AuslandsstudiumEin Praktikum in China
Von Philipp Stegemann, internchina.com
Für weitergehenden Informationen bzgl. Sprache, Impfungen, Lebenshaltungskosten und Freizeit siehe im Artikel Studieren in China.
Der schlafende Drache ist erwacht - und er ist hungrig
Ein Praktikum in China klingt nach Ferne und Abenteuer. Mit 1,4 Milliarden Menschen ist China mit Abstand das bevölkerungsreichste Land der Welt und erwirtschaftet Wachstumsraten, von denen man in westlicheren Ländern nur träumen kann. Das Reich der Mitte macht seinem Namen wieder Ehre und wird in den nächsten Jahren zum zentralen Punkt des Weltwirtschaftsgeschehens werden, aber schon jetzt ist China zum neuen Land der unbegrenzten Möglichkeiten geworden und mischt derzeit gehörig den internationalen Markt auf. Neben einem interessanten Eintrag im Lebenslauf und vielen wichtigen Erfahrungen und Erkenntnissen, sind dies sicherlich gute Gründe für ein Praktikum in China.
Mittlerweile gibt es einen spannenden Kontrast zwischen Tradition und Moderne, der dieses Land sehr facetten- und abwechslungsreich macht. Das Eintauchen in diese, von uns völlig unterschiedliche, Kultur erfordert eine Portion Mut und die Bereitschaft, altbewährtes hinter sich zu lassen. Wer sich im Vorfeld mit der Kultur auseinandersetzt und ein offener Mensch ist, wird die Zeit genießen können.
Vor allem wer eine internationale Karriere anstrebt, wird mit einem Praktikum in China inzwischen besser punkten können als mit einem Praktikum in den USA, Frankreich, oder einem anderen europäischen Nachbarland, da sich der Lebenslauf dadurch immer noch von "der Masse abhebt". Desweiteren sind fast alle international aufgestellten Firmen auf dem chinesischen Markt präsent, so dass eine erste Auseinandersetzung mit China einen sehr guten Eindruck machen wird.
Allgemeines zum Praktikum
Ein Praktikum in China ist in nationalen Unternehmen ein immer noch recht neues Konzept. So wissen bislang nicht alle Führungskräfte, wie ein Praktikum im Westen strukturiert ist. Als Praktikant in einem chinesische Unternehmen wird man oftmals keine präzise definierte Aufgabenstellung haben, im Gegenteil, es wird oftmals eine Aufgabe während des Praktikums sein herauszufinden, wie vage Zielvorgaben in präzise Ziele definiert werden und in einem zweiten Schritt, wie diese Ziele erreicht werden können.
Deshalb ist es von Vorteil, einen eigenen Laptop mitzubringen, um seinen eigenen Arbeitsrhythmus festzulegen. Zudem ist die chinesische Bedienung der Programme nicht ohne Tücken, da die Schriftzeichen selbst für Kenner nicht immer verständlich sind. So ein Praktikum hat sicherlich seinen eigenen Charme und ist der beste Weg, tiefgründig alles über die Unternehmenskultur, das viel beschworene "Guanxi" (persönliche Netzwerk) und generelle kulturelle Unterschiede in China herauszufinden.
Es ist in China zum Beispiel üblich, dass während der Mittagspause ein Mittagsschlaf gehalten wird. Auch sind optimierte Prozesse in China noch oft ein Fremdwort, nicht selten absolvieren 8 chinesische Mitarbeiter die Arbeit, die ein einziger deutscher Angestellter hat. Aufgrund der geringen Löhne können sich die Unternehmen das jedoch (noch) leisten. Die chinesischen Kollegen sind meist sehr freundlich, hilfsbereit und interessiert.
Wer eher dazu tendiert ein Praktikum in gewohnten Strukturen zu absolvieren, sollte internationale Unternehmen in Betracht ziehen, die Geschäftszweige, Fabriken oder Tochterunternehmen nach China ausgelagert haben. Hier hat man meist ein internationales Flair mit Englisch als Arbeitssprache.
Da es z.B. bei chinesischen Unternehmen sehr schwierig bis unmöglich sein wird, von Deutschland aus ein qualitativ hochwertiges Praktikum zu arrangieren, empfiehlt sich hier der Weg über eine vor Ort ansässige Vermittlungsagentur, um Enttäuschungen nach der Ankunft vorzubeugen und um bei Problemen einen erfahrenen Ansprechpartner zur Seite zu haben. Da es hier bei der Vermittlung große Preisunterschiede gibt, lohnt sich eine intensivere Recherche nach der günstigsten Agentur.
Sprache
Ein Praktikum in einem nationalen Unternehmen erfordert oft das einigermaßen sichere Beherrschen der chinesischen Sprache, manchmal spricht der Tutor aber auch Englisch. In internationalen Firmen sollte man aber ausschließlich mit Englisch gut zurecht kommen, aber hier empfiehlt es sich, zumindest einen "Survival Kurs" in der Muttersprache zu absolvieren, da man dann mit den chinesischen Arbeitskollegen einfacher Kontakte knüpfen kann.
Im Alltagsleben sind Kenntnisse der Sprache sehr hilfreich, denn noch ist die englische Sprache nicht sehr weit verbreitet und man wird z.B. kaum einen Taxifahrer treffen, der Englisch spricht. Es empfiehlt sich generell, z.B. Adressen in schriftlicher Form (Schriftzeichen) mit sich zu führen.
