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Chemie und Biochemie

Chemie/Biochemie -Arbeitslosigkeit vorprogrammiert

Erfahrungsbericht von chemikerlmu90, 15.04.2018

Studieninhalt

Chemie/Biochemie Bachelor
Biochemie Master
Siehe dazu einfach die Webseite

Betreuung und Lehre

Mittelmäßig; Die meisten Vorlesungen kann man sich sparen. Altklausuren reichen aus.

Ausstattung

Sehr gut. Bei der Ausstattung kann man sich nicht beklagen.

Organisation

Teilweise sehr gut durchorganisiert, bei Wahlfächern in Richtung Pharmazie weiß das STusek teilweise selbst nicht bescheid..

Berufsorientierung

Hallo ihr Lieben,
ich wollte euch nur mal so mitteilen wie es um den Stellenmarkt bei den Chemikern/Biochemikern bestellt ist und mache das auch nur, weil ich über diese Information im Bachelor froh gewesen wär und um euch vielleicht vor "Unheil" zu bewahren, wie es derzeit ich und einige Kommilitonen erleben. Ich selbst habe Chemie/Biochemie im Bachelor an der LMU in Großhadern studiert, dann noch den Biochemie Master draufgesetzt - alles in der Regelstudienzeit, 2 Forschungspraktika in den USA und Masterarbeit in den Niederlanden, Masterabschlussnote: 1,5
Für mich war klar, dass ich den Doktor nicht machen möchte, da ich in den Forschungs-Praktika und in der Masterarbeit gesehen habe unter welchen Bedingungen diese Leute arbeiten.. chronischer Geldmangel in der Forschungsgruppe (ok es kommt auf die Gruppe drauf an), viel Zeit wird nur mit dem Schreiben von Grants vergeudet und man steht meistens unter einem wahnsinnigen Arbeitsdruck. Ich habe noch nie einen Postdoc am Max Planck Institut in Martinsried getroffen, der auf 40 Wochenstunden Arbeitszeit kam. Viele arbeiten 50 bis 60.. und dort gibt es auch keine Stechuhr, die die Überstunden dokumentiert, damit man dann mal länger Urlaub hat. Bei meinem Betreuer (schon über 30 Jahre) für die Bachelorarbeit (Postdoc am Biozentrum) hat das Gehalt 1800 Euro netto Betragen, was ich persönlich als Schweinerei empfinde für das was die Leute leisten. Bei den Doktoranden fällt das Gehalt verständlicherweise noch geringer aus. Nicht einmal 1200 Euro Netto sind drin an der LMU. Damit lässt es sich in München nur "überleben", aber nicht leben. Für das was die Leute leisten werden sie meiner Ansicht nach nur ausgenutzt und ausgebeutet. Hinzu kommt, dass fast jeder in der Forschung nur befristete Arbeitsverträge bekommt. Sobald ein Projekt keine Forschungsgelder mehr bekommt, kann man seine Koffer packen. Das wars dann mit Familienplanung.
In den Niederlanden haben Doktoranden an meinem Institut 1800 Euro Netto verdient. Postdocs 2000. Dafür ist das Preisniveau auch höher und es gibt dort auch andere Spielregeln. Die Doktoranden haben 4 Jahre Zeit 4 Paper als Erstautor rauszuhauen. Wenn sie das nicht hinkriegen wars das mit dem Titel. Soweit ich weiß bestimmt der Prof in Deutschland wann man fertig ist, außerdem gibt es keinen Zwang so viele Paper zu veröffentlichen. Die meisten werden jetzt sagen- jaaaaaaaa, aber man verdient dann in der Industrie viel mehr. Das ist in der Tat so - wenn man denn eine Stelle bekommt. Ich habe über 120 Bewerbungen rausgehauen (Beraterfirmen, Pharma, Biotech, Pharmareferent..) . Nur 3 Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch hab ich erhalten. Die Stelle die ich nun habe ist in der Qualitätssicherung bei einem Getränkehersteller in der Lebensmittelindustrie. Und mal ganz unter uns: Den Job den ich dort habe könnte man locker als Azubi hinkriegen. Die anderen wären Pharmareferentenjobs gewesen.
Natürlich habe ich mich auch gewundert, ob ich einfach nur zu blöd bin Bewerbungen zu schreiben. Bei einem Besuch bei einem Personaler von einem Wirtschaftsberater hatte dieser jedoch herzlich wenig an meinem Lebenslauf und Anschreiben auszusetzen. Das Problem ist nur die Masse an Absolventen die der Industrie zur Verfügung steht. Wenn auf eine ausgeschriebene Stelle in der Qualitätssicherung bei einem Pharmaunternehmen über 100 Bewerbungen ankommen, kann man sich seine Chancen leicht ausrechnen. Von Freunden die ihren Doktor gerade fertig gemacht haben oder mit ihrem Master fertig geworden sind höre ich leider nur Ähnliches.
Als Masterstudent braucht man es bei Roche bei Stellen die in der Forschung angesiedelt sind gar nicht erst versuchen. Und selbst als PhD ist es fast unmöglich da rein zu kommen. Der Stellenmarkt ist auf dem Gebiet einfach katastrophal. Die Vorstellung, dass sich die Firmen einem vor die Füße werfen nur weil man nen Master oder Doktortitel hat sollte man sich ganz schnell aus dem Kopf schlagen.
Wer nur halbherzig an dem Studium interessiert ist und sich denkt, dass man danach einen interessanten Job mit guter Bezahlung sicher in der Tasche hat, dem möchte ich dringend abraten dieses Studium durchzuziehen, bzw. noch nen Chemie oder Biochemiemaster zu machen. Lieber den Master in nem anderen Fachgebiet machen.. Wer ein Vollblutwissenschaftler ist, für die Wissenschaft lebt, mit dem Gehalt zufrieden ist, nur mit befristeten Arbeitsverträgen klarkommt und gerne viel arbeitet, dem kann ich dieses Studium empfehlen.
Ich habe nun noch einen Wirtschaftsingenieurmaster (ohne Bachelor) draufgesetzt und innerhalb eines halben Jahres einen gut bezahlten und interessanten Job bei einer IT-Beratung bekommen. (Geregelte Arbeitszeiten; Überstundenvergütung; Unbefristeter Vertrag)
Chemiestudium-größter Fehler ever.

Über chemikerlmu90
Alter bei Studienbeginn:
18 bis 20 Jahre
Beginn des Studiums:
Schon länger her (2007)
Status:
Studium bereits 2012 abgeschlossen

Bitte immer daran denken: Erfahrungsberichte sind subjektive Schilderungen. Achtet auch auf das Datum – vielleicht hat sich in der Zwischenzeit schon etwas geändert.







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