Nachhaltig und ressourcenschonend: Das zeichnet grüne Jobs aus. Wer nach dem Hochschulabschluss in dieses Gebiet einsteigen will, hat ganz unterschiedliche Optionen. Er kann neben Umweltschutz oder erneuerbaren Energien auch in vielen anderen Branchen arbeiten. Denn in immer mehr Unternehmen ist Nachhaltigkeit ein Thema.
Von Anja Schreiber
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Grüne Jobs sind auf alle Branchen verteilt. Der Schutz von Umwelt und Ressourcen ist in vielen Unternehmen von Bedeutung.
Mit welchen Studiengängen haben AbsolventInnen gute Berufsaussichten in den grünen Jobs?
So unterschiedlich die Branchen, so verschieden sind auch die benötigten Fachkräfte. „Unternehmen brauchen zum Beispiel Maschinenbau- und Elektroingenieure, aber auch Biologen und andere Naturwissenschaftler. Städteplaner oder Geografen sind ebenfalls gefragt“, erklärt Ostenrath. Deshalb haben auch nicht nur AbsolventInnen eines speziellen Studiengangs im Bereich Nachhaltigkeit eine Chance.
Im Management arbeiten zudem BWLer. Juristen finden sich bei Behörden und in der Privatwirtschaft häufig im Bereich des Umweltrechts. Die Chancen für GeisteswissenschaftlerInnen sind dagegen eher gering. Man findet sie am ehesten in den PR- und Personalabteilungen der Unternehmen. „Grundsätzlich haben alle grünen Branchen einen überproportional hohen AkademikerInnen-Anteil“, berichtet Ostenrath. „Schließlich handelt es sich um hochgradig wissensbasierte Wirtschaftszweige.“
Auch die Arbeitgeberlandschaft ist vielfältig, sie reicht vom öffentlichen Dienst über NGOs bis hin zu Industrieunternehmen. „Im Bereich der Umwelttechnik gibt es in Deutschland viele kleine und mittlere Unternehmen, deren Namen zwar nur wenigen ein Begriff ist, die aber global zu den ‚Hidden Champions‘ gehören.“
Wo gibt es grüne Jobs?
„In Deutschland arbeiten etwa 2,5 Millionen Menschen in grünen Jobs“, berichtet Krischan Ostenrath vom Wissenschaftsladen Bonn. Er verantwortet den Informationsdienst „WILA Arbeitsmarkt Umwelt und Natur“. Diese Arbeitsplätze sind in unterschiedlichen Branchen angesiedelt wie etwa in der Abfall- und Wasserwirtschaft oder im Bereich der erneuerbaren Energien. Auch klassische grüne Berufe im Gartenbau, im Tierschutz sowie in der Forstwirtschaft und Zoologie gehören dazu. Tätigkeiten im Umweltmanagement oder in der Stadt- und Raumplanung zählen ebenfalls zu den „Green Jobs“.
Ein konkretes Beispiel für einen grünen Job ist die Arbeit einer Projektfinanziererin. Wer in diesem Bereich arbeitet, befasst sich mit der Frage, ob sich etwa der Bau einer konkreten Biogas- oder Geothermieanlage lohnt. Zu den weiteren Aufgaben der ProjektfinanziererInnen kann auch das Projektcontrolling sowie das Verhandeln von Verträgen mit Banken und institutionellen Investoren gehören. Für dieses Berufsbild kommen zum Beispiel WirtschaftsingenieurInnen und WirtschaftswissenschaftlerInnen infrage.
Die Jobchancen für HochschulabsolventInnen gehen weit über den klassischen Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsbereich hinaus. „Es gibt inzwischen den Begriff ‚Greening of Jobs‘. Damit ist die Durchdringung der Berufswelt in Richtung Umweltschutz und Nachhaltigkeit gemeint“, berichtet Markus Janser, Wissenschaftler am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit.
