dich auch im Studium der Ethnologie / Sozial-und Kulturanthropologie.

Vom Bild der ‚Völker‘ zu vernetzten Lebenswelten

Ethnologie ist eine Kultur- und Sozialwissenschaft, die sich mit dem menschlichen Zusammenleben in all seinen Formen beschäftigt. Kurz gesagt fragt sie, wie Menschen in unterschiedlichen sozialen und kulturellen Kontexten leben, denken, handeln – und wie sie ihre Welt verstehen.

Ursprünglich entstand die Ethnologie im 19. Jahrhundert im Kontext europäischer Kolonialmächte. Damals lag der Fokus oft auf der Beschreibung vermeintlich „fremder“ oder „exotischer“ Bevölkerungsgruppen aus eurozentrischer Perspektive. Diese Herangehensweise wird heute kritisch hinterfragt. Moderne Ethnolog*innen analysieren, wie solche Vorstellungen vom „Eigenen“ und „Fremden“ konstruiert wurden – und wie sie mit Machtverhältnissen und historischen Entwicklungen zusammenhängen.

Heute beschäftigt sich die Ethnologie mit vielfältigen Lebensrealitäten weltweit – von Stadtteil‑Gemeinschaften in Berlin über Heilungsnetzwerke in Ostafrika bis hin zu transnationalen Familiennetzwerken zwischen Lateinamerika und Europa.

Pflicht zum Blick über den Tellerrand

Besonders wichtig ist dabei die Feldforschung: Im Studium lernen Ethnolog*innen, wie man durch langfristige Teilnahme am Alltag einer Gemeinschaft deren Perspektiven verstehen und dokumentieren kann. Das Studium vermittelt also nicht nur Theorien und Methoden, sondern schärft auch den Blick für gesellschaftliche Zusammenhänge, kulturelle Vielfalt und die eigene Rolle als Forschende*r. In vielen Studiengängen erwartet dich dementsprechend auch ein verpflichtendes Auslandsfeldforschungsprojekt, ein Auslandssemester oder ein Praktikum – je nach Ausrichtung. Die Einsatzfelder für Praktika in diesem Fachbereich sind sehr vielfältig, etwa in Kulturinstitutionen, NGOs, Bildung, Politik, Medien, Entwicklungszusammenarbeit, Tourismus oder Ausstellungswesen.

Je nach Universität variieren die Schwerpunkte mit denen das Studienfach angeboten wird stark – informiere dich daher früh über regionale und thematische Profile der Institute.

Häufige Module sind z.B.:

  • Einführung in die Ethnologie / Sozial‑ und Kulturanthropologie

  • Theorien von Kultur & Gesellschaft (funktionalistisch bis postkolonial)

  • Methoden der qualitativen Feldforschung (teilnehmende Beobachtung, Interviews, audiovisuelle Dokumentation)

  • Regionale Ethnologien: Afrika, Südostasien, Lateinamerika, Europa u.a.

  • Wirtschafts‑ und Politikethnologie

  • Medizin‑, Umwelt‑ oder Religionsethnologie

  • Gender & Queer Anthropology

  • Visuelle Anthropologie / Digitale Ethnografie

  • Migration, Diaspora & Globalisierung


3. Passt das Studium zu mir?

Wenn du neugierig auf kulturelle Vielfalt bist, bereit, deine eigenen Wertvorstellungen zu hinterfragen, und Lust hast, Feldforschung vor Ort durchzuführen, zu beobachten und zu interviewen – u.U. auch im Ausland –, dann könnte das Ethnologie-Studium gut zu dir passen. Auch solltest du keine Scheu vor englischer Fachliteratur haben. Eine gewisse Zielstrebigkeit solltest du außerdem mitbringen. Da nur die Wenigsten am Ende tatsächlich als Ethnolog*innen arbeiten, ist ein konkretes Berufsziel schon am Anfang des Studiums hilfreich und sinnvoll.

Das Studium verlangt einen interdisziplinären Blick, denn es verbindet u.a. Ansätze aus Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft, Medien- und Religionsforschung. Wenn du jetzt schon merkst, dass du dich für einen dieser Bereiche besonders interessierst, könnte z.B. ein reines Geschichtsstudium eher etwas für dich sein. Weitere Alternativen zum Ethnologiestudium findest du hier:

Von Michael Wudi, Studis Online-Redakteur

Ich habe Ethnologie im Nebenfach studiert – neben meinem Geographie-Diplomstudium – und es war für mich eine absolut richtige Entscheidung! Durch das Studium der unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Systeme und Beziehungen wird man immer wieder dazu herausgefordert, die eigene (westliche) Sicht auf die Welt zu hinterfragen.