Zeitrahmen für ein Praktikum
Der kürzeste Zeitraum für ein Praktikum beträgt sechs Wochen. Die meisten Firmen akzeptieren keine Praktikanten für einen kürzeren Zeitraum, da diese zunächst eingearbeitet werden müssen. Falls man ein Praktikum für einen kürzeren Zeitraum absolvieren will (bspw. für einen Monat), kann man sich bewerben, die Ablehnungsquote ist aber hoch. Internationale Firmen verlangen meist einen längeren Zeitraum. Die maximale Aufenthaltsdauer beträgt auch aufgrund des Visums ein halbes Jahr.
Bewerbung
Die Bewerbung erfolgt aufgrund der Entfernung fast ausschließlich via Email. Nach Möglichkeit sollte im Vorfeld ein Ansprechpartner ermittelt werden um das Anschreiben zu personalisieren. Desweiteren kann dieser vorher wichtige Informationen geben, was mitgeschickt werden sollte und was nicht und wann man ungefähr mit einer Antwort rechnen kann.
Bei Firmen in China sollte unbedingt ein Anruf nach dem Absenden der Email getätigt werden, da viele Chinesen ihre Email nur sporadisch oder kaum lesen. Es ist üblich, dass viele (ältere) Chinesen generell nach dem Absenden einer Email beim Empfänger anrufen und auf die Nachricht hinweisen, da die Mail sonst nicht gelesen wird. Generell zeigt die Erfahrung, dass es in China weitaus schwieriger ist, den korrekten Ansprechpartner zu finden, diesen auch telefonisch (auf englisch) zu erreichen und sich dann auch noch entsprechend zu platzieren. Wenn man nicht gerade bei einem großen Unternehmen in Shanghai unterkommen will (aber auch dort sind Beziehungen sicherlich nicht von Nachteil), dann empfiehlt es sich das "Guangxi" der lokalen Agenturen in Anspruch zu nehmen.
Bezahlung
Viele Praktika in China sind unbezahlt oder werden nur gering entlohnt (zum Vergleich: der Durchschnittslohn eines chinesischen Angestellten mit Universitätsabschluss beträgt je nach Stadt ca. 200€ oder weniger). Jedoch wird häufig ein kostenloses Mittagessen, ein Transfer zur Arbeit oder Unterstützung bei der Wohnungssuche angeboten. Einige internationale Firmen bezahlen ein Praktikum auch oberhalb des Durchschnittslohnes und/oder bieten eine kostenlose Unterkunft an. Aufgrund des geringen Preisniveaus (zumindest in Städten außerhalb von Peking und Shanghai) wird eine geringe Bezahlung durch die niedrigen Lebenshaltungskosten sicherlich relativiert.
Arbeitszeiten
In China haben die meisten Geschäfte an sieben Tagen in der Woche geöffnet, in nationalen/internationalen Unternehmen ist das Wochenende meist frei und die Kernarbeitszeit erstreckt sich von 8 Uhr bis 17 Uhr. Jedoch gibt es auch Unternehmen, an denen Samstags gearbeitet wird. Desweiteren sind die Feiertage in China seltener und werden von allen gleichzeitig genommen, Überstunden werden in der Regel nicht abgefeiert.
Visum
Da ein Praktikum eine zeitlich begrenzte Arbeitsaufnahme darstellt, ist das "F"-Visum zu beantragen. Für dieses Visum ist ein offizielles Einladungsschreiben des Unternehmens, in dem das Praktikum erfolgt, notwendig. Ein Visaantrag kann hier heruntergeladen werden. Das "F"-Visum wird für maximal 180 Tage ausgestellt, kann jedoch (normalerweise) gegen eine Gebühr vor Ort verlängert werden. Für weitere Informationen siehe Studieren in China.
Geld und Telefon
In großen Kaufhäusern kann mit der Kreditkarte bezahlt werden (Visa, Mastercard, American Express), aber es ist noch nicht so weit verbreitet wie in Europa. Eine kostenlose Kreditkarte für Studenten mit weltweit kostenloser Geldabhebung gibt es z.B. bei der DKB. In China gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Banken, jedoch funktioniert bei nicht allen das Abheben von Bargeld. Pro Tag können maximal 2500 - 3000 RMB abgeholt werden.
Eine Sim-Karte mit chinesischer Nummer kann z.B. bei "China Mobile" erworben werden. Dies reduziert die Kosten für nationale Gespräche deutlich und mit der Vorwahl "12550" kann günstig in das deutsche Festnetz telefoniert werden.
Wohnen
Generell gibt es für Praktikanten die Möglichkeiten Hotel, Hostel, Apartment oder Gastfamilie (letzteres ist nur über bekannte Agenturen empfehlenswert). Der Aufenthalt in einer Gastfamilie sollte die günstigste Variante sein, wird aber nur bei wirklichem Interesse an der chinesischen Kultur empfohlen. Es ist eine einzigartige Möglichkeit, sich mit der chinesischen Kultur intensiv auseinanderzusetzen.
Um ein Apartment zu buchen, sollte man auf die Hilfe von chinesischen Bekannten vor Ort oder aber zumindest auf eine Agentur zurückgreifen. Bei Agenturen wird typischerweise eine Monatsmiete Kaution fällig (auf mehr sollte man sich nicht einlassen) und leider vermieten nur wenige Agenturen für einen Zeitraum unter einem halben Jahr.
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