Grüne Jobs existierten nicht nur in Betrieben, die Produkte und Dienstleistungen im Umweltschutz anbieten, sondern in allen Branchen und Unternehmen … zum Beispiel, wenn diese auf Energieeffizienz achten. Beschäftigte übernehmen in solchen Betrieben etwa Aufgaben im Klimaschutzmanagement.
„Eine Spezialisierung im Bereich der Energieeffizienz bietet große Chancen für BerufseinsteigerInnen“, betont ebenfalls Prof. Dr. Maximilian Gege, der Vorsitzender des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e.V.). „Das Thema ist für jedes Unternehmen relevant und bietet riesige Einsparungspotenziale von 30 bis 40 Prozent. Aus diesem Grund werden in mittelständischen Firmen zunehmend Beschäftigte gesucht, die sich im Bereich der Energie- und Kreislaufwirtschaft auskennen.“
Das Auto der Zukunft hat keinen Verbrennungsmotor. „Deshalb ist ein weiteres Zukunftsthema die E-Mobilität“, so Gege. Doch nicht nur die Automobilbranche braucht MitarbeiterInnen, die sich mit ressourcenschonenden Technologien auskennen, sondern auch die Baubranche. „In den nächsten Jahren nimmt die Relevanz der Themen 'neues Bauen' und 'Smart Home' zu.“
Arbeitgebervielfalt: Vom öffentlichen Dienst über NGOs bis zur Industrie
Beschäftigungschancen sieht Gege zudem in den Ländern und Kommunen, zum Beispiel in der Stadtentwicklung und Verkehrsplanung. „Der Bedarf an Fachkräften geht bis hin zu den Nahrungsmittelherstellern. Auch diese Unternehmen müssen ihre Produkte zukunftsfähig machen, sie also gesünder und nachhaltiger herstellen.“
Grünen Jobs außerhalb des klassischen Umweltschutzsektors werden immer mehr, so Janser. Er verweist auf eine eigene Untersuchung. Sie zeigt, dass der Umweltschutz immer mehr Berufe prägt: „Hatten 2012 von rund 3700 Berufen 688 einen grünen Tätigkeitsanteil, stieg diese Zahl bis zum Jahr 2016: Zu der Zeit hatten von rund 3900 Berufen 785 grüne Tätigkeitsinhalte.“ Diese Berufe nahmen also in nur vier Jahren um 14,1 Prozent zu, während die Anzahl aller Berufe lediglich um 6,6 Prozent wuchs. „HochschulabsolventInnen mit Kenntnissen im Umweltbereich sind deshalb in den verschiedensten Unternehmen gefragte Fachkräfte. Das gilt für fast jede wissenschaftliche Disziplin … von der BWL über die Physik bis hin zu Jura“, erklärt Janser.
Auch in der Nachhaltigkeits- und Umweltkommunikation sieht Janser Jobmöglichkeiten. „Unternehmen haben zunehmend die Aufgabe, die verschiedenen Stakeholder wie Kunden, Mitarbeiter, aber auch die Gesellschaft insgesamt zu informieren. Dabei geht es nicht um Greenwashing, sondern darum, Umweltschutzmaßnahmen, die tatsächlich stattfinden, zu kommunizieren.“
Welche Voraussetzungen sollten BerufseinsteigerInnen mitbringen?
Der IAB-Experte ist sich sicher: Jemand, der sich für das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit interessiert und bereits während des Studiums Praxiserfahrung in den angestrebten Tätigkeitsfeldern sammelt, hat gute Berufsaussichten. „Natürlich braucht er auch Expertise“, so Janser. Diese könnten BerufseinsteigerInnen auf ganz unterschiedliche Weise erwerben. Ein spezieller Masterstudiengang ist genauso möglich wie eine Fortbildung. Praktika und Abschlussarbeiten in diesem Bereich bereiten ebenfalls auf eine solche Tätigkeit vor.