Für das Ethnologiestudium ist es nahezu unabdingbar, die Bereitschaft mitzubringen, sich selbst kontinuierlich zu reflektieren und vorschnelle Werturteile über „andere“ Gepflogenheiten und kulturelle Vorstellungen zurückzustellen. Vielmehr sollte man offen dafür sein, sich auf das vermeintlich „Fremde“ einzulassen – und dabei vielleicht sogar zu erkennen, wie vertraut einem manches letztlich doch ist.

Ethnologie allein deshalb zu studieren, weil man Reggae-Musik mag, ist jedenfalls keine besonders tragfähige Motivation – und wird ziemlich sicher enttäuscht. Die Vorstellung, dass in der Ethnologie „Völker“ als homogene Gruppen untersucht werden, ist – wie auch im Interview oben angesprochen – längst überholt. Im Zentrum ethnologischer Forschung stehen vielmehr soziale und kulturelle Beziehungen innerhalb und zwischen Gruppen – insbesondere die Prozesse, durch die solche Gruppen überhaupt erst entstehen. Das Studium bietet hierfür eine wissenschaftliche Grundlage: durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Fachs und mit verschiedenen theoretischen Kulturkonzepten.

Neben einer passenden Haltung solltest du auch wissen: Ethnologie zu studieren bedeutet, viele, viele wissenschaftliche Texte – vor allem auf Englisch – zu lesen. Das kann durchaus anstrengend sein. Ein weiterer Tipp zur Studienwahl: Wie im Interview erwähnt, haben die ethnologischen Institute jeweils sehr spezifische regionale und thematische Schwerpunkte. So gilt beispielsweise Heidelberg als Hotspot für Medizinethnologie, in Mainz und Bayreuth liegt der regionale Fokus auf Afrika, während Südostasien-Fans in Göttingen gut aufgehoben sind. Schau dir also unbedingt auch die Lehrgebiete und Veröffentlichungen der Dozent*innen an.

Die wenigsten, die Ethnologie im Haupt- oder Nebenfach studieren, arbeiten später tatsächlich als „klassische“ Ethnolog*innen – entsprechende Stellen gibt es vor allem in der Forschung, in der Entwicklungszusammenarbeit oder vereinzelt in Bildungseinrichtungen, Museen und Verbänden. Für viele, so auch für mich, war das Studium vor allem eine Horizonterweiterung – und die schadet bekanntlich nie. Die im Studium erworbenen Kompetenzen, etwa im Bereich interkultureller Kommunikation, in Fremdsprachen oder im kritischen Umgang mit Texten, lassen sich in unterschiedlichsten beruflichen Kontexten gewinnbringend einsetzen.


4. Begriffe im Wandel – Interview mit Prof. Dr. Hansjörg Dilger

Im Interview erläutert Prof. Dr. Hansjörg Dilger, stellvertretender Direktor des Instituts für Sozial- und Kulturanthropologie an der FU Berlin, wie sich die Ethnologie zu einer modernen Sozial- und Kulturanthropologie gewandelt hat, die globale soziale und kulturelle Zusammenhänge erforscht – jenseits veralteter Vorstellungen von „Völkern“ und mit enger Anbindung an internationale Fachdebatten. Hier haben wir das Wichtigste für dich zusammengefasst.

Was ist eigentlich Ethnologie – oder doch Sozial- und Kulturanthropologie?

„Die Ethnologie ist dem Namen nach die Untersuchung von ethnischen Gruppen. Das ist nicht mehr das, was wir ausschließlich tun“, erklärt Prof. Dr. Hansjörg Dilger vom Institut für Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin im Interview mit Studis Online. Heute gehe es vielmehr darum, „den Menschen in seinen vielfältigen sozialen und kulturellen Bezügen“ zu verstehen – etwa in Bezug auf Migration, Gesundheit oder Medien. Deshalb wurde sein Institut bereits 2015 umbenannt.

Internationale Orientierung

Diese Namensänderung steht laut Dilger im Zusammenhang mit internationalen Fachtraditionen: „In Großbritannien heißt das Fach Social Anthropology, in den USA Cultural Anthropology.“ Auch wenn beide Strömungen unterschiedliche historische Wurzeln haben, beschäftigen sie sich heute mit ähnlichen Fragen – nämlich mit der globalen Vielfalt menschlichen Lebens.

Abgrenzung zu anderen Fächern

„Unsere Stärke ist es, über Europa hinauszuschauen“, so Dilger weiter. Während etwa die Soziologie stärker auf europäische Gesellschaften und die Moderne blicke, nähmen Ethnolog*innen eine weltweit vergleichende Perspektive ein – oft mit langfristiger teilnehmender Beobachtung. Zur Europäischen Ethnologie (ehemals Volkskunde) sieht Dilger große Überschneidungen in den theoretischen und methodischen Ansätzen, aber eben auch eine andere regionale Ausrichtung.

Warum der Name trotzdem bleibt

Trotz des inhaltlichen Wandels findet Dilger: „Es ist auch pragmatisch, am Begriff Ethnologie festzuhalten – ‚Sozial- und Kulturanthropologie‘ ist ja sperrig.“ Der Begriff sei im deutschsprachigen Raum etabliert, und mittlerweile wisse auch eine breitere Öffentlichkeit, worum es im Fach geht.

Von Ralf Hutter (Interview geführt 2015)


5. Wo kann Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie studiert werden?

Du kannst Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie an vielen Hochschulen in Deutschland studieren. Das Studienangebot ist recht groß. Insgesamt kann Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie in 20 Städten studiert werden.


6. Dauer des Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie-Studiums und mögliche Studienabschlüsse

In der Regel dauert das Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie Studium 6 Semester und wird als Bachelor of Arts mit einer Bachelorarbeit abgeschlossen. Insgesamt werden dabei 180 ECTS-Punkte (Credit Points) erbracht.

Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie wird oft im Rahmen eines Mehrfach-Bachelors studiert. Es kann dabei Haupt- oder Nebenfach sein. Es gibt auch Studienangebote, bei denen es eine Hälfte eines 2-Fach-Bachelors ist.

Anschließend kann noch das Master-Studium in Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie oder einem ähnlichen Masterstudiengang absolviert werden. Der Master of Arts kann in 4 Semestern abgeschlossen werden, wobei 120 Credits erbracht werden müssen.

Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie: Studiendauer (Regelstudienzeit)
Bachelor6 Semester
Master4 Semester
Bachelor (Teilzeit)12 Semester
Master (Teilzeit)6 - 8 Semester

Studienformen des Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie-Studiums

Die klassische Form des Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie-Studiums ist das Vollzeit-Präsenzstudium. Man studiert Vollzeit an einer Hochschule, an der man praktisch täglich zu Veranstaltungen (Vorlesungen, Übungen, Tutorien etc.) geht und wo auch die Prüfungen stattfinden. Vollzeit bedeutet grob 40 Stunden / Woche, wobei in der Realität meist Phasen mit weniger Zeitaufwand anderen (vor allem vor größeren Prüfungen) gegenüberstehen, in denen evt. auch mehr Zeit pro Woche mit dem Studium verbracht wird.

Daneben gibt es Studienangebote in Teilzeit, d.h. das Studium ist dabei so organisiert, dass man mit geringerem Zeitaufwand pro Woche, aber entsprechend längerer Studienzeit zum Studienabschluss kommen kann.


7. Was kostet ein Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie-Studium 2025 und wie finanziere ich es?

Was das Leben als Student:in kostet

Während eines Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie-Studiums brauchst du eine finanzielle Grundlage für eine Unterkunft am Studienort, für Nahrung, Kleidung, Fahrtkosten, Telefon und Internet sowie Bücher und Arbeitshefte. Je nach Ort und eigener Sparsamkeit liegen die monatlichen Ausgaben – wenn nicht bei den Eltern gewohnt wird – zwischen ca. 800 € und über 1.900 €. Im Durchschnitt geben Studierende inzwischen fast 1.000 € im Monat aus.

Der Hauptkostenpunkt ist in der Regel die Miete. Anhaltspunkte zur Höhe im Artikel Mieten für ein WG-Zimmer.

Und wie bezahle ich das alles?

Für alle, die mit knapp 20 ein Studium beginnen, dürfte der gerade angesprochene Studienfinanzierungs-Check gar nicht nötig sein. Für sie sind meist die Eltern die erste Finanzquelle – Details dazu im Artikel Unterhalt von den Eltern.

Haben die Eltern wenig Einkommen, springt das BAföG für Studierende ein – das zum Wintersemester 2024/2025 immerhin um 5% erhöht wurde. Für einige kann auch ein Stipendium in Frage kommen.

Seit Wintersemester 2024/2025 gibt es für unter 25-jährige, die vor dem Studium Bürgergeld (oder einige andere Sozialleistungen) beziehen, auf Antrag eine Studienstarthilfe von einmalig 1.000 €.

Ansonsten jobbt die große Mehrheit der Studierende noch neben dem Studium.

Weitere Möglichkeiten der Studienfinanzierung findest du in unserer Übersicht Geld für das Studium. Oder nutze den Studienfinanzierungs-Check – dann weißt du schneller, was überhaupt für dich in Frage kommt.


8. Berufe und Verdienstmöglichkeiten

Aus dem Studium sollte später ein Beruf werden. Hier ein oder mehrere Beispiele – natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Immer auch mit Infos zum Gehalt im jeweiligen Beruf. Und gelegentlich mit Video 🎥


Weiterführendes zum Studienfach Ethnologie

Weiterführendes auf Studis Online

Hochschulen, an denen Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie (veraltet: „Völkerkunde“) studiert werden kann:

Wenn Du lieber einen Fokus auf europäische Gesellschaften legen möchtest: Finde hier Hochschulen, an denen Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie studiert werden kann.

Noch Fragen? Vielleicht hilft Dir ja ein Blick in unser Forum weiter!

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