Die Autorin dieses Artikels Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine und eine wissenschaftliche Publikation. Sie ist zudem die Autorin mehrerer Ratgeber. So hat sie zum Beispiel „Die Sehnsuchtsstrategie für Studierende und Hochschulabsolventen“ geschrieben. Das Buch hilft, den Berufseinstieg passgenau vorzubereiten. Weitere Infos unter: anjaschreiber.de
Ostenrath bestätigt ebenfalls: „Um im Umweltschutz einen Arbeitsplatz zu finden, sollten BerufseinsteigerInnen schon theoretisches Wissen und praktische Erfahrung vorweisen.“ Neben Praktika können sie zum Beispiel an fachspezifischen Kongressen, Tagungen oder Messen teilnehmen und dort Kontakte zur Berufswelt knüpfen. Auch ehrenamtliches Engagement schafft die Möglichkeit, Networking zu betreiben und praktische Erfahrungen etwa im Projektmanagement zu machen. „Allein das Absolvieren eines Studiengangs überzeugt keinen Arbeitgeber, zumal es in der Branche keinen flächendeckenden Fachkräftemangel gibt.“ Gege rät Studenten und Studentinnen ebenfalls, sich bereits neben dem Studium zu qualifizieren. Dafür böten sich zum Beispiel Weiterbildungsangebote von NGOs an.
Quereinstieg möglich
„Auch ein Quereinstieg ist denkbar. Allerdings professionalisiert sich der Umweltschutzbereich immer mehr“, betont Janser. Formelle Qualifikationen würden deshalb vermehrt nachgefragt. Dennoch sei es durchaus möglich, sich im Rahmen eines bestehenden Jobs zu spezialisieren. Denn die rechtlichen Vorgaben im Umweltschutz steigen und die Betriebe müssten diesen nachkommen, wofür sie wiederum Personal benötigten. „Ein Beispiel dafür ist die seit 2017 bestehende Pflicht für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten, Nachhaltigkeitsberichte zu verfassen.“
Zusätzlich erwarten viele Arbeitgeber gute Englischkenntnisse. „Denn die deutsche Umweltwirtschaft exportiert ihre Produkte in alle Welt. Auch in vielen Ingenieurbüros wird Englisch gesprochen“, so Ostenrath. Schulenglisch reiche auf keinen Fall aus.
Wie kannst du deinen Berufseinstieg vorbereiten?
„In den grünen Branchen gibt es ganz unterschiedliche Aufgabenbereiche auch für AkademikerInnen. Aus diesem Grund sollten sich Studenten und Studentinnen, die in diesen Bereichen arbeiten wollen, im Vorfeld genau über mögliche Jobprofile informieren.“ Ostenrath empfiehlt dafür die Lektüre von Stellenanzeigen. Wer solche Ausschreibungen liest, erfährt, wie die konkreten Tätigkeiten aussehen und welche Qualifikationen Arbeitgeber wünschen.
Genauso wichtig wie die Informationsbeschaffung ist die Selbstreflexion: „Studierende sollten darüber nachdenken, was sie genau machen möchten“, betont Ostenrath. „Wollen sie zum Beispiel Kommunikator oder Tüftler sein?“ Erst wenn Du deine eigenen Vorlieben, Interessen und Fähigkeiten kennst, fällt es dir leichert, eine passende Stelle zu finden. Außerdem hast du so die Chance, dich im Vorfeld des Berufseinstiegs entsprechend zu qualifizieren. Und noch ein Tipp zum Schluss: "Viele Unternehmen im Bereich Umweltschutz schreiben nicht alle Stellen aus. Initiativbewerbungen lohnen sich also besonders.“
Hinweis zu den hier beworbenen Studienangeboten Studis Online bietet den Hochschulen die Möglichkeit, ihre Studienfächer gegen ein Entgelt mit ausführlicheren Informationen als den von uns recherchierten Basisinformationen vorzustellen.